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Die Sünderin

Die Sünderin

Titel: Die Sünderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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erfunden.Behandelt worden seien ihre Verletzungen im Kreiskrankenhaus in Dülmen.
    Sie musste lächeln, als sie das sagte, wusste nicht einmal, ob es in Dülmen ein Kreiskrankenhaus gab. Manni Weber war in Dülmen geboren und aufgewachsen, seine Großmutter lebte noch dort. Vor einem Jahr hatte Manni Weber sie um ein paar Tage unbezahlten Urlaub gebeten. Seine Großmutter war gestürzt und lag mit einem Oberschenkelhalsbruch im Krankenhaus. Wo genau, hatte Manni Weber nicht gesagt.
    Der Staatsanwalt lächelte nicht. «Wir werden das überprüfen», sagte er.
    Sie dachte, er hätte sie nun endlich ein Geständnis unterschreiben lassen. Aber nein. Das müsse ja nun alles noch einmal neu aufgenommen werden, meinte er. Und am besten sei, damit zu warten, bis ihre Angaben überprüft wären. Ihr Geständnis könne sie dann vor dem Untersuchungsrichter ablegen und unterzeichnen.
    Kurz nach Mittag war sie wieder in ihrer Zelle. Den halben Nachmittag grübelte sie, wie sie dem Drama ein Ende setzen könne. Schließlich kam sie auf die Idee mit den Papiertüchern. Sie hatte keine, aber man gab ihr bestimmt ein Päckchen, wenn sie darum bat. Papiertücher waren so harmlos wie Eine-Runde-Schwimmen. Als das Abendessen gebracht wurde, fragte sie danach.
    «Haben Sie Schnupfen?», wollte die Wärterin wissen.
    Sie nickte und schniefte ein wenig. Die Wärterin sagte: «Ich bringe Ihnen gleich ein paar Tücher», und ging weiter.
    Sie aß ein bisschen, dabei fühlte sie sich noch gut, ohne Appetit, jedoch sonst in Ordnung. Nachdem sie das Tablett an die Seite geschoben hatte, kniete sie vor dem Bett auf dem Boden und faltete die Hände.
    Es war das erste Mal seit langer Zeit, und es ging nur, weil kein Kreuz da war. Einen unsichtbaren Erlöser um Vergebungder letzten Sünde zu bitten, war nicht so schwer. Sie sah dabei das blutige Gesicht des Mannes vor sich. Georg Frankenberg! Und sein Blick   … Er hatte ihr vergeben, das war sicher.
    Etwas in ihr war immer noch der festen Überzeugung, es sei gut und richtig gewesen, ihn zu töten. Dieses Etwas musste der Wahnsinn sein. Frankie, dachte sie. Ein zärtlicher Mann! Seit drei Wochen verheiratet. Bei ihr waren es drei Jahre. Die Drei war eine magische Zahl. Das wurde ihr mit einem Schlag bewusst, nur begriff sie nicht auf Anhieb, was an der Drei so bemerkenswert war. Als es ihr dann einfiel   …
    Es waren drei Kreuze auf Golgatha. Und die beiden Männer, die mit dem Erlöser gekreuzigt wurden, hatten den Tod verdient. Der in der Mitte dagegen war ohne Schuld gewesen.
    Es traf sie wie ein glühendes Eisen, bohrte sich zwischen die Schulterblätter und zog sie zusammen, kroch in den Nacken und weiter hinauf, stieß ins Hirn und brachte den gefrorenen Klumpen zum Tauen. Wie hatte sie das auch nur für eine Sekunde aus den Augen verlieren können? Der Erlöser war frei von jedem Makel gewesen, so rein und unschuldig, wie kein Mensch jemals sein konnte. Minutenlang zitterte sie wie in einem Krampf. Es war, als stünde Vater neben ihr: «Was hast du getan, Cora? Was hast du getan?» Und über Vaters Kopf schwebte das Kreuz mit dem schuldlosen Mann.
    Als es ihr endlich gelang, vom Boden aufzustehen, schlich sie zum Waschbecken. Als wenig später das Tablett abgeholt wurde, wusch sie sich immer noch die Hände und dachte nicht an Papiertücher. Die Wärterin hatte auch nicht daran gedacht.
     
    Rudolf Grovian hatte ein paar Stunden vom Sonntagnachmittag am Otto-Maigler-See verbracht. Nicht, um ihrer Empfehlung zu folgen, er fuhr auch nicht mit seiner Frau hin. Als er in seinen Wagen stieg, war Mechthild bereits aufdem Weg nach Köln. Sie hatte mit dem Mittagessen auf ihn gewartet, natürlich hoffte sie auch, dass er sie begleitete. Aber die Vorstellung, ein paar nutzlose Stunden in der Wohnung seiner Tochter zu verbringen, wo er bisher nicht einmal den Tatort gesehen hatte   …
    Nur war da nichts zu sehen außer dem Wasser und einem Volksauflauf. Da war auch nichts mit in der Sonne sitzen und die Umgebung oder die Atmosphäre auf sich einwirken lassen. Er war deprimiert, schwankte zwischen der eigenen Überzeugung und der Meinung, die Werner Hoß vertrat, dass Johnny, Tiger und Böcki nichts mit Georg Frankenberg zu tun hatten.
    Er saß auf dem platt getretenen Rasen und betrachtete die halb nackten Menschen, junge und alte, Männer, Frauen und Kinder. Ein älteres Paar ging Hand in Hand zum Wasser hinunter. Der Mann musste das Pensionsalter fast erreicht oder bereits überschritten

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