Die Sünden des Highlanders
sagte: »Walin hat mir gesagt, dass Ada behauptete, er sei mein Sohn.«
Morainn zuckte zusammen. Um Walin nicht hergeben zu müssen, hatte sie in einem Anflug von Selbstsucht überlegt, ob sie das nicht für sich behalten sollte. »Hat Ada nicht darüber gesprochen, als sie ihr Geständnis ablegte?«
»Doch, das schon, aber sie klang so verrückt, dass ich nicht wusste, was ich davon glauben sollte. Allerdings könnte es durchaus möglich sein. Eine Margaret Macauley war vor sieben Jahren meine Geliebte, und später erfuhr ich, dass sie ins Kloster geschickt worden und dort gestorben war. Doch dass sie dort ein Kind bekommen hatte, hat mir keiner gesagt. Aber Walin hat tatsächlich Züge an sich, die mich an meine Familie erinnern.«
»Ja, das stimmt.« Morainn berichtete ihm alles, was Ada ihr im Wohnturm erzählt hatte.
Tormand fuhr sich fluchend durchs Haar. »Sie hat also schon seit langem Leute umgebracht.«
»Jawohl. Wahrscheinlich werden wir nie erfahren, wie viele sie auf dem Gewissen hat. Anfangs war sie stets sehr darauf bedacht, die Spuren ihres Tuns sorgfältig zu verwischen, damit es so aussah, als seien ihre Opfer eines natürlichen Todes gestorben.«
»Aber jetzt sollten wir uns nicht mehr über diese Verrückte unterhalten, sondern lieber über Walin.« Tormand stand auf. »Doch im Moment haben wir wohl keine Zeit dafür, denn ich glaube, Nora und ihre Mutter sind da. Abgesehen davon sollten wir unser Gespräch vielleicht erst fortsetzen, wenn du dich wieder etwas kräftiger fühlst.«
Kaum hatte er zu reden aufgehört, als Nora und ihre Mutter hereinkamen. Morainn war froh über diesen Aufschub. Sie fürchtete, Tormand würde ihr erklären, dass er ihr Walin wegnehmen würde. Deshalb ging er wohl auch davon aus, dass sie erst noch zu Kräften kommen müsse, um mit ihm zu streiten und darauf zu beharren, dass Walin zumindest einen Teil seines Lebens bei ihr verbringen dürfte.
Als Nora und ihre Mutter sie gewaschen hatten, das Bettzeug und das Nachthemd gewechselt waren und auch ihr Haar frisch gewaschen und geflochten war, fühlte sich Morainn so schwach, dass sie nicht einmal ihr Kopfkissen aufschütteln konnte. Die beiden gingen hinaus, um ihr etwas zu essen und zu trinken zu besorgen. Währenddessen lag Morainn nur da, sie war sogar zu matt, um nachzudenken. Als Nora mit Käse, Brot, Obst und etwas, was wie eine würzige Brühe roch, zurückkehrte, kostete es sie Mühe, wieder richtig wach zu werden.
»Ist deine Mutter schon gegangen?«, fragte sie Nora, als ihre Freundin ihr beim Aufsitzen half und begann, ihr die reichhaltige Brühe mit einem Löffel einzuflößen.
»Nein, sie ist in der Küche und macht den Männern etwas zu essen. Sie will Sir Tormand dazu bringen, ihre Cousinen Mary und Agnes einzustellen, um sein Haus sauber zu halten und für ihn zu kochen. Mary und Agnes haben ihr kleines Häuschen verloren und leben mittlerweile bei ihren Söhnen. Sie würden sich freuen, ein Zimmer für sich zu haben und ein bisschen Geld zu verdienen. Auch wenn sie ihre Söhne lieben, fällt es ihnen doch schwer, mit ihnen und ihren wachsenden Familien unter einem Dach zu leben.«
»Ich glaube, Tormand ist ein guter Dienstherr, egal, was Magda behauptet«, sagte Morainn.
»Aye, das glaubt meine Mutter auch.« Nora reichte Morainn einen Kanten Brot, den sie in Honig getunkt hatte. »Ich habe geweint, als ich sah, was diese Ungeheuer dir angetan haben.«
»Ich habe es überlebt, Nora. Viele hatten nicht so viel Glück wie ich.«
»Das habe ich mir auch gesagt, und es hat mir geholfen. Das und dass die Wunden gut heilen und wohl nicht allzu viele Narben zurückbleiben werden.«
Morainn hatte gerade von dem Brot abbeißen wollen, doch sie hielt bestürzt inne. An die Narben hatte sie noch gar nicht gedacht! War sie womöglich zeit ihres Lebens verunstaltet? Doch gleich darauf schüttelte sie den Kopf und aß weiter. Eitelkeit war ein gefährliches Laster. Sie hatte sich nie für eitel gehalten, aber offenbar war sie es doch, wenn auch nur ein klein wenig. Wann immer sich die Eitelkeit melden würde, wollte sie sich ab sofort vorsagen: ›Ich bin am Leben‹. Die Sorge, wie Tormand ihre Narben empfinden würde, verbannte sie rigoros aus ihrem Kopf. Wenn der Mann nicht ein paar Wundmale auf dem Körper seiner Geliebten ertragen konnte, dann sollte sie froh sein, wenn sie ihn los war.
Was sie wahrscheinlich ohnehin bald sein würde, schoss ihr gleich darauf durch den Kopf. Sie verkniff sich die
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