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Die Sünderin von Siena

Die Sünderin von Siena

Titel: Die Sünderin von Siena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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zeichnen dürfe, und ich weiß nicht, ob …«
    Celestina erhob sich abrupt.
    »Für dererlei Spielchen hab ich leider keine Zeit. Lass dich zeichnen oder lass es bleiben, ganz wie es dir beliebt! Ich muss jetzt abschließen und dann gleich weiter.«
    Sie drängte Gemma aus der Kammer und wandte sich eilends ab.
    »Aber ich hab Euch doch gesagt, dass ich verheiratet bin. Und obwohl ich das Hause meines Mannes verlassen musste, möchte ich nicht …«
    »Fällt dir das alles nicht ein wenig spät ein?«, sagte sie, drehte sich um und ließ Gemma einfach stehen.
    Reichlich verdutzt sah diese ihr nach. Hatte sie etwas Falsches gesagt, etwas, das Celestina gekränkt oder verletzt haben könnte? Sie rief sich die ganze Unterhaltung ins Gedächtnis, blieb aber ebenso ratlos wie zuvor. Vielleicht war es am besten, sie wandte sich direkt an den Maler? Als er ihr die Tasche ausgehändigt hatte, war sie durcheinander gewesen und überglücklich dazu, sie wiederzuhaben. Vielleicht hatte sie daher zu schnell in seine Bitte eingewilligt. Jetzt könnte sie die ganze Angelegenheit ruhiger angehen.
    Hatte sie nicht gehört, er arbeite an einem Fresko in der Kapelle? Dann würde sie ihn ja dort sicherlich antreffen.
    Das Kirchenschiff war leer, als sie es betrat. Sonnenstrahlen fielen durch die großen Glasfenster und tauchten den Raum in warmes Licht. Sie ging weiter, bis sie die Kapelle erreicht hatte. Hier waren die Arbeiten schon sehr weit fortgeschritten, das große Hauptbild erschien ihr nahezu beendet.
    Gemma ließ es auf sich wirken, und unwillkürlich begann sie zu lächeln, so stark berührt fühlte sie sich. Niemals zuvor hatte sie Anna und Joachim so freudig dargestellt gesehen, vereint in dem Glück, das sie erwartete. Er versteht viel von Frauen und Männern und dem, was zwischen ihnen sein kann, schoss es Gemma durch den Kopf. Vielleicht sogar gefährlich viel.
    Der Gedanke war aufregend und schön zugleich – wie beinahe jeder Gedanke, der mit ihm zu tun hatte. Sie wollte schon gehen, da fiel ihr in der oberen Ecke der Wand die Gestalt einer jungen Frau auf. Das Gewand war erst mit wenigen Strichen angedeutet, das Gesicht jedoch beinahe fertig. Neben der Frau stand eine voll ausgearbeitete Engelsgestalt in gelbem Gewand und mit zierlichen Flügeln.
    Erst stutzte Gemma, dann lachte sie nervös, dann sah sie noch einmal genauer hin.
    Sie hatte sich nicht getäuscht. Es war die Muttergottes, die Minucci da gemalt hatte. Die junge Maria, die gerade den Erzengel Gabriel empfing.
    Und sie trug exakt ihre Züge.
    Später wusste sie nicht mehr genau, wen im Hospital sie nach dem Haus des Malers gefragt hatte, jedenfalls war die Beschreibung, die sie erhielt, präzise genug, um es zu finden. Als sie vor dem Gebäude stand, stieg ein leises Schwindelgefühl in ihr auf. Sie kannte es, war schon einige Male vorbeigelaufen, denn es lag genau gegenüber von Mamma Linas Haus.
    Ein Fenster war geöffnet; mit klopfendem Herzen trat sie näher und schaute hinein. Sie sah einen großen Tisch, daneben ein Waschbecken und einige Kübel. Ein Stück entfernt auf einem kleineren Tisch Fläschchen, Schüsseln, Pinsel. Dazu eine große Platte mit Vertiefungen, die mit Pigmenten in verschiedenen Farben gefüllt waren. Und schließlich ihn.
    Matteo saß auf einem Hocker und zeichnete. Das Modell war unsichtbar für ihre Augen, weil eine offene Tür ihr den Blick versperrte, aber es musste noch jemand im Raum sein, weil der Maler mit der Person sprach.
    »Beweg dich nicht!«, hörte sie ihn sagen. »Ja, genau so ist es gut!«
    Jetzt wollte sie nur noch weg, aber sie war zu verwirrt, um vorsichtig zu sein. Ein Stein löste sich unter ihren Füßen, begann zu rollen und machte ordentlichen Lärm auf dem unebenen Pflaster.
    Und schon stand er neben ihr.
    »Monna Gemma! Dass Ihr gekommen seid!«
    »Ich will nicht stören. Ihr habt Besuch und …«
    »Ihr stört nicht.« Seine Stimme war warm. »Ich schicke mein Modell schnell weg, und dann hab ich alle Zeit der Welt für Euch. Kommt doch bitte herein!«
    »Ich weiß nicht … Ich wollte nur …« Warum hatte sie ihr altes grünes Kleid angezogen? Plötzlich kam sie sich hässlich vor. Schäbig und hässlich.
    »Bitte!«, sagte er, nahm ihre Hand und zog sie sanft weiter. »Nur einen Augenblick.«
    Es war Leo, den er gezeichnet hatte, der Gehilfe des Apothekers, der sie so unbeteiligt musterte, als sähe er sie zum allerersten Mal.
    »Wir machen in ein paar Tagen weiter«, sagte der Maler. »Für

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