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Die Sünderin

Die Sünderin

Titel: Die Sünderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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geblieben waren. Neben dem Wecker lag ein Walkman mit Ohrsteckern, dahinter ein Stapel Musikkassetten. Und vor den Kassetten stand ein Foto im Silberrahmen.
    Es war eine Amateuraufnahme. Sie zeigte zwei junge Mädchen, nebeneinander auf einem der Betten sitzend. Bei beiden Mädchen reichten die Haare bis in den Silberrahmen. Bei der einen waren sie weißblond, bei der anderen rötlich braun.
    Rudolf Grovian nahm das Foto auf und betrachtete es. Sein Hauptaugenmerk galt dem von rötlich braunem Haar umrahmten Gesicht Coras. Mit solch einem Lächeln hatte er sie noch nicht gesehen. Ernst, besorgt und liebevoll wirkte sie. Sie hatte einen Arm um die Schultern ihrer Schwester gelegt. Und Magdalena   …
    «Zwei sehr hübsche Mädchen», sagte er.
    «Hübsch waren sie beide», stimmte Grit Adigar zu. «Aber bei Magdalena ist das eine Untertreibung. Sie war eine Schönheit von der Art, die Männer um den Verstand bringt. Manchmal dachte ich, dass die Natur sämtliche inneren Defekte im Äußeren kompensierte oder mit diesen Defekten dafür sorgte, dass die Hülle nicht noch einen Mann ins Verderben reißt.»
    Sie seufzte, hob die Achseln an und lächelte dabei verlegen. «Man kommt auf seltsame Gedanken, wenn man so etwas hautnah erlebt. So muss Elsbeth als junge Frau ausgesehen haben. Kein Wunder, dass sie den Verstand verlor bei diesem Kind. Cora kommt mehr nach Wilhelm. Magdalena war das Ebenbild ihrer Mutter.»
    «Man sieht ihr nichts an von der Krankheit», stellte er fest.
    Grit Adigar lächelte erneut. «Teuflisch, nicht wahr? Ihre Herzfunktion war derart beeinträchtigt, dass der gesamte Körper aufgeschwemmt wurde. Zusätzlich versagten ihre Nieren. Und sie sah aus wie das blühende Leben. Nur die bläuliche Hautfarbe deutete darauf hin, dass etwas nicht in Ordnung war mit ihr. Bevor ich auf den Auslöser drücken durfte, hat Cora eine halbe Stunde lang mit ihren Make-up-Utensilien hantiert. Magdalena wollte sich nicht fotografierenlassen. Sie war sehr eitel und stimmte erst zu, nachdem Cora sie so zurechtgemacht hatte. Es ist das einzige Bild, das von ihr existiert. Ich habe es Anfang April aufgenommen, zwei Tage bevor sie das letzte Mal nach Eppendorf gebracht wurde. Da dachten wir noch, es ginge ihr besser als je zuvor. Sie hatte zugenommen. Ihr Gesicht war voller geworden, ihre Beine sahen auch nicht mehr aus wie Stelzen. Es war nur Wasser. Aber das haben wir erst später erfahren.»
    Er stellte das Foto zurück und drehte sich um. Über dem zweiten Bett war ein Regal angebracht, auf dem sich Buchrücken an Buchrücken reihte.
    «Die Bücher fanden wir damals im Schuppen», erklärte Grit Adigar. «Wilhelm hat das Regal erst nachträglich über Coras Bett angebracht und sie hier aufgestellt.»
    Es handelte sich überwiegend um medizinische Fachliteratur. Zwei Titel ließen auf den Bereich Psychologie schließen. Die Thematik war bezeichnend, religiöser Wahn und Selbstheilung durch Willenskraft.
    Dass Wilhelm im Schuppen noch ein kleines und sehr dünnes Buch gefunden hatte, in dem nur Zahlen standen, erwähnte Grit Adigar nicht. Mehr als dreißigtausend Mark! Wilhelm hatte gefragt: «Wie um alles in der Welt ist sie an so viel Geld gekommen?»
    «Seit sie sechzehn war, hat sie den größten Teil ihres Taschengeldes für diese Bücher ausgegeben», sagte Grit Adigar. «Wie oft habe ich sie am Abend aus dem Haus kommen sehen. Sie schlich zum Schuppen. Da verwahrte sie modische Kleidung, Lippenstift und dergleichen; Dinge, die Elsbeth nicht duldete und die für junge Mädchen so wichtig sind. Und ihre Bücher. Wenn sie in die Stadt ging, hatte sie sich umgezogen und ein bisschen geschminkt. Da hätte man denken können, jetzt zieht sie los, um sich zu amüsieren. Aber sie hatte meist einen von diesen Wälzern unter den Arm geklemmt. Und damit geht man nicht tanzen, auch nicht insKino oder in die Eisdiele. Sie hat sich nicht herumgetrieben. Dass sie sich samstags mit Horsti traf, kann man ihr kaum zum Vorwurf machen. Ein bisschen Freiheit brauchte sie doch, ein paar Stunden in der Woche für sich. Den Rest der Zeit war sie für ihre Schwester da.»
    Grit Adigar erzählte, dass Cora damals in einer Zeitschrift über Herztransplantation gelesen hatte, über die großen Erfolge, die man damit in den USA verzeichnete. Dass Cora häufig erklärt habe, eines Tages bringe sie Magdalena dorthin. Dass sie nicht begreifen wollte oder konnte, dass es mit einer Herztransplantation nicht getan war.
    «Wenn es nur das gewesen

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