Die Sündenheilerin (German Edition)
langer Zeit, ich war noch ein Knappe, Herr Ulrich ein stolzer Ritter, dem niemand gleichkam. Bis er seinen Meister fand.«
»Erspart uns die alten Geschichten, mein Fürst.«
»Aber, aber, Herr Ulrich. Meine Tochter möchte es gern wissen.«
Jetzt lehnte sich auch Lena neugierig vor.
»Es war ein Zweikampf, an den wir uns lange erinnerten. Ein vielversprechender junger Ritter trat gegen Ulrich von Regenstein an. Der erste Waffengang endete genau wie dieser. Der Schild des jungen Ritters flog davon. Aber nicht aus Unachtsamkeit, sondern wohlbedacht, um den Schwung aus dem Angriff zu nehmen. Und danach hob er ihn genauso auf, wie es jetzt der Ägypter tat. Aus vollem Galopp heraus, halb am Sattel hängend. Man könnte meinen, er sei derselbe Mann.«
Der Graf von Regenstein ballte die Hände zu Fäusten.
»Es kam zum zweiten Gang«, fuhr der Fürst fort. »So wie jetzt auch.«
»Und wer siegte?«, fragte Mechthild.
Ihr Vater lachte. »Sieh Herrn Ulrich ins Gesicht, dann weißt du es.«
Philip ließ sich von Said eine neue Lanze reichen.
Du wirst gewinnen wie damals dein Vater. Lena merkte kaum, wie sich ihre Hände in den Stoff ihres Kleides gruben.
Die Fanfare. Erneut stürmten die Pferde aufeinander los. Beide Ritter trafen, Regensteins Lanze splitterte an Philips Schild, doch Philips Lanze glitt über den Schild des Regensteiners hinweg, traf dessen schwach geschützte Schulter und riss ihn aus dem Sattel. Ohne sich umzusehen, galoppierte Philip unter dem donnernden Beifall der Zuschauer mit hocherhobener Lanze über das Turnierfeld. Sah den Bauern, mit dem er gestern getrunken hatte, und senkte grüßend die Lanze. Noch mehr Beifall. Er war ihr Held, der Mann, der den hochmütigen Regensteiner in den Staub gestoßen hatte.
Ulf von Regenstein lag noch immer stöhnend am Boden. Mehrere Waffenknechte rannten zu ihm, zwei hatten eine Trage dabei. Regensteins rechter Arm war seltsam abgewinkelt, und Blut sickerte durch das Kettenhemd.
»Wie sagtet Ihr doch, Herr Ulrich?« Überlegen musterte Fürst Leopold seinen mächtigsten Vasallen. »Ein Sieg ist nur dann vollständig, wenn der Gegner am Boden liegt. Was sagt Ihr zu einem Sieg, bei dem der Gegner sich nicht einmal mehr selbst erheben kann? Ich habe fünf Goldstücke gewonnen.«
Der Graf biss sich auf die Unterlippe und zahlte dem Herzog schweigend die Münzen aus.
»Aber ob Eure Männer auch den Buhurt gewinnen, ist fraglich«, zischte er.
Lena hörte, was die Männer neben ihr sprachen, aber ihre Aufmerksamkeit gehörte Philip, der noch einmal um den Turnierplatz galoppierte, immer noch die Lanze reckte und nicht nur den Triumph über den Regensteiner feierte, sondern vor allem seinen Sieg über die Schatten, die ihn nie mehr verfolgen würden.
18. Kapitel
E ine ausgerenkte Schulter, ein zerschlagenes Schlüsselbein und drei gebrochene Rippen.« Said pfiff anerkennend durch die Zähne. »Es wird lange dauern, bis Ulf von Regenstein wieder eine Lanze führen kann.«
Philip grinste. »Die Schulter war für dich, das Schlüsselbein für Leopolds Pferd, und die Rippen nehmen wir als Zugabe.«
»Morgen noch der Buhurt, und dann bekommst du von Fürst Leopold die Männer, damit wir das Räuberlager ausheben können.«
»Ich werde es ausheben. Du wirst hier auf mich warten.«
»Warum?«
»Deine Schulter braucht noch mindestens zwei Wochen, um zu heilen.«
»Für ein paar Räuber reicht die Kraft schon aus.«
Philip schüttelte den Kopf. »Bleib hier und pass auf Lena auf.«
»Hast du sie eigentlich schon gefragt?«
»Ob sie meine Frau werden will?« Philip schluckte. »Nein, noch nicht.«
»Warum nicht? Merkst du nicht, dass sie geradezu auf diese Frage wartet? Ich dachte, du kennst die Frauen.«
»Was ist, wenn sie Nein sagt? Ich kann ihr in diesem Land nichts bieten, aber ich kann auch nicht von ihr verlangen, mich nach Alexandria zu begleiten.«
»Wenn du sie nicht fragst, wirst du nie erfahren, ob sie nicht doch Ja sagt.«
Philip senkte den Blick. »Du hast recht. Ich frage sie morgen nach dem Buhurt.«
Said griff nach den Zügeln von Philips Pferd. »Ich bringe ihn in den Stall. Sieh nur, da kommen deine Kampfgefährten, um dich zu beglückwünschen.« Er wies auf den jungen Leopold und Johann von Hohnstein, die sich dem Rand des Turnierfeldes näherten.
»Ein großartiger Auftritt, Herr Philip.« Johann von Hohnstein schlug ihm anerkennend auf die Schulter.
»Ihr wisst nicht nur die Lanze gut zu führen, Ihr seid auch ein
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