Die Sünderinnen (German Edition)
Pielkötters Miene zeigte sich der Ansatz eines Schmunzelns, was selten genug vorkam. »Ich erinnere mich noch gut, als ich zum ersten Mal hier war«, erklärte er. »Kurz nach der Versetzung von Münster nach Duisburg. Karl-Heinz Tiefenbach hat mich hierher geschleift. Proppevoll war der Laden. Die Leute stehen in einer Traube um die Theke, und Elli ruft in die Menge: Wo kommt die Pommes? Und einer aus der Menge ruft zurück: Ich! Seltsamerweise war ich wohl der Einzige, der das komisch fand. Selbst Tiefenbach hat keine Miene verzogen.«
»Is schon ne Welt für sich, der Pott«, grinste Barnowski.
Urplötzlich verfinsterte sich Pielkötters Miene wieder. »Leider eine, in der kurz hintereinander drei grauenvolle Morde passieren konnten.«
»Eindeutig derselbe Täter?«
Pielkötter schwieg, was nach Barnowskis Erfahrung einer Bestätigung gleichkam. Während er den heißen Kaffee trank und gelegentlich in die dick mit Senf bestrichene Bulette biss, informierte er seinen Mitarbeiter über die Einzelheiten. Nur zwei Details sparte er sich für den Schluss auf.
Plötzlich schrie einer der beiden Jugendlichen auf. Offensichtlich aus Freude, er hatte wohl gewonnen. Während die Männer sich umsahen, näherte sich Elli mit den belegten Brötchen.
»Noch nen Tässken Kaffee dazu?«
»Gute Idee«, erwiderte Barnowski.
Pielkötter nickte. Er überlegte, mit welcher Neuigkeit er zuerst auftrumpfen sollte. Aber war es wirklich ein Trumpf, dass ihre dritte Tote das Opfer des Überfalls im Wald war?
Voller Genuss biss Barnowski in sein Leberwurstbrötchen. Nur gut, dass Gabriela nicht alles mitbekam. Auf einen Vortrag über gesunde Lebensweise konnte er um diese Stunde wahrlich verzichten.
»Übrigens handelt es sich bei dem Opfer um Marion Karsting.«
Barnowski verschluckte sich fast an dem letzten Bissen. »Das ist ein Hammer. Dann ist sie auf ihrem Sonntagsspaziergang also doch ganz gezielt angegriffen worden.«
»Vorsicht«, warnte Pielkötter. »Immerhin könnte es sich auch um einen dummen Zufall handeln.«
»Sehr unwahrscheinlich.«
Pielkötter ging nicht weiter darauf ein. Während er seinem Mitarbeiter geradewegs in die Augen sah, zuckten seine buschigen Augenbrauen. Jetzt kommt’s, dachte Barnowski, der diese Geste bestens zu deuten wusste.
»Sie werden es kaum glauben, aber Marion Karsting war genauso in psychologischer Behandlung wie Barbara Winkler, das erste Opfer. Und genau einmal dürfen Sie raten, bei wem?«
»Mark Milton«, entfuhr es Barnowski ebenso automatisch wie ungläubig. Er starrte auf Pielkötters Finger, die nun heftig auf die leicht mit Senf beschmierte Tischplatte klopften. Immerhin konnte er sich jetzt einen Reim auf Pielkötters relativ freundliches Gehabe machen. Mit diesem dritten Mord rückte erstmalig ein möglicher Täter ins polizeiliche Visier. Sein Chef machte sich also durchaus berechtigte Hoffnung auf einen Ermittlungserfolg. Keine voreiligen Schlüsse, hätte er seinem Vorgesetzten am liebsten erklärt, wollte ihm jedoch nicht die gute Laune verderben, von der letztendlich er und alle anderen Mitarbeiter profitierten.
»Wir müssen so schnell wie möglich herausfinden, ob auch Eva Maria Garden Miltons Patientin war«, erklärte Pielkötter ungeduldig. »Am besten kümmern Sie sich gleich heute Morgen darum. Diesen sauberen Psychologen würde ich mir zu gerne sofort vorknöpfen, aber vorher will ich wissen, ob er die Garden kannte. Außerdem werden wir uns etwas näher mit seiner Vergangenheit beschäftigen. Ich muss alles über ihn wissen. Alles. Selbst ein Strafzettel für falsches Parken darf uns nicht verborgen bleiben!«
»Wenn die Garden aber gar nicht zu seinen Patienten gehörte?«, wandte Barnowski ein und leckte sich den letzten Rest Leberwurst aus dem rechten Mundwinkel.
»Dann wäre das sehr unlogisch. Und wenn ich mich auf eines verlasse, dann auf die Logik.«
»Na, dann werde ich wohl rauskriegen müssen, was Sie ohnehin schon wissen.«
»Was ist eigentlich bei dem Gespräch mit Miltons Frau herausgekommen?«, fragte Pielkötter, während er Barnowski mit einem missbilligenden Blick bedachte. »Oder haben Sie sie gestern Abend wieder nicht erreicht?«
»Doch, schon, aber irgendwie ist das jetzt durch den dritten Mord etwas in Vergessenheit geraten. Ich hätte Ihnen schon noch davon erzählt.«
»Und?«
»Die Dame war im Moment nicht gerade gut auf ihren Mann zu sprechen. Wenn Sie mich fragen, stehen die kurz vor der Trennung, auch wenn sie das nicht
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