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Die Suenden der Vergangenheit

Die Suenden der Vergangenheit

Titel: Die Suenden der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
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Morrigan, die schließlich Empfängerin dieser Briefe war) sorgfältig zwischen einzelne Seiten des ledergebundenen Buches gelegt hatte, bestätigten es. Ebenso die Verfehlungen ihrer Tante, vor der sich Gloria immer mehr fürchtete und nicht glauben konnte, so sehr von ihr hintergangen worden zu sein. Mathilda wollte, dass sie starb. Es war alles geplant. Von einem Tag auf den anderen hatte sich Glorias Leben vollkommen auf den Kopf gestellt. Verändert konnte sie es noch nicht nennen. Sie war immer noch krank. Es war lediglich ein Strom von Erkenntnissen auf sie eingeflossen, der sie nun zu ertränken drohte, wenn sie weiterhin dagegen ankämpfte.
    Aber bisher hatte sie keine endgültige Entscheidung getroffen.
    Gloria drehte sich auf die Seite, legte das Album neben sich auf die Matratze ihres französischen Bettes und konnte nicht verhindern, das ihr ganzer Körper vor unterdrückten Schluchzern zitterte. Es war ein Wunder, dass sie überhaupt noch weinen konnte. Genauso wenig wie sie gegessen hatte, hatte sie getrunken. Aber Tränen konnten wohl immer fließen. Genauso wie Blut.
    Ihre Mutter hatte die Briefe selbst verfasst. Es war ihre Schrift auf dem Papier. Sauber und ordentlich. Ganz anders als Gloria schrieb, die sich niemals Zeit dabei ließ und deren Buchstaben immer irgendwie auf der Flucht nach irgendwohin zu sein schienen. Ihre Mutter dagegen schrieb so fein und gerade, als hätte sie ein Stück liniertes Papier unter den Briefbogen gelegt. Und ihre Wortwahl. Kein einziges erschien Gloria verschwendet, sondern wohlüberlegt benutzt. Zuerst waren sie respektvoll distanziert und dankbar gegenüber der Frau, die ein gutes Wort für ihren Verlobten eingelegt und ihm somit trotz des schwesterlichen Verrats eine gehobene Stellung unter den Immaculates verschaffte. Später wandelten sich die Briefe in eine Form der Zuneigung, die darauf schließen ließ, dass die beiden Frauen, die äußerlich nicht unterschiedlicher hätten sein können, gut miteinander befreundet gewesen waren.
    Morrigan war die Größere von beiden und dunkelhaarig, ihre Mutter einen halben Kopf kleiner und blond. Sie hieß Deirdre. Von ihr hatte Gloria die blauen Augen, während ihr Vater wohl sein Lächeln und die dunklen Haare an sie weitervererbt hatte. Gloria wünschte sich so sehr, sie noch einmal lebendig sehen zu können, von ihnen getröstet und ermutigt zu werden, wie Eltern das für gewöhnlich mit ihren Kindern taten. Doch niemand, nicht einmal Immaculates, würde für sie die Zeit zurückdrehen und den tragischen Tod ungeschehen machen können.

    Liebste Morrigan,
    es wird ein Mädchen. Das ist keine Überraschung mehr für dich, ich weiß. Flavia hat es von Anfang an gesagt. Lass mich dir trotzdem versichern, wie glücklich Lawrence und ich darüber sind. Wir werden sie Gloria nennen. Die Bedeutung dieses Namens muss ich dir, verehrte Freundin, nicht weiter erläutern.
    ...
Ich bin sicher, dieses Kind wird Lawrence das zurückgeben, was Mathilda so bereitwillig zerstört und genommen hat. Eines Tages wird sie Patrona von Scientia werden. Eine richtige Devena. Das macht mich stolz und nach Wochen des Bangens und nicht für Möglichhaltens, dass ich über die ersten Monate hinauskommen werde, leicht im Herzen. Ich traue mich wieder zu atmen und bald wird es mir wieder möglich sein, dich zu besuchen.
    ...
Deirdre

    Ihre Eltern hatten versucht, das Haus zurückzubekommen, um ihrer ungeborenen Tochter eine Zukunft zu bieten, die offenbar der von Romana und Catalina ähnelte. Gloria konnte kaum fassen, dass auch sie so etwas wie einen Titel tragen könnte, wenn ihre Tante nicht alles zerstört hätte. Aus einem Grund, den man in keiner Silbe erfuhr. Dabei ging es Gloria nicht wirklich darum, das Sagen zu haben. Vielmehr um den Schutz und die Privilegien, die so ein Haus offenbar bot und die ihren Eltern einfach genommen worden waren, ohne es verhindern zu können. Der Anfang der Schwangerschaft war nicht leicht gewesen und Lawrence stand ohne Mathildas Rückhalt und Unterstützung vollkommen allein da. Er hatte sich alles neu aufbauen müssen. Es war Gloria ein Trost zu lesen, dass ihre Eltern in ihren Freunden eine wichtige Unterstützung gefunden und immer noch Anerkennung und Rückhalt in der Gemeinschaft bekommen hatten. Zwischendrin warf ihre Tante allerdings immer wieder düstere Schatten auf den Verlauf der Geschichte.

    Morrigan,
    Mathildas Besuch brachte keine guten Nachrichten mit sich. Offenbar ist es kein Leichtes, das

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