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Die Sünder - Tales of Sin and Madness (German Edition)

Die Sünder - Tales of Sin and Madness (German Edition)

Titel: Die Sünder - Tales of Sin and Madness (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brett McBean
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kräftiger Stimme, den er öfter im Fernsehen gesehen hatte. Der Mann, der zwei Kisten vor ihm saß, war mager und hatte glasige Augen. Sein grauer Bart war vollkommen verfilzt und voller Essensreste. Neben ihm stand ein alter Aktenkoffer, der ebenso ramponiert und am Ende aussah wie der Richter selbst. »Gott, Mann, was ist mit Ihnen passiert?«
    Richter Stevens schnaubte. »Bruce Harris.« Er drehte sich wieder um. »Die Verhandlung hat begonnen. Den Vorsitz hat unser Erlöser.«
    Der Erlöser seufzte und strich sich über seinen ZZ-Top-Bart. »Danke, Richter.«
    »Gerne«, sagte Richter Stevens mit tiefer Stimme.
    Unglaublich, dachte Aleister. Er empfand Mitleid für den Mann.
    »Ratte hat Hunger«, verkündete die Königin des Broadway. »Wir müssen Ratte füttern. Hat irgendjemand was zu essen?«
    »Pfirsiche!«
    »Ratte mag keine Pfirsiche«, erwiderte die Königin. »Er mag nur gebratene Karotten.«
    »Gebratene Ratte!«, schrie Pfirsich und alle im Raum – einschließlich Aleister – lachten. Alle außer der Broadway Queen. Sie hielt sich Ratte vors Gesicht und murmelte: »Hör nicht auf sie, Ratte. Das ist nur ein Haufen Fieslinge. Ja, das sind sie.«
    »Ich glaube nicht, dass er dich hören kann«, sagte Jack.
    »Ich glaube, er ist taub«, fügte Richter Stevens hinzu.
    Der Nager ist ungefähr so taub, wie ihr anderen geistig gesund seid, dachte Aleister, aber er sprach es nicht laut aus. Er wollte niemanden verärgern.
    »Können wir uns jetzt bitte alle wieder beruhigen und über unseren Plan reden?«, bat der Erlöser. Er griff hinter sich, holte eine imaginäres Glas hervor und trank einen Schluck von was auch immer sich darin befinden sollte. »Ah«, stieß er wie nach einem erfrischenden Drink aus und stellte das unsichtbare Glas wieder auf die Bar. »Okay, können wir anfangen?«
    »Ich habe bereits verkündet, dass die Verhandlung begonnen hat«, sagte Richter Stevens. »Mehr kann ich nicht tun, oder?« Sein Gesicht wurde rot.
    »Nein, können Sie nicht«, bestätigte der Erlöser.
    Der Richter nickte.
    »Pfirsich muss pinkeln«, rief Pfirsich.
    Der Erlöser verdrehte seine blutunterlaufenen Augen und seufzte schwer. »Das Ende ist nah. Aber gut, wenn du pinkeln musst, dann geh pinkeln.«
    Keine schlechte Idee.
    Aleister erhob sich.
    Neben ihm keuchte Jack atemlos: »Nein, bitte, bringen Sie mich nicht um. Ich habe kein Geld. Ich bin nur eine Hure. Eine dreckige, bettelarme Unglückliche.«
    »Aber ich dachte …« Aleister zuckte mit den Schultern. »Vergiss es. Mach dir keine Sorgen, altes Haus, ich werde dich nicht umbringen.«
    »Oh, danke, Sir.« Er neigte seinen Kopf und murmelte etwas, das wie ein Gebet klang.
    »Und wo, bitte, glauben Sie, gehen Sie jetzt hin?«, wollte der Erlöser wissen.
    »Auf die Toilette – das wird ja wohl erlaubt sein, oder?«
    »Nun …«
    »Pfirsich geht doch auch.«
    Aleister sah, wie Pfirsich sich erhob, seinen Reißverschluss öffnete und sich auf den Fußboden erleichterte.
    Aleister schüttelte den Kopf und ging in Richtung Herrentoilette. »Ich brauch nicht lange.«
    »Das Ende ist nah«, wiederholte der Erlöser. »Wir müssen so schnell wie möglich anfangen.«
    »Verstanden, Boss. Keine Sorge, es dauert nicht lange. Wenn ich scheißen muss, muss ich dann noch mal um deine Erlaubnis bitten?«
    »Erlaubnis?« Der Erlöser wirkte völlig perplex.
    »Erlaubnis zum Pfirsiche machen«, murmelte Pfirsich und verrichtete weiter sein Geschäft.
    »Beeilen Sie sich einfach.«
    »Sicher«, sagte Aleister und betrachtete die Pfütze auf dem Fußboden. Ein Hauch des widerlichen Gestanks stieg ihm in die Nase. Er drehte sich zu der einzigen Person im Raum um, die noch immer nichts gesagt hatte. Als er an ihr vorbeiging, sah er, wie düster die Frau aussah – sie hatte nicht nur dunkle Haut, sondern auch ein dunkles Wesen. Sie trug einen schwarzen Schal um ihren Kopf und hatte vollkommen leere Augen. Aber sie atmete, was zumindest Aleisters Bedenken zerstreute, die Frau weile womöglich nicht mehr unter den Lebenden. Sie bewegte sich nicht und zuckte nicht einmal. Sie saß nur da und starrte den Erlöser an.
    Verdammt unheimlich!, schoss es Aleister durch den Kopf.
    Er betrat die Herrentoilette und stellte sich vor eins der Urinale. Er leerte seine Blase in einem heftigen Strahl aus Restalkohol, fühlte sich gleich viel besser und wollte sich auf den Versuch einlassen, jegliches Gift, das sich vielleicht noch in seinem Körper befand, auszukotzen. Es fiel ihm nicht

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