Die Suenden der Vergangenheit
verschwand, weil sie damit nicht besser als Marga handelte, die sich Malakai immer wieder hingegeben hatte, ohne ihm ihr Herz zu öffnen. Romys Magen drehte sich bei diesem Vergleich beinahe um.
„Sie hat ihn schrecklich behandelt. Malakai… Ich konnte mich nicht mehr daran erinnern, dass er oft an meinem Bett saß, um mir eine Geschichte zu erzählen, bis ich eingeschlafen war. Der Ausdruck in seinen Augen, als sie ihn beschimpft und fort gestoßen hat, ist einfach… unerträglich!“, erzählte Romy mit erstickter Stimme und streckte dann die freie Hand aus, um das Wasser abzustellen, weil die Wärme in dem Raum langsam drückend wurde. Sie hatte vergessen, die Lüftung einzuschalten.
„Ich bin ihm ähnlich… Aber wohl nur äußerlich. Ich fürchte, ich habe einen schlechten Teil von Marga mit in die Wiege gelegt bekommen.“
Romys Miene wurde kalt und abweisend, weil sie für ihre eigene Mutter kein Verständnis aufbringen konnte. Es hatte nur noch gefehlt, dass Malakai sie auf Knien anflehte. Seine Gefühle waren aufrichtig gewesen. Wäre sie nur wie er! Romy löste sich von Rys und erhob sich vom Boden, wobei ihre Knie beinahe unter ihr nachgegeben hätten, sie stützte sich jedoch rechtzeitig an der Wand ab.
Und Bekky war tatsächlich Schuld.
Rys konnte gerade noch an sich halten, nicht wieder dieses unbändige Knurren auszustoßen, das an den zähnefletschenden Laut eines wilden Tieres auf der Jagd erinnerte. Alles Negative, das Bekky ausstrahlte, bezog Romy sofort auf sich. Er konnte zwar verstehen, warum sie Bekky wieder und wieder verteidigte, aber manchmal – ganz besonders jetzt, nass unter der Dusche wie zwei Ritter von der traurigen Gestalt – ging ihm das vollkommen ab.
Er wollte etwas sagen, doch eine Welle neuer Gefühle, die von ihr ausging und nicht mehr nur diese Traurigkeit enthielt, brachten ihn zum Schweigen. Einer dieser besonderen Momente, die keiner Worte bedurften, von Romy allerdings für besonders nötig gehalten wurde.
Merkte sie denn nicht, was in ihm vorging? Wollte sie nicht lesen, was ihn bewegte? Sie musste doch dasselbe spüren. Warum verglich sie sich ausgerechnet jetzt mit ihrer Mutter?
Chryses brannte darauf zu erfahren, was genau sie gesehen hatte. Jedes noch so kleine Detail. Wenn sie es für sich behielt, machte sie sich krank damit. Es musste raus. Sonst ging sie daran zugrunde. Die Erinnerungen wüteten in ihr wie ein schwarzer, stachelbewehrter Lindwurm, der alles vergiften würde bis nichts Positives mehr in ihr übrig blieb.
Malakais Geschichte mit Marga kannte er. Sie war vor zwanzig Jahren allgegenwärtig und Dauerprogramm gewesen. Romy offenbarte ihm nichts Neues und er hütete sich ebenfalls davor, über ihre Mutter negative Dinge zu äußern, die er schließlich auch nicht über ihre Schwester sagte, die viel mehr Ähnlichkeit mit der Verstorbenen aufwies, als Romy sich jemals aneignen könnte. Der schlechte Teil, von dem sie sprach, war schlichtweg nicht existent.
„Anziehen… Ich sollte mich anziehen… Und du auch…“ Romy sah ihn an, als würde sie ihn zum ersten Mal richtig wahrnehmen.
„Du hast Recht, es ist eine schreckliche Nacht! Und sie hat gerade erst begonnen!“ Romy sprach mehr mit sich selbst als mit Rys. Gefangen in dem Aufruhr in ihrem Inneren.
Ihre kalte Miene beim Abschalten des Wassers schmerzte Rys. Sie versteckte sich wieder. Er bekam weder eine Gelegenheit seine Sichtweise der Dinge human zu schildern, noch sonst irgendetwas zu tun. Dieser störrische Ausdruck überkam sie immer nur dann, wenn das Thema, mit dem sie nicht gut umgehen konnte, für sie gegessen war oder zumindest nicht mehr für eine Diskussion zur Verfügung stand. Wie dumm von ihm, anzunehmen, dieses Mal wäre so wie alle anderen. Und noch dümmer, ihr nicht sofort zu widersprechen. Sie war Malakai eben nicht nur äußerlich ähnlich.
Anziehen, ja. Das mussten sie wohl. Über kurz oder lang würden sie frieren, nachdem das Wasser abgeschaltet war. Den Tod holen konnten sie sich zwar so nicht und auch keine Erkältung, aber Frieren war auch für einen Immaculate nicht besonders angenehm. Besonders dann nicht, wenn die Kälte nicht nur von außen kam.
Schneller als er ihr behilflich sein konnte, war Romy aus der Dusche in den Umkleidebereich geschossen.
Romy ließ das durchweichte Handtuch in der Umkleide auf den Boden fallen, um sich in ein frisches zu hüllen. Die Nässe fühlte sich mit einem Mal unangenehm auf ihrer Haut an, die sich mit einer
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