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Die Sünderin von Siena

Die Sünderin von Siena

Titel: Die Sünderin von Siena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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könnte.« Sie schien zu zögern. »Euch ist aufgefallen, dass sie … anders ist?«, fragte sie.
    »Anders ja, aber damit nicht unbedingt dümmer«, erwiderte Matteo. »Menschen ihrer Art haben oft besonders feine Sinne.«
    »Man hat mich erneut beim Rektor vorgeladen«, sagte Mamma Lina mit einem Seufzer. »Und genau dort hat man Gemma auch vernommen, das habe ich in Erfahrung bringen können. Die Befragung scheint allerdings nicht allzu günstig für sie ausgegangen zu sein, denn sie suchen nach einem Schuldigen und werden langsam unruhig, weil sie einen solchen offenbar nicht finden. Ich werde der Vorladung also Folge leisten müssen, obwohl es keinen Ort auf der ganzen Welt gibt, an dem ich mich unwohler fühle. Doch die dort versammelten signori müssen hören, was Cata zu sagen hat.«
    »Ihr solltet das Kind mitnehmen«, sagte Matteo. »Aus seinem Mund wird es noch überzeugender klingen.«
    »Wenn Ihr meint …« Sie schien zu zögern. »Dann werde ich das vielleicht tun.«
    »Aber was soll das alles Gemma helfen?«, fragte der Maler.
    Große graue Augen musterten ihn aufmerksam.
    Sie sollte ihr Haar nicht färben, dachte Matteo unwillkürlich. Vor allem nicht in diesem stumpfen, viel zu dunklen Braun, wie es nur Walnüsse abgeben, aus denen man das Letzte an Farbpigmenten herauspresst. Dann könnte sie eine Schönheit sein.
    »Ihr liebt sie«, sagte Mamma Lina. Keine Frage, sondern eine Feststellung. »Dann wird Euch die richtige Antwort sicherlich bald einfallen, Matteo Minucci.«

    ❦

    Das war seine Stimme – Bartolos tiefe, schöne Stimme, unten in der großen Diele!
    Gemmas Herz schlug hart gegen die Rippen, so aufgeregt war sie auf einmal. Er war also gekommen, um sie zu holen, genauso, wie sie es Lupo immer prophezeit hatte!
    »Gebt meine Tochter heraus! Ich vermag nicht zu glauben, dass Ihr sie gegen ihren Willen festhaltet.«
    »Eure Tochter lebt endlich wieder im Haus ihres Gatten, genauso, wie das Gesetz es bestimmt«, hörte sie Lupo antworten. »Und daran wird sich auch künftig nichts ändern.«
    Sie war schon halb auf der Treppe, als sie plötzlich innehielt. Seit ihrer Befreiung von den Fesseln, über die Lupo zu ihrer Überraschung kein Wort verloren hatte, war seine Taktik offenbar eine andere. Den Schnitt an ihrem Handgelenk hatte er sehr wohl registriert, aber mit keinem Laut erwähnt. Allerdings schien er ihr seitdem eine Art widerwilliger Achtung zu zollen. Anstatt sie weiterhin zu bedrohen und zu beschimpfen, behandelte er sie nun mit eisiger Gleichgültigkeit. Außerdem waren nicht mehr alle Türen verschlossen – mit Ausnahme derer allerdings, die nach draußen in die Freiheit führten.
    »Und das hier? Was ist das?« Gemma sah von oben, wie der Vater in ein plumpes Gefäß griff und Lupo etwas entgegenschleuderte. Der wich zurück, begann sich die Augen zu reiben.
    »Seid Ihr wahnsinnig geworden?«, zischte er. »Was soll das?«
    »Das ist mein Salz, mein Salz, das Ihr mir gestohlen habt«, schrie Bartolo. »Und leugnet nicht, denn alle Helfershelfer haben längst gestanden. Unser Schiff ist weder gekapert worden noch gesunken. Es wurde in den Golf Baratti umgelenkt und die Ladung dort in aller Ruhe gelöscht.«
    Jetzt gab es kein Halten mehr für Gemma.
    »Vater!«, rief sie und lief nach unten. »Du konntest ihn überführen – endlich! Ich bin so stolz auf dich!«
    Bartolo drückte sie fest an seine Brust. »Wir gehen gleich nach Hause, mein Mädchen!«, sagte er. »Sobald ich mit diesem Dieb und Verbrecher hier fertig bin.«
    Lupos Gesicht war kalkweiß geworden, doch er verzog keine Miene.
    »Mit derlei Anschuldigungen sollte man sehr vorsichtig sein, werter Schwiegervater«, sagte er. »Besonders, wenn man keinen einzigen Beweis in Händen hat.«
    »Ist das hier nicht Beweis genug?«, rief Bartolo. »Oder seid Ihr scharf auf eine neue Ladung Salz in Euren Augen?«
    Lupo zeigte ein dünnes Lächeln. »Gemeinhin gelten ja Kinder als das Salz der Erde«, sagte er. »Vor allem Töchter. Ich denke, Ihr habt diese Erfahrung bereits zur Genüge machen können, Messer Santini, oder irre ich mich? Und was wohl erst Eure werte Gattin Lavinia dazu sagen würde, die Erbin so vieler prächtiger Weinberge und Ländereien? Ob auch sie sich dieser alten Weisheit anschließt, was meint Ihr?«
    »Lasst gefälligst meine Frau aus dem Spiel!« Bartolo sah plötzlich verfallen aus.
    Lupo warf Gemma einen raschen Blick zu. »Liebend gern! Diese Angelegenheit ließe sich ohnehin am besten unter

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