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Die Sünderin von Siena

Die Sünderin von Siena

Titel: Die Sünderin von Siena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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sie. »Dann ist Zeit für die schönen Dinge. Und mach eine Kerze an! Du sollst doch sehen, was du für dein Geld bekommst.«
    Die Münzen verschwanden in ihrem Beutel. Nun drückte sie sich eng an ihn, reizte ihn mit Lippen, Händen, ihrem ganzen Körper. Die Bänder fühlten sich seidig an wie eine bevorstehende Verheißung. Er spürte, wie erfahren sie war, wie routiniert sie vorging, und das war für diesen Abend genau das, was er brauchte. Sie war nicht die Erste nach Fionas Tod, aber er hatte eine lange Phase freiwilliger Enthaltsamkeit hinter sich und war froh, dass diese nun endlich vorbei war.
    Er drückte sie auf den großen Tisch, schob die Röcke nach oben und begann ihren Schoß zu streicheln. Sie lachte, dann gurrte sie einladend.
    Matteo riss sich die Hose vom Leib. Wenn er schon keine Madonna haben dufte, dann wenigstens eine Magdalena, eine Frau, die aus vollem Herzen sündigte! Dieser Satz flog wie ein Vogel in ihm auf. Er vergaß ihn nicht, als er ihre Pforte öffnete, und auch viel später nicht, als er sich mit einem Schrei in ihr ergoss.

    ❦

    Aus dem Haus des Malers, aus dem man ihn heute weggeschickt hatte, drangen seltsame Töne. Leo blieb stehen, lauschte, dann verstand er.
    So klangen die Menschen, wenn sie sich streichelten und berührten, die Frauen meist heller und spitzer, die Männer tiefer und derber. Er hatte noch nie eine Frau dazu gebracht, solche Laute von sich zu geben, und manchmal sehnte er sich danach.
    Doch dann fiel ihm wieder ein, was der padrone ihm immer wieder einschärfte. »Du musst aufpassen mit deiner Kraft, Junge. Wenn du nur einmal zu fest zudrückst, machst du alles kaputt.«
    Deshalb hatte er es bis jetzt lieber beim Zuschauen und Lauschen belassen, und genau das tat er auch jetzt. Dass das Fenster offen stand, machte alles einfacher. Die beiden hatten sogar eine Kerze angezündet, sodass er wirklich etwas zu sehen bekam.
    Die Frau lag mit gespreizten Beinen auf dem Tisch, an dessen Ende einige Malutensilien standen. Ihr langes braunes Haar hing herab und schwang sanft hin und her, während der Mann sich in ihr bewegte. Beide ächzten und stöhnten; beide waren so in ihr Tun vertieft, dass sie den Zuschauer am Fenster nicht bemerkten. Das Gesicht der Frau konnte er nicht erkennen, weil es im Dunkel lag, aber ihr grünes Kleid, das sah er sehr gut – und erkannte es sofort.
    Sie war es also, Gemma di Cecco, nach der er die Augen offen halten sollte! Der padrone hatte ihm den Auftrag erteilt. Und was der padrone verlangte, wurde prompt erledigt.

    Drei

    D er Atem des Kindes war brandig, und hinter dem
    faulig-süßlichen Schwall, der Gemma aus seinem geöffneten Mund entgegenschlug, glaubte sie den Tod zu riechen. Erschrocken wandte sie sich ab und ließ den Jungen vorsichtig zurück auf das zerwühlte Krankenlager sinken. Er stöhnte, hielt die Augen geschlossen und leckte sich dabei die aufgerissenen Lippen, die sie ihm mit einem Sud aus Honig und Rosenwasser betupft hatte. Halb benommen vor Müdigkeit richtete sie sich auf und versuchte den Schlaf aus den Augen zu reiben und ihren schmerzenden Rücken zu entspannen.
    Drei Kinder waren in den Morgenstunden gestorben; zwei andere bereits am Abend zuvor. Gerade hatte man sechs weitere eingeliefert, die ebenfalls über Kopfschmerzen, bleierne Glieder und Schluckbeschwerden klagten. Fast schien es, als könnte es den kleinen getatelli , wie man die Waisenkinder von Santa Maria della Scala nannte, gar nicht schnell genug gehen, über die unsichtbare Leiter in den Schoß der Jungfrau Maria zu klettern.
    »Geschwollener Rachen?«, zischte Celestina Gemma im Vorbeigehen zu. »Weißgräulichlicher Belag? Und er schnappt nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen?«
    Gemma nickte beklommen.
    »Hast du auch genau hingesehen?«
    »Hab ich«, sagte Gemma. »Leider.«
    »Dann hält – die barmherzige Madonna sei uns armen Sündern gnädig! – auch ihn der Würgeengel der Kinder umklammert. Wo bleibt eigentlich dieser Apotheker?« Celestinas Stimme war schneidend geworden. »Ohne Marconis berühmte Pestwurzpillen werden wir sie womöglich noch alle verlieren.«
    Danach war sie schon wieder unermüdlich auf einer ihrer Runden, ausgerüstet mit feuchten Tüchern gegen das Fieber und einem Wassereimer, so flink und behände, dass das pummelige Mädchen, das die Becher mit dem Tee aus gestoßenem Antonikraut hinter ihr hertrug, kaum nachkam. Jeder, der hier arbeitete, tat dies so schnell und gut er nur konnte, doch im

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