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Die Sündenheilerin (German Edition)

Die Sündenheilerin (German Edition)

Titel: Die Sündenheilerin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Metzenthin
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Gefahren einer Belagerung auszusetzen? Dass ein Ritter hier einfach nur ein Ritter war und es als entehrend galt, mit Pferden zu handeln, konnte er kaum nachvollziehen. Er liebte die Welt der Basare und Märkte mit all ihren Wundern, schätzte es, mit den Händlern um den besten Preis zu feilschen.
    Nie zuvor hatte Philip sich so sehr als Fremder gefühlt. Hatte sein Vater deshalb stets jeden geforderten Preis gezahlt, und mochte er noch so überteuert sein? Weil er die alten Ehrbegriffe niemals ganz ablegen konnte? Nach und nach begriff Philip, wie es seinem Vater in den ersten Jahren in Ägypten ergangen sein musste. Es waren zwei vollkommen verschiedene Welten, und auch wenn er bislang geglaubt hatte, in beiden zu Hause zu sein, so erkannte er inzwischen, dass er sich etwas vorgemacht hatte. Man nannte ihn nicht umsonst den Ägypter.
    Otto von Birkenfelds Erbe anzutreten, war mehr, als ein Turnier zu gewinnen. Es bedeutete vor allem Verzicht. Auf seine Familie, seinen besten Freund und lieb gewonnene Gewohnheiten, die hierzulande unerwünscht waren. Konnte er hier wirklich glücklich werden?
    Die Zeit der schweren Gedanken endete erst an dem Morgen, als sich der Tross in Bewegung setzte. Ganz neue Eindrücke fesselten Philips Aufmerksamkeit. Ein Zug aus Hunderten bewaffneter Männer, zahlreichen Ochsenwagen, die schweres Gerät, Waffen, Zelte und Vorräte geladen hatten, Knechten, Mägden, Handwerkern und selbstverständlich den hochgestellten Damen auf ihren schlanken Zeltern.
    In den frühen Morgenstunden waren sie aufgebrochen, kurz vor Sonnenuntergang erreichten sie den Hügel, auf dem Burg Birkenfeld das Bodetal überwachte. Sofort wurden die strategisch günstigsten Punkte besetzt, Zelte errichtet und die Wagen entladen. Philip stand am Rand und schaute zu. Johann hatte ihn und Said eingeladen, in seinem eigenen Zelt Quartier zu nehmen, und Philip hatte dankbar angenommen, zumal Johann Said die gleiche Wertschätzung entgegenbrachte wie ihm selbst. Während das Zelt des Hohnsteiners noch errichtet wurde, schaute Philip sich suchend nach Lena um. Zuletzt war sie am Morgen an Mechthilds Seite geritten. Er hätte sie lieber begleitet, aber in diesem Tross hatte jeder seinen Platz, und er gehörte zu den Rittern. Da entdeckte er sie im hinteren Bereich des langsam erstehenden Lagers, der als der sicherste galt. Sie stand neben Schwester Margarita, die sich schwer atmend auf einem Stuhl inmitten der Wiese niedergelassen hatte. Das Zelt der Fürstentochter stand schon, aber noch waren die Möbel nicht an ihren Plätzen. Philip konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, als er sah, wie Mechthild die Knechte hin und her scheuchte, um das Zelt nach ihren Wünschen einzurichten. Truhen aus Wurzelholz, ein auseinandergebautes Himmelbett, das erst noch an seinem Platz im Zelt zusammengebaut werden musste, fein gedrechselte Stühle, ein zierliches Tischchen. Welch unnötiger Prunk in dieser Umgebung! Er schüttelte den Kopf und ging auf Lena zu.
    »Edle Dame, ist es erlaubt, Euch meine Gesellschaft aufzudrängen?«
    Sie lachte, wie er es sich erhofft hatte.
    »Gern, Herr Ritter.«
    Philip bot Lena den Arm. »Wollen wir ein wenig spazieren gehen?«
    Lena warf einen kurzen Blick auf Schwester Margarita, die die Augen geschlossen hielt, und nickte.
    Sie folgten einem Pfad in Richtung der Bode, ohne der Burg allzu nahe zu kommen. Dennoch fiel Philip auf, dass die Zugbrücke inzwischen hochgezogen war. Graf Dietmar bereitete sich auf die Belagerung vor.
    Lena war seinem Blick gefolgt.
    »Ich mache mir Sorgen um Ludovika«, flüsterte sie.
    »Er wird ihr nichts antun.« Er legte seine Hand über die ihre. »Er braucht immer noch eine Leumundszeugin.«
    »Und wenn er merkt, dass das nicht ausreicht? Wir hätten Ludovika nicht zurücklassen dürfen.«
    »Was befürchtest du? Dass er sie töten lässt? Was hätte er davon?«
    Lena atmete tief durch. »Du hast recht, nichts. Aber nach allem, was ich inzwischen weiß, traue ich ihm jede Gemeinheit zu.«
    »Und doch war er stets ein berechnender, kühler Kopf. Er hat sich nie von seiner Wut treiben lassen. Eine tote Ludovika schadet ihm mehr, als sie ihm nützt.«
    Eine Weile schwiegen sie beide. Philip sah, wie Lenas Blicke über das Bodetal schweiften.
    »Bist du dir sicher, dass du das Erbe von Birkenfeld antreten willst?«, fragte sie ihn schließlich.
    »Zweifelst du an meinem Wort?«
    »Nein, aber danach habe ich dich auch nicht gefragt. Möchtest du wirklich

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