Die Sünden des Highlanders
Mutter«, meinte Morainn tonlos.
Simon stieß leise Verwünschungen aus. »Sie wollen dich, weil sie denken, dass du ihm hilfst – entweder bei den Morden oder dabei, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen.«
»Natürlich«, fauchte sie. »Was spielt es schon für eine Rolle, dass ich ihn erst nach dem zweiten Mord kennengelernt habe?«
»Dahinter steckt bestimmt Magda.«
»Na ja, sehr hilfreich war sie nicht, aber ich bezweifle, dass sie diejenige ist, die diese Menge aufwiegelt. Doch jetzt solltet ihr rasch ein paar Sachen packen für einen kurzen Aufenthalt in dem Versteck, zu dem ich euch gleich führen werde.« Als er Tormands versteinerte, sture Miene sah, wusste er, dass ein Streit auf ihn zukam. Doch dafür hatten sie jetzt wahrhaftig keine Zeit. »Auch Sir John hat gemeint, dass du wegmusst – du und Morainn. Katherine hatte ihn vor der Stimmung der Leute gewarnt, und sie glaubte, dass jemand die Stimmung vergiftet.«
»Die Mörder?«, fragte Morainn.
»Möglicherweise, aber es könnte auch irgendein anderer sein, der es versteht, Dummköpfe aufzuwiegeln. Ich …«
Was Simon noch sagen wollte, blieb ungesagt, denn in dem Moment flog ein Stein genau durch das Fenster, an dem sie standen. Tormand schirmte Morainn mit seinem Körper ab. Er zuckte zusammen, als sich Glassplitter durch sein Hemd in seine Haut bohrten. Ein rascher Blick durch das Loch, das der Stein verursacht hatte, zeigte ihm, dass bald weitere Steine fliegen würden und die Menge kurz davorstand, in sein Haus zu stürmen.
»Geh!« Er schob Morainn zur Tür. »Pack ein paar Sachen, und dann hauen wir ab.«
»Walin …«, fing sie an, während sie zur Tür stolperte.
»… ist bei meinen Verwandten, Simon und Walter in Sicherheit. Beeil dich!«
Sobald sie den Raum verlassen hatte, sah Tormand Simon fragend an. »Kannst du uns wegbringen?«
»Aye. Ich glaube, ich höre deine Verwandtschaft kommen. Pack nur das Nötigste ein, dann bringe ich euch zu dem Versteck, das ich ausfindig gemacht habe. Während wir fliehen, werden sich deine Brüder vor die Leute stellen und versuchen, sie in ihre Häuser zurückzutreiben.«
Lauthals fluchend eilte Tormand in sein Schlafgemach und stopfte ein paar Sachen in einen Beutel. Er gürtete sein Schwert und steckte so viele Messer wie möglich in seinen Gürtel. Obwohl er der Menge zu gern die Stirn geboten hätte, wusste er, dass ihn vor allem sein Stolz dazu trieb. Gegen eine Horde von Leuten, die ihn unbedingt tot sehen wollten, konnte ein Mann wenig ausrichten. Selbst vier bewaffnete Murrays würden die Meute nicht lange aufhalten können. Außerdem musste er an Morainn denken. Auch sie war hier nicht mehr sicher.
Vor dem Hintereingang warteten bereits drei gesattelte und mit Packtaschen ausgerüstete Pferde. Während sie aus dem Haus schlüpften, hörte Tormand, wie seine Verwandten die Menge anbrüllten. Er hoffte inständig, dass bei dem Unterfangen, ihre Flucht zu decken, keiner verletzt würde. Simon sah aus, als hätte er sich am liebsten mit dem Schwert in der Hand zu den anderen gesellt, doch er führte Morainn und Tormand stumm durch die dunklen Straßen weg von der Gefahr.
Auf einer langen, kurvenreichen Route brachte er sie durch den Ort und hinaus nach Westen. Tormand ließ Morainn nicht aus den Augen, und nicht nur, weil sie keine erfahrene Reiterin war. Eine aufgebrachte Menge konnte wirklich beängstigend sein, besonders für den, hinter dem die Meute her war, doch Morainn wirkte noch immer völlig aufgewühlt, obwohl sie die Horde schon weit hinter sich gelassen hatten. Plötzlich fiel ihm ein, dass sie in seinem Schlafgemach etwas von ihrer Mutter geflüstert hatte. Er zuckte zusammen. Eine wütende Meute hatte sie zu einem Waisenkind und einer Ausgestoßenen gemacht. Er wollte lieber gar nicht erst an die düsteren Bilder denken, die jetzt bestimmt in ihrem Kopf kreisten.
Gerade wollte er Simon fragen, wie weit es noch sei, da kam ein verfallener Wohnturm in Sicht. Als sie näher kamen, verzog Tormand das Gesicht, denn es sah nicht so aus, als würde diese Ruine viel Schutz vor der Witterung bieten. Er hatte zwar schon öfter in schlichten Behausungen gewohnt, aber nie gerne, und jetzt dachte er vor allem an Morainn. Doch als sie ihre Pferde zum Stehen gebracht hatten und abstiegen, bemerkte er einige kaum sichtbare Reparaturen.
»Hier wären wir«, meinte Simon.
»Ziemlich schäbig«, murmelte Tormand, während er Morainn aus dem Sattel half. Er legte den Arm um ihre
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