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Die Sünder - Tales of Sin and Madness (German Edition)

Die Sünder - Tales of Sin and Madness (German Edition)

Titel: Die Sünder - Tales of Sin and Madness (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brett McBean
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neben der großen Dose mit löslichem Kaffee. »Dein erstes Mal, was?«
    Ich hatte das Stückchen des geschmacksneutralen Kekses hinuntergeschluckt und misslaunig ein weiteres Mal abgebissen, bevor mir bewusst wurde, dass die Person mit mir sprach. Ich drehte mich halb um und sah den Mann an, der sich an meine Seite gesellt hatte. Er war größer als ich, aber jünger, etwa zehn Jahre. Der junge Mann war abgemagert, schien nur noch aus Haut und Knochen zu bestehen – er sah aus, als habe ihm jemand einen Staubsauger in den Mund gesteckt, ihn angeschaltet und sämtliche Luft aus seinem Körper gesaugt. Seine furchtbar eckigen Wangenknochen traten wie zwei gemeißelte »L« deutlich hervor. Auf jeden Fall ein Junkie.
    »Ja«, murmelte ich mit vollem Mund. Ich schluckte hastig und musste mir alle Mühe geben, um nicht zu würgen.
    »Du bist also ein Esser«, fuhr der Junkie fort und löffelte das braune Granulat in seinen Becher. Er füllte ihn mit heißem Wasser und trank einen gierigen Schluck von seinem Instantkaffee, ohne Milch oder Zucker hinzuzufügen. »Ich war mal mit einer Esserin befreundet. Üble Angewohnheit. Guckst du dir immer noch Filme an?«
    Ich nickte.
    »Dachte ich mir. Ich hab mir schon gedacht, dass es auf deine Sucht zurückzuführen ist, dass du bei dieser Hitze einen Pulli trägst. Welchen Film zeigen sie gerade?«
    »Einen alten ausländischen Schwarz-Weiß-Streifen«, antwortete ich und kratzte mich am Arm. Durch die Wolle des Pullovers juckte meine Haut wie verrückt. »Ich glaube, es ist Kurosawa – Die sieben Samurai, wie’s aussieht.«
    Frustriert warf ich den halb gegessenen Keks auf den Tisch und versuchte mein Glück mit einem Donut. Zuerst schmeckte ich den Zucker, dann den frittierten Teig und zuletzt die Marmelade, die wie aus einem aufgeschlitzten, blutenden Herz herausquoll. Eigentlich hätte er ganz köstlich schmecken müssen, aber stattdessen drehte sich mir von der Geschmacksmischung der Magen um. Nachdem ich monatelang nichts als meine spezielle Diätnahrung zu mir genommen hatte, schmeckte richtiges Essen, auch Süßigkeiten, für mich inzwischen wie feuchte, schimmelige Pappe. Ich sah mich nach einem Mülleimer um, in dem ich den faulen Donut entsorgen konnte.
    »Kannst das richtige Zeug nicht essen, hm?«
    Der Junkie folgte mir.
    Ich stöhnte innerlich. Mir war nicht nach Reden – das hatte ich heute Abend schon genug getan. Ich wollte einfach nur probieren, meinen Hunger mit dem kostenlosen Essen und Trinken zu stillen, und dann wieder verschwinden – zurück in meine Wohnung und zu den Gelüsten, die mich zwangsläufig überkommen würden, sobald ich in meinem Bett lag und den verzweifelten Versuch unternahm, einzuschlafen.
    »Ich schätze nicht«, erwiderte ich, drehte mich um und versuchte zu lächeln, obwohl ich wusste, dass es wie eine verzerrte Grimasse aussehen musste.
    Der Junkie hielt nun zwei Styroporbecher in den Händen. Er reichte mir einen. Er war beinahe randvoll mit dampfender schwarzer Flüssigkeit.
    »Meine Freundin, die Esserin, mochte Kaffee. Es war die einzige richtige Nahrung, die sie bei sich behalten konnte.«
    »Mochte? Willst du damit sagen, dass sie die Abhängigkeit am Ende besiegt hat?«
    Der Junkie schüttelte den Kopf. »Ich fürchte nein«, antwortete er. »Sie ist vor sechs Monaten gestorben. Hat sich mit Hitchcock-DVDs den Rest gegeben. Sie hatte ’ne Schwäche für Hitchcock.«
    »Die sind auch wirklich lecker«, erwiderte ich, nahm einen Schluck Kaffee und hoffte, damit die Erinnerungen an all die Nächte wegzuspülen, in denen ich Hitchs köstliche Periode der späten Fünfziger zum Abendessen genossen hatte – die Filme schmeckten nach Kalbfleisch und Bratkartoffeln – und an all die Nachmittage, an denen ich mir seine frühen britischen Filme hatte schmecken lassen: ein eher herzhafter Geschmack nach Eintopf und Bier.
    »Ja, Sara mochte ältere Filme besonders. Sie fand, die hätten einen feineren Geschmack – Casablanca war ihr Lieblingsfilm. Gott, sie muss in der Zeit, in der ich sie kannte, mindestens 30 Casablanca -DVDs gegessen haben. Sie hatte immer einen Vorrat davon im Hinterzimmer der MovieTime-Filiale, in der sie gearbeitet hat, herumliegen –, sie hat jahrelang die Nachtschicht im Laden in Bentleigh gemanagt und an den meisten Wochenenden spätnachts noch Partys veranstaltet. So habe ich sie auch kennengelernt – weil sie Angst hatte, dass ihr Freund von ihrer Esssucht erfährt. Mich hat das Essen ja nie

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