Die Sünden der Gerechten - Rankin, I: Sünden der Gerechten - The Impossible Dead
Glasgower Postleitzahl. Eine Telefonnummer gab es auch. Fox blätterte eine weitere Seite auf und sah, dass alle von ihr bestandenen Prüfungen aufgelistet waren, ebenso wie die von den entsprechenden Lehrenden ausgestellten Zwischenzeugnisse. Zu Beginn hätte man deren Kommentare als »begeistert« bezeichnen können, doch dann war den Tutoren aufgefallen, dass Alice offenbar mehr Zeit » auf Demos als am Schreibtisch « verbrachte. Sie » engagiert sich aktiv in der Studentenpolitik, sehr zum Nachteil ihres Studiums « . Fox drehte das Blatt um, aber es war nur einseitig bedruckt.
» Nach dem zweiten Studienjahr kam nichts mehr? « , fragte er.
» Sie ist abgegangen. «
» Wurde sie rausgeschmissen? «
Die Sachbearbeiterin schüttelte den Kopf und zeigte ihm die relevante Passage. Alice hatte sich nicht mehr in St. Andrews blicken lassen. Man hatte Briefe an ihre Adresse in Anstruther geschickt und schließlich auch zu ihrer Familie nach Hause. Alle blieben unbeantwortet. Fox prüfte die entsprechenden Daten. Wie die Witwe gesagt hatte, hatte Alice nach dem Tod von Francis Vernal mit ihrer Universität nichts mehr zu tun haben wollen.
» Wir haben nie wieder von ihr gehört « , sagte die Sachbearbeiterin. Dann beugte sie sich Fox entgegen und senkte die Stimme: » Wurde sie ermordet? «
Fox starrte sie an und schüttelte den Kopf.
» Was denn dann? « Sie riss die Augen auf, konnte es kaum abwarten, weitere Details zu erfahren. Ihr Kollege hatte inzwischen aufgehört zu tippen und spitzte die Ohren.
Fox behielt seine Informationen für sich und wedelte mit den Blättern. » Die nehme ich mit « , kündigte er an. » In Ordnung? «
» Die Originale müssen hierbleiben « , sagte sie, wobei es ihr nicht gelang, ihre Enttäuschung zu verbergen. » Ich mache Ihnen Kopien. «
» Wird das lange dauern? «
» Ein paar Minuten. «
Fox nickte zufrieden, bis er merkte, dass sie die Hand aufhielt.
» Das macht dreißig Pence pro Seite « , teilte sie ihm mit. » Es sei denn, Sie haben einen Studentenausweis. «
Es war eine Wohnung mit Hafenblick. Vor dem Fish-and-Chips-Laden drängten sich so viele Ausflügler, dass die Schlange bis auf die Straße reichte. Die Frau, die jetzt in der Wohnung lebte, war Künstlerin. Sie machte Fox einen Kräutertee, hatte sonst aber wenig zu bieten. Sie hatte die Wohnung vom Vorbesitzer gekauft, der in hohem Alter gestorben war.
Ja, irgendwann war es mal eine Mietwohnung gewesen, aber mehr wusste sie darüber nicht. Manchmal traf Post für Leute ein, von denen sie nie etwas gehört hatte, aber die warf sie einfach in den Müll. Der Name Alice Watts sagte ihr nichts, und keiner der ehemaligen Bewohner war je auf einen Besuch vorbeigekommen. Fox tat, als würde er ihre Werke bewundern – die Wände hingen voller farbenfroher Gemälde von Fischerbooten, Häfen und Küstenabschnitten –, und verabschiedete sich, allerdings erst nachdem sie ihm eine Visitenkarte zugesteckt und ihm mitgeteilt hatte, dass sie auch Auftragsarbeiten übernahm.
» Ich werd’s mir merken « , sagte er und suchte das Weite.
Er überlegte, ob er nach Glasgow fahren sollte – die Fahrt würde vielleicht neunzig Minuten dauern –, stattdessen erledigte er aber ein paar Anrufe im Wagen. Endlich rief ihn jemand von der Polizeistation in Govan zurück. Der Beamte war selbst zu der Adresse rausgefahren.
» Da ist ein Bürogebäude « , teilte er Fox mit.
» Büros? « Fox legte die Stirn in Falten und starrte auf Alice Watts’ Uni-Unterlagen. » Wie lange gibt’s das Gebäude schon? «
» Bis 1982 war’s ein Lagerhaus. Wurde 83 saniert. « 1983 : das Jahr, in dem Watts nach St. Andrews kam.
» Ich muss die falsche Adresse haben.
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