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Die Sünderin

Die Sünderin

Titel: Die Sünderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Nachmittag. Ute Frankenberg war noch nicht vernehmungsfähig. Man hatte ihn nicht zu ihr gelassen. Aber viel konnte sie ihm wohl ohnehin nicht sagen, wenn sie ihren Mann erst sechs Monate vor der Hochzeit kennen gelernt hatte.
    «Und ich glaube kaum», erklärte er mit einem kleinen Lächeln,«dass er mit seiner Frau über frühere Affären gesprochen hat.»
    Im Geist hörte er den Staatsanwalt noch einmal sagen: «Ihr Engagement in allen Ehren, Herr Grovian, aber ich muss Sie dringend bitten, nicht so einseitig zu ermitteln. Gehen wir lieber davon aus, dass die Frau ihr Opfer wirklich nicht kannte.»
    Sie musste ihn gekannt haben! Er hatte in den beiden Tagen ein paar Details zusammengetragen, die dafür sprachen. Es Beweise zu nennen wäre übertrieben gewesen. Fakten, das traf es eher. Und zu diesen Fakten gehörte auch die Leiche eines jungen Mädchens.
    Es gab tatsächlich eine – mit zwei gebrochenen Rippen! Eine Vermisstenmeldung in Buchholz für die fragliche Zeit gab es nicht. Aber sie hatte ja gesagt, sie habe das Mädchen nie vorher in Buchholz gesehen. Die Vermisstenmeldung konnte überall liegen. In Lüneburg gab es nur die Unterlagen über eine unbekannte Tote – fünfzehn bis höchstens zwanzig Jahre alt.
    Im August vor fünf Jahren hatte man ihre skelettierte Leiche in der Nähe eines militärischen Sperrgebiets in der Lüneburger Heide gefunden. Die Todesursache war nicht mehr feststellbar gewesen. Keine Schädelverletzung, Kehlkopf und Zungenbein intakt. Die Rippenbrüche konnten nach Ansicht der zuständigen Gerichtsmediziner später erfolgt sein; Tiere als Verursacher. Das kam häufiger vor.
    Die Leiche musste mindestens drei Monate im Freien gelegen haben. Nackt! Kleidungsstücke waren bei ihr nicht gefunden worden. Auch sonst nichts, was der Identifizierung hätte dienen können. Man hatte es mit Aufrufen in der Presse versucht, ohne Erfolg. Die zuständigen Kollegen gingen von einer Anhalterin aus. Aber wenn man in Erwägung zog, dass Cora Bender und ihre hilfsbereite Tante um die Wette geschwindelt hatten, war es durchaus denkbar, dass essich um das Mädchen aus dem Keller handelte. Man brauchte nicht viel Phantasie, nur etwas Menschenkenntnis, Intuition und ein gutes Gedächtnis, das beiläufig hingeworfene Sätze registrierte und ihnen im entscheidenden Moment die richtige Bedeutung beimaß.
    Vorausgesetzt, Cora Bender hatte sich schon im Mai und nicht erst im August zu einer Fahrt mit Johnny und seinem kleinen, dicken Freund überreden lassen, dann kam es hin. Und irgendwie war es doch sonderbar, wie sie und ihre Tante auf dem August herumgeritten waren.
    Er hatte vor, sich ans BKA zu wenden und sämtliche Vermisstenfälle der fraglichen Zeit überprüfen zu lassen. Mit einem Namen wäre es wesentlich einfacher gewesen.
    Zwei Namen hatte er am Montagmorgen von Winfried Meilhofer erfahren. Ottmar Denner und Hans Böckel. «Sa gen Ihnen die Namen etwas, Frau Bender?»
    Sie schüttelte den Kopf. Er lächelte weiter. Immer nur lächeln, freundlich sein und Rätsel raten, warum sowohl sie als auch ihre Tante den August als Quelle des Übels nannten. Weil sie von dem Leichenfund wussten! Darauf hätte er einen Eid abgelegt. Weil sie damit nicht in Verbindung gebracht werden wollten, weil sie alles Mögliche und Unmögliche befürchteten, wenn die Verbindung hergestellt wurde. Weil! Wenn! Und hundert Fragezeichen.
    «Mir aber!», sagte er. «Hans Böckel gleich Böcki. Ottmar Denner könnte der Tiger sein. Denner war der Komponist in der kleinen Band, hat man mir erzählt. Und Komponisten setzen sich gerne ein Denkmal. Ein Stück auf dem Band heißt ‹Song of Tiger›. Erinnern Sie sich? Sie haben es als Ihr Lied bezeichnet.»
    Der Staatsanwalt hatte ihn ausgelacht. Böcki und Tiger, so ein Quatsch! Das hatte ebenso viel Wert wie das Kreiskrankenhaus Dülmen. Und sie schüttelte nur wieder den Kopf. Er sprach unbeirrt weiter. «Interessant erscheint mir auch, dassOttmar Denner aus Bonn stammt. Er hat zusammen mit Georg Frankenberg in Köln studiert und während seiner Studienzeit noch daheim gelebt. Er fuhr zu der Zeit einen silberfarbenen V W-Golf GTI, das Kennzeichen begann logischerweise mit BN. Wir bemühen uns im Augenblick, seine derzeitige Anschrift in Erfahrung zu bringen. Aber das ist nicht einfach. Es sieht so aus, als sei er ins Ausland gegangen. In die Entwicklungshilfe.»
    Er hatte mit Ottmar Denners Eltern gesprochen, vor ein paar Stunden erst. Und keine Auskunft erhalten.

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