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Die Suendenburg

Die Suendenburg

Titel: Die Suendenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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Orendel stecken, bevor ich ihn abmurkse.«
    Gewand war das Stichwort. Ich hatte die Lösung unseres Problems gefunden.
    Ich gestikulierte wild mit den Händen, um Raimund zu verdeutlichen, was er tun sollte, nämlich den Wagen umzulenken.
    »Was willst du, Frau? Wohin sollen wir fahren? Zu einem Schneider?«
    Nicht zu einem Schneider, zu dem Schneider. Ich übernahm die Zügel.
    »Gut«, sagte Raimund, »aber danach bringen wir Orendel um.«
    Es sah in dem Häuschen und in der Werkstatt noch genauso aus wie Monate zuvor, als ich Norbert das erste Mal besucht hatte. Alles war sehr einfach gehalten, und aufgeräumt war es auch nicht. Das gefiel mir, weil es bedeutete, dass Norbert nicht so töricht gewesen war, das Geld, das er bekommen hatte, zur Schau zu stellen. Er hätte sich eine Magd zum Saubermachen leisten können, neue Möbel, bessere Schneidmesser, aber nein, er beließ die Schneiderei so, als ob er sie in der nächsten Stunde für immer verlassen könnte. Das entsprach unserer Vereinbarung, an die er sich hielt, obwohl er nur ein einziges Mal als fruchtbarkeitsförderndes Mittel benötigt worden war. Ich hatte immer schon eine Schwäche für Leichtfüße mit Sinn für Vertragstreue.
    »Ich hätte nicht gedacht, dass ich dich noch einmal sehe«, sagte er.
    »Wir brauchen ein gutes Männergewand«, erwiderte Raimund barsch, noch immer in Unkenntnis des eigentlichen Grunds unseres Besuchs bei Norbert, dem Schneider.
    Ja, wir brauchten ein Gewand. Aber das war nicht das Wichtigste. Wir brauchten vor allem einen Orendel.
    Ich ergriff ein Stück Kohle, mit dem Norbert üblicherweise seine Linien auf den Stoffen zog, und schrieb damit auf den Werkstatttisch.
    Raimund verfolgte mein Tun mit gerunzelter Stirn und misstrauischem Blick. Er hatte noch keine Ahnung, worum es ging, als Norbert mir amüsiert zunickte. Er war einverstanden. Er war ein raffinierter Bursche, keiner Tücke abgeneigt, wenn sie ihm zum Vorteil gereichte, und so jemand war mein natürlicher Verbündeter.
    »Was ist? Was soll das?«, fragte Raimund. »Was geht hier vor? Worüber habt ihr euch verständigt?«
    »Deine Frau«, erklärte ihm Norbert, »hat mich gefragt, ob ich die Rolle eines anderen Mannes spielen kann und will.«
    Raimund klappte die Kinnlade runter. Ich hatte nicht erwartet, dass er von meiner Idee begeistert sein würde, dafür war Raimund viel zu ängstlich, aber ich hatte nicht damit gerechnet, dass er einen solchen Zinnober veranstalten würde, wie er es dann tat.
    Er griff sich einen Lumpen und wischte wie vom Hafer gestochen die Tischplatte ab, bis der letzte Buchstabe unkenntlich gemacht war. Dann drückte er Norbert den Zeigefinger auf die Brust, sah ihn böse an und sagte: »Du vergisst, was du gelesen hast, wir haben uns verstanden. Du tust nichts anderes, als ein schönes Gewand zu schneidern, Bilhildis schreibt dir die ungefähren Maße auf, bis morgen früh will ich es haben, ich zahle dir zwölf Silberlinge für das Gewand und acht Silberlinge für dein Schweigen, und wenn du dich nicht daran hältst, stopfe ich dir auf andere Art das lose Mundwerk.«
    Ich zögerte nicht, ihm das seine zu stopfen. Als er sich zu mir umdrehte, hatte ich mir bereits Norberts Schneidmesser geschnappt. Ich hielt die blanke Klinge an Raimunds Kehle, bereit, mich mit einer einzigen Handbewegung des Hindernisses zu entledigen. Diese Bereitschaft stand in meinen Augen.
    »Ja«, sagte Raimund mit kalter Stimme, »Kehlen durchschneiden, das kannst du. Darin hast du bereits Übung, wie?«
    Am nächsten Tag brachten wir Orendel in die verfallene Scheune des Gehöfts, damit er nicht mitbekam, was im Haupthaus passierte. Ich sagte ihm nur, ihm drohe Gefahr, und wie immer vertraute er auf das, was ich sagte. Dann fuhren wir wieder zu Norbert, holten das Gewand und ihn selbst ab und fuhren zurück zum Gehöft. Norbert und Orendel hatten die gleiche Augen- und eine ähnliche Haarfarbe. Das Gewand war an der unteren Grenze dessen, was man einem Grafensohn zumuten konnte, aber Norbert hatte keine feineren Stoffe vorrätig. Wer hätte sie auch kaufen sollen? Außer der gräflichen Familie gab es keinen Adel in der Gegend, nur eine Handvoll wohlhabender Kaufleute, und dementsprechend war das Gewand ein Kaufmannsgewand, mit Borten notdürftig veredelt. Ich richtete das Gemach her. Bisher hatte ich Orendel im Dreck leben lassen, das machte ihm nichts mehr aus, er hatte ja sieben Jahre lang wie ein Hahn in einem dreckigen Verschlag mit Scheiße in der Ecke

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