Die Sündenheilerin (German Edition)
Lena weiter.
Mechthild zwinkerte. »Jemand, der Euch geneigt ist, hat Johann darum gebeten.«
Jemand, der ihr geneigt war. Philip! Ihr Herz klopfte. Wann würde sie ihn endlich sehen?
Rings um das Kampffeld drängten sich schon ungezählte Menschen. Eine Masse aus braunen und grauen Kleidern, der eine oder andere Tupfer Gelb und Rot war auch zu sehen. Es war die einfache Bevölkerung, der ein Platz auf der Ehrentribüne versagt blieb, die sich aber um nichts in der Welt das Spektakulum entgehen lassen wollte.
Unmittelbar neben der Kampfbahn standen einige Marktstände, in denen Bier ausgeschenkt und Naschwerk verkauft wurde. Lena sah die Waffenknechte, die sorgsam darauf achteten, Betrunkene gleich fortzuschaffen, ehe sie Ärger machen konnten. Hinter den Schankzelten entdeckte sie die Zelte der Ritter mit ihren Bannern.
Ein Fanfarenstoß. Der Fürst und die Fürstin betraten die Tribüne. Alle erhoben sich, bis der Herzog seinen Platz eingenommen hatte.
Wieder ertönten die Fanfaren. Ein Herold trat in die Mitte des Kampfplatzes.
»Zu Ehren unseres erlauchten Lehnsherrn, des Fürsten Leopold, des Herzogs zu Halberstadt, haben sich heute zahlreiche tapfere Ritter versammelt, um die Verlobung seiner Tochter, der liebreizenden Jungfer Mechthild, mit dem edlen Ritter Johann von Hohnstein zu feiern. Am ersten Tag werden wir Wettkämpfe in Geschicklichkeit und Reiterkunst bewundern. Am zweiten Tag werden sich die tapfersten Ritter im Tjost messen, und am dritten Tag, als Höhepunkt, findet der Buhurt statt, bei dem die edlen Ritter von Halberstadt der Tradition gemäß gegen die kühnen Recken von Blankenburg und Regenstein ziehen, auf dass wir den Besten von allen küren. Begrüßen wir nun die edlen Recken und mutigen Männer!«
Der Jubel des Volkes war so laut, dass er beinahe die Fanfarenstöße übertönte, die den Einzug der Kämpen verkündeten.
Die Ritter, beim feierlichen Einritt noch ohne Helm, trugen ihre Lanzen hoch erhoben, geschmückt mit ihren Bannern.
Lena schlug das Herz bis zum Hals. Unter welchem Banner würde Philip einziehen?
Die Ehre des ersten Auftrittes gebührte dem Bräutigam, Johann von Hohnstein, ganz in Rot, mit seinem Greifenbanner. Auch sein Ross trug eine rote Schabracke. Er galoppierte einmal durch das Turniergeviert, dann hielt er geradewegs auf die Tribüne zu und senkte die Lanze erst vor Fürst Leopold und dann vor dessen Tochter. Mechthilds Wangen färbten sich rosig, als sie einen Stoffstreifen in der Farbe ihres Kleides um die Spitze seiner Lanze band. Lena betrachtete das grüne Band in ihrer Hand. Tante Margarita dachte an alles.
Als Nächsten kündigten Fanfaren und Herold Ritter Leopold den Jüngeren an, Sohn des Fürsten. Der junge Leopold trug natürlich das rot-weiße Banner der Halberstädter. Sein Pferd trabte mit gewölbtem Hals einmal durch das Geviert, so anmutig, als würde es tanzen. Jubelschreie. Der junge Leopold war beliebt beim Volk. Auch er senkte seine Lanze zunächst vor dem Vater, dann vor einer jungen Frau, die in der ersten Reihe neben der Herzogin saß. Auch sie befestigte ein Band mit ihren Farben an seiner Lanze.
So ging es weiter. Die meisten Namen und Banner konnte Lena sich nicht merken. Jedes Mal, wenn die Fanfaren erklangen und der Herold einen neuen Namen aufrief, hoffte sie, es sei der, auf den sie so sehnlich wartete. Doch zunächst hielten die Regensteiner Einzug. Ulf von Regenstein ließ seinen Goldfuchs so wild über die Turnierbahn galoppieren, dass einzelne Grassoden aufgerissen wurden. Unmittelbar vor der Ehrentribüne bäumte sein Pferd sich auf, sodass es aussah, als würde er seine Lanze nicht senken, sondern schon siegreich erheben. Auch Ulf von Regenstein erntete viel Jubel, doch Lena fiel auf, dass der Beifall fast ausschließlich von der anderen Seite des Turnierplatzes kam, wo die Regensteiner ihre Zelte errichtet hatten.
»Euer Bruder ist recht ungestüm«, hörte Lena den Fürsten zu einem grauhaarigen Mann zu seiner Linken sagen. Neugierig schob sie den Kopf vor. War das etwa Graf Ulrich von Regenstein? Ludovikas Vater?
»Er weiß um seinen Wert«, antwortete Graf von Regenstein. »Er wird auch diesmal den Sieg davontragen. So leid es mir für Euren Sohn und Euren künftigen Schwiegersohn auch tut.«
Leopold lehnte sich zurück.
»Wir werden sehen«, antwortete er. »Es stimmt, es ist lange her, dass ein Regensteiner im Tjost geschlagen wurde. Wart Ihr nicht der Letzte, Graf Ulrich?«
»Ihr habt ein gutes
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