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Die Sünden meiner Väter: Roman (German Edition)

Die Sünden meiner Väter: Roman (German Edition)

Titel: Die Sünden meiner Väter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Nugent
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Die Wintersonne warf Schatten auf den gefliesten Küchenfußboden, während wir uns den Rücken am gusseisernen Herd wärmten und Tee aus dünnwandigen Porzellantassen tranken. Wir sprachen über unsere Pläne für den Sommer, und Laura meinte, wir müssten mal aus Dublin herauskommen, um »für uns« zu sein, wie sie es nannte. Dabei warf sie mir einen kurzen, eindringlichen Blick zu und sah wieder beiseite. Natürlich wusste ich, was sie meinte, fragte aber dennoch: »Für uns? Wieso denn?« Ich strich ihr eine Strähne des dunklen Haars aus den Augen und küsste sie zärtlich auf den Mund. Erst erwiderte sie meinen Kuss, dann sprang sie auf und beugte sich über mich, bis unsere Nasenspitzen sich fast berührten. »Vor vier werden sie nicht zurück sein«, sagte sie und führte mich an der Hand die Hintertreppe hinauf in ihr Zimmer. Dort zogen wir uns rasch aus und verschwanden ebenso rasch unter der Bettdecke, beide schüchtern und etwas zaghaft. Wir tauchten die nächsten zwei Stunden nicht wieder auf, kosteten die Zeit aus und tasteten uns behutsam vor, und als ich mich in ihr bewegte, dachte ich – fatalerweise – , dass das Leben schön wäre und alles gut werden würde.
    Wahrscheinlich habe ich mir nur etwas vorgemacht. Ich glaubte, ich würde sie lieben und von ihr geliebt werden. Laura gab mir die Anerkennung, die ich brauchte, und endlich waren wir richtige, eigenständige Erwachsene mit echten Gefühlen, vor allem füreinander. Wenn es mir früher noch Genugtuung verschafft hätte, dass andere neidisch auf uns waren, so wünschte ich jetzt nur, dass alle haben könnten, was wir hatten. Laura machte einen besseren Menschen aus mir, und ich hätte mir nie vorstellen können, dass einmal eine Zeit käme, da meine Liebe für sie ins Wanken geriet. Mein Gott, war ich unreif.
    Wären wir im Sommer 1973 nur nicht nach Frankreich gefahren.
    Neun Jahre später lernte ich Alice kennen. Sie war keine Laura, aber mittlerweile wusste ich, dass ich ein Mädchen wie Laura ohnehin nicht verdient hatte. Alice war unkompliziert und loyal, liebenswürdig und diskret. Sie schenkte mir Erholung von meinen Alpträumen. Ich habe Alice nie mit derselben Leidenschaft geliebt wie Laura, aber bis vor drei Monaten hatten wir ein sehr gutes Leben zusammen. Alice und ich haben einander ergänzt.
    Es war nicht schwer, sie Barney Dwyer auszuspannen. Er war der typische Verlierer und spielte sowieso nicht in derselben Liga. Mich wundert noch immer, was Alice in ihm gesehen hat. Habe ich ein schlechtes Gewissen, Barney ausgebootet zu haben? Eigentlich nicht. In der Liebe und im Krieg ist alles recht. Dass ich nicht lache. Wahrscheinlich die hartnäckigste Lüge der Weltgeschichte. Gar nichts ist recht im Leben und in der Liebe, und ich habe schon viel zu viel Zeit vertan, mir zu wünschen, es wäre anders.
    Wegen Barney bin ich davon ausgegangen, dass Alice keine hohen Erwartungen hatte, und es war denn auch ein Leichtes, sie zu beeindrucken, sie zu verführen, sie zu heiraten. Sie war leichte Beute; Barney hatte nie eine Chance. Ich war einfach besser als er. Und das wusste er auch.
    Natürlich hatten alle erwartet, ich würde eine Frau heiraten, die geselliger wäre, glamouröser, jemanden wie Laura vielleicht, aber diese Leute kennen mich nicht.
    Niemand kennt mich. Ich habe mich für Alice entschieden.

V
    BARNEY
    Wir waren vielleicht zehn Monate zusammen, und Alice hat damals gerade ein paar Naturkundebücher illustriert. Flora und Fauna. Sehr schöne Bilder, alles sehr detailliert. Sie hat sich unglaublich viel Mühe gegeben, hat sich jede kleine Blattader unter dem Mikroskop angeschaut, das sie hinten in ihrem Zimmer stehen hatte. Sie war wirklich mit Herzblut bei der Sache. Und dann ist ihr Verleger angekommen und hat ihr das Manuskript von diesem Kinderbuch in die Hand gedrückt. Tja, und das war’s dann.
    Ich war dabei, als sie es Eugene das erste Mal vorgelesen hat. An einer Stelle ist ein fliegender Stuhl vorgekommen, und weil Eugene und ich ja dieses Spiel hatten, ist er natürlich gleich hin und weg gewesen. Gleich danach wollte er, dass sie es ihm noch mal vorliest. Und dann noch mal. Und weil es Eugene so gut gefallen hat, fand Alice es natürlich auch ganz toll.
    Also, wenn Sie mich fragen, so wild war das nicht. Nette Geschichte, aber mehr auch nicht. Selbst jetzt, wo sich seine Bücher wie geschnitten Brot verkaufen, finde ich es gerade mal in Ordnung. Gibt Besseres. Der Autor war Oliver Ryan. Für seine Bücher hat

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