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Die Sünderin

Die Sünderin

Titel: Die Sünderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Flasche Haarshampoo und etwas Obst. Drei Äpfel. Golden Delicious. Kein Messer. Er war ein bisschen verlegen, als er ihr die Tüte auf den Tisch legte.
    «Ich hoffe», sagte er, «Sie essen sie auch gerne, wenn Sie sie vorher nicht zerschneiden können.»
    Seine Verlegenheit machte ihn harmlos und menschlich. Die ersten Fragen, die er stellte, taten ein Übriges. Ob sie schon Besuch gehabt habe, wollte er wissen.
    «Mein Anwalt war einmal hier.»
    Und sonst sei noch niemand hier gewesen?
    Wer denn? Sie wusste, auf wen er abzielte. Gereon! Aber das Kapitel war abgeschlossen. Und es war fast, als hätte sie die Jahre mit ihm nur erfunden. Familie, Beruf, ein Kind, ein Haus, ein schönes Leben. Aus der Traum. Es hatte in ihren Geschichten immer nur ein dramatisches Ende gegeben und niemals eine Fortsetzung.
    Der Chef hatte noch einmal mit Margret gesprochen, davon erzählte er ihr. Er hatte den weiten Weg nach Buchholz erneut auf sich genommen, um sich nach Vaters Befinden zuerkundigen, weil er meinte, es interessiere sie vielleicht. Natürlich interessierte es sie, und es rührte sie beinahe zu Tränen, dass ein Feind eine derart großherzige und menschliche Regung zeigte.
    Margret war noch bei Vater. Der Chef richtete schöne Grüße aus und Margrets Betroffenheit über die Verlegung vom Untersuchungsgefängnis in die Landesklinik. Er wiederholte wörtlich, dass Margret gesagt hatte: «Um Gottes Himmels willen, holen Sie sie da raus, bevor sie wirklich den Verstand verliert. Haben Sie eine Ahnung, was Sie ihr antun?»
    Ganz offen sprach er darüber und war auch ehrlich dabei. Dass er leider keinen Einfluss darauf habe, gestand er. Es läge allein bei ihr. An ihrer Zusammenarbeit mit Professor Burthe. Ob sie dem Professor denn inzwischen von Magdalena erzählt habe.
    «Ja, natürlich», versicherte sie.
    Rudolf Grovian schüttelte den Kopf. Ihr Lächeln sprach Bände, ebenso gut hätte sie sagen können: «Ich habe ihn tüchtig angeflunkert.» Er legte ein wenig väterlichen Tadel in seine Stimme.
    «Frau Bender, Sie müssen ihm die Wahrheit sagen, damit er sich einen Eindruck verschaffen kann. Sie schaden sich nur, wenn Sie ihn belügen. Von seinem Gutachten hängt Ihre Zukunft ab.»
    Sie lachte leise. «Ich will keine Zukunft. Ich habe eine Vergangenheit, die reicht für hundert Jahre. Richten Sie Margret einen schönen Gruß von mir aus. Sie hat sich geirrt, es ist doch wie Urlaub. Man wird nicht braun dabei, aber sonst stimmt alles. Der Service ist hier nicht schlechter als in einem billigen Hotel. Alle sind nett, keiner meckert, und keiner erwartet ein Trinkgeld. Sehen Sie, tagsüber habe ich sogar ein Einzelzimmer. Ich sage Ihnen was: Wenn sich das rumspricht, kriegen Sie alle Hände voll zu tun. Dann sind Sie eines Tages froh, wenn Sie mir hier Gesellschaft leisten dürfen.Hier haben Sie Ihre Ruhe, das garantiere ich Ihnen. Ab und zu eine gepflegte Unterhaltung mit einem gebildeten Mann. Ansonsten können Sie sich Ihren Gedanken hingeben.»
    «Und welchen Gedanken geben Sie sich hin, Frau Bender?»
    Sie hob die Schultern. «Ach, das ist verschieden. Am liebsten denke ich, nicht ich hätte Frankie umgebracht, sondern seine Frau. Und ich hätte nur versucht, ihr das Messer wegzunehmen. Es wäre mir ehrlich gesagt lieber, wenn die kleinen Teufel sich später um meine Sünden gekümmert hätten. Ich bin nicht Pilatus.»
    Rudolf Grovian nickte. Er hatte Krach daheim, den ersten richtigen Krach seit zehn, zwölf oder fünfzehn Jahren. Als Mechthild zu toben begann, hatte er nicht einmal gewusst, wie lange es her war. Eine Höllenszene hatte sie ihm gemacht, als er beim Frühstück beiläufig gefragt hatte, ob er die Ersatzflasche Shampoo aus dem Bad mitnehmen könne und vielleicht noch eine Zeitung oder sonst was zum Lesen.
    Mechthild hatte ihn erstaunt und misstrauisch angeschaut. «Willst du Hoß den Kopf waschen und ihm etwas vorlesen? Oder was hast du sonst vor? Rudi, du willst ja wohl nicht etwa   …»
    Natürlich wollte er, er musste. Er hatte eine Menge erfahren bei seinem zweiten Besuch in Buchholz, viel mehr, als er zu hoffen gewagt hatte. Aber es reichte immer noch nicht, um die Verbindung herzustellen. Dazu fehlten ihm noch ein paar Bruchstücke. Und sie hatte diese Trümmer in ihrem Kopf. Das hatte er Mechthild begreiflich zu machen versucht.
    Da war es losgegangen, und geendet hatte es mit: «Fahr nur, fahr zu ihr, wenn du es nicht lassen kannst. Wenn du weg bist, ruf ich mal an, dass sie dich gleich

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