Die Sumpfloch-Saga Bd. 1 - Feenlicht und Krötenzauber
jedenfalls so, als hätten sie nie ein Wort miteinander geredet.
Geicko war es, der an einem späten Nachmittag, als zahlreiche Vogelschwärme über Sumpfloch hinwegflogen, aus einem Fenster des eingefallenen Turms schaute und sah, wie Thuna in den Wald rannte.
„ He, Lisandra!“, rief er. „Guck mal raus, das ist doch deine Freundin, oder?“
Lisandra kletterte auf allen Vieren über eine wackelige Holzplanke und schaute aus dem Fenster, das ihr am nächsten war. Sie sah gerade noch, wie Thuna unter den Bäumen verschwand.
„ Ist die verrückt?“, rief Lisandra. „Warum macht sie das?“
„ Da sind Hunde!“, rief Geicko von seinem Fenster. „Oder Wölfe! Sie rennt vor ihnen weg!“
Jetzt sah Lisandra es auch: Da kamen riesige Hunde von allen Seiten, die hinter Thuna in den Wald stürzten. Sie traute ihren Augen kaum.
„ Ich muss ihr helfen!“, rief sie und sprang von ihrem Fenster hinab.
Es war nicht leicht, aus dem abgesperrten Turm ins Freie zu kommen in so kurzer Zeit. Lisandra holte sich viele blaue Flecken und Schrammen und Geicko wahrscheinlich auch, denn er folgte Lisandra in der gleichen Geschwindigkeit. Als sie draußen waren, nahmen sie eine Abkürzung an der Außenseite des Gebäudes entlang, kletterten in den Garten und durchquerten ihn in Richtung Wald. Im hinteren Teil, wo nur das weiche, blaugrüne Gras wuchs, war der Boden zertrampelt und aufgewühlt.
„ Was war hier bloß los?“, fragte Lisandra. „Da! Ich sehe die Spuren der Hunde!“
Die großen Hunde hatten so deutliche Abdrücke in der nassen Erde hinterlassen, wie es normalerweise nur Pferde im Galopp tun. Lisandra und Geicko folgten der Spur und fanden ein Tor in der Mauer des Gartens, das aus den Angeln gerissen war. Die Hundespur führte hindurch und hier fanden sie auch den Weg, auf dem Thuna in den Wald gelaufen war.
Ohne zu zögern folgten sie ihm, obwohl ihnen schon die dumpfe, feuchte Luft des Waldes entgegenschlug, ein Geruch, vor dem man sie gewarnt hatte, seit sie in Sumpfloch angekommen waren.
„ Geht nicht in den Wald!“, hatte Wanda Flabbi gesagt. „Wir haben dort schon viele Schüler verloren. Der Wald ist unberechenbar und voller böser Geschöpfe!“
Doch Thuna war in den Wald geflohen und Lisandra musste ihr helfen. Geicko wiederum hatte keine Angst vor dem Wald. Es war nur ein weiterer dunkler Ort voller Gefahren. Solche Orte kannte er zu gut.
Was war an diesem Nachmittag mit Thuna passiert? Eigentlich hatte sie nur in der Bibliothek am Fenster gesessen und in den Garten hinabgeschaut. Sie liebte diesen Garten, vor allem den Teich, und hielt sich gerne dort auf. Doch sie traute sich nicht in den Garten, wenn Lars, der Gärtnerjunge, dort war. Und er war oft dort! Natürlich wusste Thuna, dass das dumm von ihr war. Denn sie mochte Lars ja sehr gern, nur irgendwie konnte sie sich nicht überwinden, noch einmal mit ihm zu sprechen, ja, ihm überhaupt zu begegnen. Sie war einfach zu schüchtern. Deswegen spähte sie immer so lange in den Garten, bis Lars mit seiner Arbeit fertig war. Und erst wenn er mit all seinen Geräten im Haus verschwunden war, verließ Thuna ihren Platz, um ihrem Lieblingsteich einen Besuch abzustatten.
So hatte sie es auch heute getan. Doch diesmal hatte sie nicht gut genug aufgepasst. Lars kam zurück in den Garten, er hatte nur einen Eimer mit Zuckersaft geholt, um damit die Duftmotten im Medizingarten zu füttern.
„ Hallo!“, rief er Thuna zu, die am Teich saß und ihn nicht hatte kommen hören. „Immer noch auf der Suche nach dem Geheimnis des Leuchtens?“
„ Wie?“, fragte Thuna, die vor Überraschung fast ins Wasser gefallen wäre. „Ach, du meinst … den Teich?“
„ Ja, du hattest doch von dieser Fee geträumt“, sagte Lars.
Er hatte wirklich ein sehr freundliches Gesicht, graublaue Augen und diese goldblonden Haare. Niemals, dachte Thuna, wird er mich hübsch finden.
„ Die Fee, ja“, hörte Thuna sich stottern. „Damit beschäftige ich mich schon lange nicht mehr.“
„ Warum nicht?“, fragte Lars und stellte seinen Eimer mit Zuckersaft ins Gras. Er kam doch tatsächlich näher, um mit Thuna zusammen auf das dunkelblaue Wasser zu schauen. „Ich finde, man kann sich nicht genug Gedanken darüber machen“, sagte er.
Thuna überlegte schon fieberhaft, wie sie sich nun entschuldigen und davonlaufen könnte. Doch alles, was ihr einfiel, war die Sache mit den Gestirnen. Vielleicht konnte Lars ihr weiterhelfen?
„ Es hängt vielleicht
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