Die Sünden des Highlanders
Tormand. »Wie einen Lachs in einem geschickt geworfenen Netz. Aber erst muss ich dafür sorgen, dass sie wieder gesund wird und zu Kräften kommt.«
»Und dann?«
»Dann hoffe ich inständig, dass sie nicht beschließt, den Fisch wieder ins Wasser zu werfen und zu gehen.«
18
Der Schmerz war das Erste, was Morainn wahrnahm, als sie sich mühsam aus den Armen des Schlafes befreite, die sie fest umschlungen hatten. Langsam schlug sie die Augen auf und sah sich um. Als sie merkte, dass sie in Tormands Schlafgemach lag, fiel ihr alles wieder ein, und die Angst übermannte sie. Am liebsten hätte sie geweint wie ein Kind, das sich verlaufen hat.
»Morainn?«
Tormand erhob sich von dem Stuhl neben dem Bett und trat näher. Sie umklammerte die Decke so fest, dass er fürchtete, sie würde unter Morainns Griff zerreißen. Sanft nahm er ihre Hand und fuhr vorsichtig mit dem Daumen über ihre weißen Knöchel. Vier Tage lang hatte er an ihrem Bett gewacht, sich um sie gekümmert und darauf gewartet, dass sie zu ihm zurückkam. Gottlob hatte sie nur einen kurzen und milden Fieberanfall erlitten. Dass sie jetzt von Angst gepeinigt aufwachte, tat ihm in der Seele weh.
»Du bist in Sicherheit, Morainn«, versuchte er, sie zu beruhigen, und setzte sich auf die Bettkante. »Small ist tot, und heute Morgen wurde Ada MacLean aufgeknüpft.«
Sie atmete tief ein und langsam wieder aus, wobei sie versuchte, die Angst zusammen mit der Luft aus ihrem Körper entweichen zu lassen. Sobald ihr das gelungen war, merkte sie, dass auch ihre Schmerzen nicht mehr so schlimm waren. Ihre Wunden heilten also bereits.
»Wie lange?«, krächzte sie und zuckte zusammen, denn ihre Kehle war so trocken, dass das Reden schmerzte.
»Vier Tage«, erwiderte er und beeilte sich, ihr ein wenig Apfelmost mit Honig gegen die Halsschmerzen zu reichen.
Während er ihr beim Trinken half, musterte er sie genau. Gleich nach ihrer Ankunft hatte er sie in sein Bett gelegt und ihr die blutigen Kleider abgestreift. Der erste Blick auf ihren zerschundenen Körper hätte ihn fast in die Knie gezwungen. Er fürchtete, dass er diesen Anblick nie würde vergessen können. Aber nachdem er sich vergewissert hatte, dass sich ihre Wunden nicht entzündet hatten und sie insgesamt schon viel stabiler wirkte, verlor der erste Eindruck seinen Schrecken.
»Nora will heute Vormittag mit ihrer Mutter vorbeikommen und dir beim Waschen helfen, vielleicht auch die Haare waschen, wenn du willst.« Er nahm ihr den leeren Becher ab und umfasste wieder ihre Hand in der Hoffnung, sie würde den festen Griff erwidern, damit er einen Beweis für ihre fortschreitende Genesung hätte.
»Das will ich sehr gern«, sagte sie. »Ich muss alles abwaschen. Hat Ada denn ein Geständnis abgelegt?«
»Sehr laut und sehr umfassend. Sie hatte sogar eine Sammlung kleiner Schleifen, aus Haaren gebunden, die bestimmt von ihren Opfern stammten. Small war ihr Geliebter und Bediensteter.« Er schüttelte den Kopf. »Es ist kaum zu glauben, dass so eine kleine, schlichte Frau so etwas getan hat. Sie war so …« Er zögerte, weil ihm das richtige Wort nicht einfallen wollte.
»Gewöhnlich. Sehr, sehr gewöhnlich«, meinte Morainn. »Sie hatte nichts an sich, was man länger in Erinnerung behalten würde.«
Er nickte. »Vermutlich wird man sich jetzt an sie erinnern, und sei es nur wegen all der boshaften Verwünschungen, mit denen sie die Menge überhäufte, die zu ihrer Verurteilung zusammengeströmt war.«
»Man wird sich daran erinnern, wer sie war und was sie getan hat. Aber ich glaube nicht, dass man sich in einer Woche noch daran erinnern wird, wie sie ausgesehen hat. Ich glaube, die Tatsache, dass sie immer übersehen, immer vergessen und ignoriert wurde, hat die Verrücktheit nur verstärkt, mit der sie schon auf die Welt gekommen ist.« Nachdem beide eine Weile stumm darüber sinniert hatten, fragte sie: »Geht es Walin gut?«
»Aye, recht gut. Ich vermute, er wird sich bald hereinschleichen, um nach dir zu sehen. Das hat er ziemlich häufig getan, während du geschlafen hast. Simon hat eingesehen, dass es ein Fehler war, nicht auf den Jungen zu hören, als er meinte, es handle sich um eine Falle. Offenbar hat Walin mitbekommen, dass Ide damit prahlte, dich bald los zu sein. Wenn wir das gewusst hätten, hätten wir dich wahrscheinlich nicht allein gelassen, als wir zu dem alten Geordie ritten.«
»Walin hört und sieht vieles, was wichtig ist.«
Er nickte, dann atmete er tief durch und
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