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Die Sünderin

Die Sünderin

Titel: Die Sünderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Ausbruch wirkte auf ihn befreiend. Er blieb unverändert freundlich, erkundigte sich, ob sie lieber mit einer Frau reden möchte, statt mit einem Mann. Vielleicht könne er da etwas für sie erreichen. Sie antwortete ihm nicht mehr.
    Er wollte sich verabschieden und ging auf die Tür zu mit den Worten: «Ich kann nicht verhindern, dass ein psychologischer Sachverständiger hinzugezogen wird. Das ist eine Entscheidung des Staatsanwalts. Und ich finde, es ist eine gute Entscheidung.»
    Damit brach das Eis endgültig.
    «Sie finden!», fauchte sie ihn an und stellte sich ihm in den Weg. «Ihnen ist auch jedes Mittel recht. Zuerst setzen Sie mich mit meiner Familie unter Druck und jetzt mit Ihrem verfluchten Sachverständigen. Bilden Sie sich ein, der bekäme mehr aus mir raus als Sie? Ich weiß, was Sie hören wollen. Bitte schön, das können Sie haben. Sparen wir dem Staat ein paar Mark. So ein Sachverständiger will ja bezahlt werden. Und er hat bestimmt einen anderen Stundenlohn als ein Installateur. Es soll doch später nicht heißen, ich hätte unnötige Kosten verursacht.»
    «Sie müssen mir nichts sagen, Frau Bender.»
    Sie stampfte mit dem Fuß auf. «Jetzt will ich aber, verdammt nochmal. Jetzt will ich, und Sie werden mir zuhören. Wollen Sie mitschreiben, oder können Sie sich das so merken? Frankies Vater hat Sie nicht belogen. Ich habe Frankie nicht im Mai kennen gelernt, das war später. Vielleicht war es im August, ich weiß es nicht mehr genau. Ich hing schon eine Weile an der Nadel, war ständig im Tran und habe nicht auf den Kalender geachtet.»
    Sie schniefte und tupfte mit den Fingerspitzen unter ihre Augen. «Haben Sie vielleicht ein Päckchen Papiertücher fürmich? Ich habe hier schon darum gebeten, aber die haben es vergessen. Vielleicht kostet es was, ich habe kein Geld dabei.»
    Er kramte in seinen Taschen, fand ein angebrochenes Päckchen und reichte es ihr. Sie nahm eins der Tücher heraus, tupfte damit flüchtig die Augen ab und steckte es sorgfältig zurück zu den anderen. Dabei lächelte sie ihn an. «Danke. Und entschuldigen Sie, wenn ich ein bisschen laut geworden bin. Es war nicht so gemeint. Ach, Quatsch, natürlich war es so gemeint. Es ist ein beschissenes Gefühl, wenn man nicht einmal mehr das Recht hat, den eigenen Dreck unter dem Teppich zu lassen. Es ist ein großer Haufen Dreck, das sage ich Ihnen lieber gleich.»
    Er lächelte ebenfalls. «Ich habe bestimmt schon größere gesehen.»
    Sie zuckte mit den Achseln. «Mag sein, aber ich nicht.» Dann strafften sich ihre Schultern. «Also», begann sie, «es war wahrscheinlich im August. Ich habe zuerst Mai gesagt, weil ich mich geschämt habe. Ich habe mich nämlich gleich am ersten Abend mit ihm eingelassen und mich an ihn rangehängt wie eine Klette. Er hatte Stoff, und er hatte Geld genug, um mich regelmäßig mit dem Zeug zu versorgen. Da brauchte ich mir darum selbst keine Gedanken mehr zu machen. Als Gegenleistung verlangte er, dass ich mit ihm schlief. Das war in Ordnung, das habe ich freiwillig getan. Aber nach ein paar Wochen wollte er, dass ich auch mit seinen Freunden schlafe.»
    Sie lachte bitter. «Ich hab’s getan. Ich hab alles getan, was er von mir verlangte. Er wollte zusehen, zusammen mit dem Mädchen. Ich weiß nicht, wie sie hieß, wirklich nicht. Aber das ist auch gar nicht wichtig. Es war so eine dämliche Kuh, die er sich von zu Hause mitgebracht hatte. Er hat ihr nichts getan. Er hat sie bestimmt nicht geschlagen. Ich habe mir nur gewünscht, dass er es tut. Er war sehr verliebt in sie undwollte ihr zeigen, was für ein toller Kerl er ist, dass er alles mit mir machen kann.»
    «War das auch im August?»
    Sie schüttelte den Kopf. «Nein, im Oktober.»
    «Und wo waren Sie mit ihm? Daheim waren Sie nicht.»
    Wieder schüttelte sie den Kopf. «Ich war mal hier, mal da. In Hamburg oder Bremen, meist habe ich auf der Straße geschlafen. Manchmal hat er mir Geld gegeben für ein Zimmer. Er kam am Wochenende, dann sind wir rumgezogen. Und einmal waren wir in diesem tollen Haus. Das war an dem Abend, als es passiert ist.»
    «Was genau ist denn passiert?» Er wusste nicht, ob er ihr glauben durfte. Sie sprach ruhig und beherrscht, mit einem Unterton von Resignation. Es klang nach Wahrhaftigkeit.
    «Ich war schwanger von ihm. Und er sagte, wenn ich tue, was er will, besorgt er einen guten Arzt, der alles in Ordnung bringt. Ich habe ein bisschen geheult, aber ich wusste, dass es nicht viel Sinn hatte. Also habe

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