Die Sündenheilerin (German Edition)
Ihr doch auch für einen angemessenen Auftritt sorgen, nicht wahr, Herr Philip?«
»Aber …«
»So ein kräftiger junger Mann wie Ihr! Das wäre doch gelacht, wenn Ihr dem Regensteiner seine Frechheiten nicht heimzahlt. Obwohl, ein paar Haare mehr auf der Brust könntet Ihr wirklich vertragen.«
»Was …«
Said fing an zu lachen.
»Musste einmal gesagt werden.« Schwester Margarita atmete tief durch, dann rauschte sie mit wehenden Schleiern aus der Kammer.
»Said, hör endlich mit dem albernen Gelächter auf!«
Said biss sich auf die Lippen, konnte aber nicht alle glucksenden Geräusche unterdrücken.
»Und was nun? Jetzt hast du doch einen Helm und eine ganze Rüstung dazu.«
Plötzlich wusste Philip, was der Traum von heute Nacht zu bedeuten hatte.
»Ich werde mir einen passenden Schild anfertigen lassen.«
»Was für einen Schild?«
»Einen, der einem Ritter Gawan würdig wäre.« Er streifte seine Kleider über und verließ die Kammer.
»Was für ein Land«, hörte er Said hinter sich sagen.
17. Kapitel
D u hast ihm Vaters Helm gegeben?« Lena starrte ihre Tante entgeistert an. »Und was ist, wenn er gar nicht am Turnier teilnehmen will? Womöglich hast du ihn in große Verlegenheit gebracht.«
»Ach was!« Margarita machte eine wegwerfende Handbewegung. »Du hast doch gesehen, wie er mit der Regensteiner Bande umgesprungen ist. Sogar Hohnstein war beeindruckt.«
»Aber wenn er nun einen Grund hat, nicht mehr zur Lanze zu greifen?«
All sein Schmerz kam Lena in den Sinn, all die Qualen, die er nach seines Vaters Tod gelitten hatte.
»Der Mann ist jung, kräftig, geschickt, gut gebaut.« Schwester Margaritas Stimme wurde immer schwärmerischer. »Welchen Grund sollte er haben, nicht für die Ehre zu streiten?«
Lena seufzte. Es hatte keinen Sinn, mit ihrer Tante weiter darüber zu reden. Sie griff nach ihrem Umhang.
»Wohin willst du denn, Lena?«
»Ich muss mit Philip sprechen.«
»Aber du kannst doch nicht allein zu ihm gehen.«
»Wieso? Du konntest es doch auch.«
Tante Margarita rief ihr etwas hinterher, aber Lena hörte nicht darauf. Eilig rannte sie die Stiegen hinunter. Sie musste ihm unbedingt sagen, dass sie Verständnis dafür hatte, wenn er nicht an dem Turnier teilnahm. Ihr brauchte er nichts zu beweisen. Sie wusste um seine Stärke.
Said öffnete auf ihr Klopfen. »Frau Helena?«
Falls er überrascht war, ließ er sich nichts anmerken.
»Ich muss mit Philip sprechen«, sagte sie.
»Er ist nicht hier.«
»Wo finde ich ihn?«
»Er erzählte etwas von einem Schild, den er sich machen lassen wollte. Einen Schild, der einem Ritter Gawan würdig sei.«
»Dann will er am Turnier teilnehmen?«
»Es sieht so aus.«
»O Said, sagt ihm, er muss es nicht tun. Ganz gleich, was meine Tante ihm einredete, er braucht mir nichts zu beweisen.«
»Er hat Euch seine Geschichte erzählt?«
Lena nickte. »Vom Tod seines Vaters und wie schuldig er sich fühlte. Ich kann ihn so gut verstehen. Niemals würde ich von ihm verlangen, wieder zur Lanze zu greifen.«
»Ihr vielleicht nicht. Ich schon.«
»Warum? Um Genugtuung für das gestrige Unrecht zu erhalten?«
Said schüttelte den Kopf. »Nein. Er hat Euch also vom Tod seines Vaters erzählt. Hat er Euch auch erzählt, was danach geschah? Von den Monaten, da er mehr tot als lebendig war? Als er nicht sprach, nicht lachte, nicht weinte, kein Mensch mehr war, nur noch ein wandelnder Leichnam? Der verhungert und verdurstet wäre, wenn seine Schwester ihm nicht täglich stundenlang gut zugeredet hätte, wenigstens einen Bissen Brot oder einen Schluck Wasser zu sich zu nehmen? Der so fern von uns allen war, dass ihn niemand mehr erreichen konnte?«
»Nein.« Lena schüttelte entsetzt den Kopf. Das also passierte, wenn eine Seelenflamme verlosch.
»Wie fand er ins Leben zurück?«
»Eines Morgens sprach er wieder. In der Nacht zuvor hatte er von seinem Vater geträumt, der ihn mahnte, sein Versprechen zu erfüllen. Ihr glaubt ihn zu kennen, aber das, was Ihr seht, ist nur ein winziger Abglanz dessen, was ihn früher auszeichnete. Philip war mit ganzer Seele ein Ritter, auch wenn er die Geschäfte seines Großvaters abwickelte und sich nicht zu schade war, auf dem Pferdemarkt zu feilschen wie ein syrischer Händler. Er sah darin keinen Widerspruch. Wäre das, was gestern geschehen ist, vor Ottos Tod passiert, dann hätte er Ulf von Regenstein sofort vor die Lanze gefordert. Und er hätte ihn besiegt. Redet es ihm nicht aus, Frau
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