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Die Sünden meiner Väter: Roman (German Edition)

Die Sünden meiner Väter: Roman (German Edition)

Titel: Die Sünden meiner Väter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Nugent
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Arbeit würde ich vorbeikommen und ihr helfen, Eugene zu waschen und anzuziehen, und ihn dann ins Förderzentrum bringen, wo er tagsüber betreut wurde. Mrs O’Reilly musste ihn nur noch abholen, und nach dem Abendessen würde ich noch mal vorbeikommen, um nach dem Rechten zu schauen, würde ihn eine Runde durchs Wohnzimmer fliegen lassen, ihm eine Geschichte vorlesen und ihn ins Bett bringen. Am Anfang war Mrs O’Reilly nicht gerade begeistert von der Idee. Irgendwann habe ich sie aber doch überzeugen können, dass Alice sich nach all den Jahren, wo sie sich um den verrückten Kerl gekümmert hat, mal eine Pause verdient hätte. Die gute Nachricht haben wir Alice dann gemeinsam überbracht, und ich war mächtig stolz auf mich. Für mich hätte ich so einen Aufwand ja nie betrieben – was nicht geht, geht nicht, sag ich immer – , aber ich tat es für Alice. Wahrscheinlich, um ihr zu zeigen, wie sehr ich sie liebte, ohne es ihr sagen zu müssen. Romantik ist eher nicht so mein Fall.
    Das sind die längsten drei Wochen meines Lebens gewesen. Eugene war kein Problem. Manchmal hat er ein bisschen rumgejammert, weil ich die Geschichten nicht genau so vorgelesen habe wie Alice, aber ansonsten hat er sich tapfer gehalten. Und ich habe sie ja selbst vermisst, mehr als ich gedacht hätte. So sehr, dass ich zwei Tage, bevor sie zurückkommen sollte, die Werkstatt früher zugemacht habe und ins Happy Ring House an der O’Connell Street bin, um einen Verlobungsring zu kaufen, einen echten Diamantring. Ich hatte schon eine ganze Weile was gespart, ohne selbst genau zu wissen, warum, und jetzt wusste ich es. Der Typ im Laden hat sich wirklich Mühe gegeben, was Passendes zu finden. Es war kein richtig großer Diamant, nur so ein kleiner Splitter auf einem schmalen Goldring. Diskret, hat es der Verkäufer genannt. Ich denke mal, das ist höflich für klein.
    Samstagabend sollte sie zurückkommen. Ich stand schon seit Stunden in den Startlöchern, um sie abzuholen, aber dann meinte ihre Mutter, dass einer von den andern sie vom Flughafen nach Hause fahren würde. Sonntagabend hatte sie sich noch immer nicht gemeldet. Die Samtschatulle mit dem Verlobungsring brannte mir ein Loch in die Tasche. Also bin ich rübergegangen.
    Mrs O’Reilly hat mir aufgemacht. Ich weiß noch, dass ich dachte, was ich doch für ein Glück habe, als sie mich direkt ins Wohnzimmer geführt und gesagt hat, Alice würde gleich kommen. Ich hätte ihr den Antrag nicht am Küchentisch machen wollen, vor Eugene und ihrer Mutter.
    Als Alice dann hereingekommen ist, hat sie es vermieden, mich anzusehen, und auf einmal war mir klar, dass hier irgendwas nicht stimmte. Sie musste geweint haben, denn ihre Augen waren rot und geschwollen, aber sie war mir noch nie so schön vorgekommen. Ihre Haut schimmerte golden, und ihre Haare waren von der Sonne gebleicht, mit rotbraunen Strähnen. Und sie hatte ganz viele kleine Sommersprossen, wie ich sie noch nie bei ihr gesehen hatte. Einen Moment lang habe ich wirklich geglaubt, es würde alles wieder in Ordnung kommen; was immer passiert war, würde sich mit dem Ring in meiner Tasche lösen lassen.
    »Barney«, hat sie gesagt. »Es tut mir leid.«
    Und wie sie das gesagt hat, da habe ich gleich gewusst, dass sie meint, es tut ihr leid für mich . Sie hat sich bei mir entschuldigt. Wie hatte ich nur so dumm sein können? Es war wie ein Schlag ins Gesicht. Es gab einen anderen. Oliver. Alice und Oliver. Um ihr zu zeigen, wie sehr ich sie liebte, hatte ich sie in seine Arme getrieben.
    »Oliver«, habe ich nur gesagt. Keine Frage.
    Warum in Herrgotts Namen hab ich das eigentlich nicht eher kapiert? Meine Gesellschaft dürfte es ja kaum gewesen sein, weshalb er uns dauernd zum Essen eingeladen hat. Ich hatte mir halt gedacht, es wäre wegen der Arbeit, aber warum eigentlich, wenn sie an diesen Abenden kaum über die Arbeit geredet haben? Dass er sie mochte, hätte ich mir vielleicht denken können, aber ich wäre nie auf den Gedanken gekommen, dass sie irgendwas an ihm findet. Schließlich war sie meine Freundin.
    Das Happy Ring House hat mir mein Geld nicht zurückgeben wollen. Am Ende habe ich ihn eingetauscht gegen eine Brosche, die Mam ein paar Monate später zum Geburtstag bekommen hat. Die ganze Sache ist mir noch ziemlich lange nachgegangen. Wissen Sie, ich hatte mir das alles schon genau ausgemalt: die drei Kinder und der Anbau, den ich für Eugene machen wollte, mit eigenem Plattenspieler, damit er tanzen konnte,

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