Die Sünden des Highlanders
können«, bat Sir Simon. »Je eher wir tun, was getan werden muss, desto eher könnt Ihr Euch um Isabellas sterbliche Überreste kümmern. Ihr wollt sie doch bestimmt noch säubern und für die Bestattung herrichten.«
»Ich weiß nicht recht, ob sie gesäubert werden kann«, entgegnete Sir William mit brüchiger Stimme. »Sie wurde abgeschlachtet, Sir Simon. In Stücke zerhackt. Ist Lady Clara wirklich dasselbe widerfahren?«
Ein Blick in Sir Simons Gesicht sagte Morainn, dass es ihm nicht behagte, wie rasch die Kunde über diese Morde die Runde machte. Dass Frauen von Stand ermordet wurden, erregte natürlich Wut und Angst. Dass sie verstümmelt wurden, machte die Sache noch schlimmer, denn die Ängste wurden dadurch nur noch mehr geschürt. Wenn Sir William das dachte, was andere dachten oder bald denken würden, dann schwebte Sir Tormand Murray in größter Gefahr. Je länger es dauerte, den Mörder zu finden, desto argwöhnischer würden die Leute werden, desto häufiger würden sie sich versammeln und gegenseitig in ihrer Wut und ihren Ängsten bestärken. Morainn wusste nur allzu gut, wie gefährlich so etwas werden konnte.
Als die Männer ins Haus gingen, kämpfte Morainn mit sich, ob sie bleiben oder gehen sollte. Bislang war das Glück auf ihrer Seite gewesen, und niemand in der Menge hatte sie bemerkt. Doch wenn das geschah, konnte sich schnell Ärger zusammenbrauen. Eine Hexe sollte nicht in der Nähe eines Ortes entdeckt werden, wo eine Frau ein grauenvolles Ende gefunden hatte. Dennoch verharrte sie weiter, zum Teil aus einer morbiden Neugier heraus. Sie wollte noch genauer wissen, was die Männer gemeint hatten, als sie sagten, Lady Isabella sei abgeschlachtet worden. Also wartete sie seufzend auf die Rückkehr der beiden Männer, nahm sich jedoch vor, beim ersten Zeichen, dass jemand sie gesehen oder erkannt hatte, davonzuschleichen.
Als Tormand sah, was von der einst so schönen Isabella Redmond übrig geblieben war, hätte er am liebsten sofort kehrtgemacht. Ihr dichtes rabenschwarzes Haar war abgeschnitten worden und lag nun am Boden um ihre Leiche verstreut. Allerdings hegte Tormand die Vermutung, dass es nicht in diesem Zimmer abgeschnitten worden war, und wenn, dann wahrscheinlich erst nach ihrem Tod. Jedenfalls wies einiges darauf hin, dass die Szene sorgfältig arrangiert worden war. Wie bei Clara war auch Isabellas Gesicht zerstört worden. Die großen, grünen Augen, mit denen Isabella die Männer so geschickt in Versuchung hatte führen können, lagen in einer kleinen Schale auf dem Nachttisch. Ihre weichen, üppigen Brüste waren völlig zerfetzt worden. Die Leiche wies zahllose grässliche Wunden auf. Tormand fragte sich, wie viel die arme Frau hatte erdulden müssen, bevor der Tod sie von ihren Schmerzen erlöst hatte.
»Das ist ja noch schlimmer«, murmelte Simon. »Viel schlimmer. Entweder hat der Mörder Isabella noch mehr gehasst als Clara, oder er ist wütend, dass du ihm das letzte Mal entwischt bist und noch nicht am Galgen baumelst.«
»Ich bete nur, dass ihr nicht so viel angetan wurde, weil sie so lange brauchte, um zu sterben«, sagte Tormand. Simon hatte mittlerweile begonnen, den Raum nach Spuren des Mörders abzusuchen.
»Sie war schwanger.«
»Oh, mein Gott! Nein!«
»Ich fürchte doch, und ich kann nur hoffen, dass Sir William nichts davon gewusst hat und die Frauen, die ihre Leiche herrichten, es nicht bemerken und ihm sagen. Ich glaube, wenn er es erführe, würde er vor Leid und Trauer völlig außer sich geraten.«
»Und er wird alles auf mich schieben. Ich frage lieber nicht, woher du weißt, dass sie schwanger war.«
»Ja, das ist auch besser so. Du bist ohnehin schon ganz grün.«
»Glaubst du, der Mörder wusste es, und das hat seinen Wahn noch gesteigert?«
»Möglicherweise.« Simon blickte stirnrunzelnd auf den Boden vor dem Fenster. »Sie haben sie durchs Fenster hereingeschafft.«
Tormand trat zu Simon und sah nach draußen. An der Hauswand war aus Fässern und Brettern eine Art Treppe errichtet worden. Eine Blutspur führte vom Fenster bis zum Boden.
»Also suchen wir jetzt einen starken, wendigen Mann.«
»Stark mit Sicherheit, aber wendig nicht unbedingt. Er brauchte nur ein Quäntchen Glück.«
»Sollen wir wieder den Hund holen?«
»Später«, erwiderte Simon. »Sobald Sir William so beschäftigt ist, dass er nichts davon mitbekommt.«
»Hast du Angst, dass er sich unserer Jagd anschließen will?«
»Er und die meisten der anderen
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