Die Sumpfloch-Saga Bd. 3 - Nixengold und Finsterblau
Reiches.“
„Mit einer Kaiserin?“ Marias Stimme überschlug sich fast. „Bin ich jetzt vollkommen durchgedreht vor Panik oder was redest du da?“
„Nein, Maria, das ist alles ganz einleuchtend“, erklärte Thuna in einem beschwichtigenden Tonfall. „Die letzte Kaiserin war ein Kind. Ein Mädchen, ungefähr in unserem Alter. Der General war ihr treu ergeben. Sie taucht in den meisten Geschichtsbüchern nicht auf, weil sie nur drei Wochen regierte. Außerdem war sie krank.“
„Krank? Was hatte sie denn?“, fragte Maria mit einem ängstlichen Seitenblick auf das Gespenst. Der General kniete immer noch vor ihr, doch er hielt den Kopf nicht mehr gesenkt. Seine Augen blickten zu Maria auf und wenn Maria nicht alles täuschte, dann hörte er ihnen aufmerksam zu.
„Sie war geistig verwirrt.“
Nun wanderten die Augen des Generals eindeutig zu Thuna hinüber. Er sah nicht zufrieden aus.
„Sagt man“, berichtigte sich Thuna schnell. „Wahrscheinlich war es nur üble Nachrede.“
General Kreutz-Fortmanns Gesichtszüge entspannten sich. Er schaute wieder zu Maria auf, als würde er auf etwas warten.
„Soll ich das nehmen?“, fragte Maria und zeigte auf den abgebrochenen Säbel zu ihren Füßen.
Das Gespenst nickte. Daraufhin ging Maria langsam in die Knie und wollte ihre Hand nach dem Säbel ausstrecken.
„Warte!“, rief Thuna, als Maria ihn fast berührt hatte. „Wir wissen nicht, welche Bedeutung es hat, wenn du den Säbel nimmst!“
„Bedeutung?“, fragte Lisandra. „Ist doch egal, was es bedeutet. Hauptsache, er wird nicht sauer!“
„Nein, nein, Lissi! Er tritt in ihre Dienste, wenn sie den Säbel annimmt! Das ist kein Witz und keine Kleinigkeit!“
„In ihre Dienste!“, rief Lisandra. „Das ist doch toll! Dann kann sie ihm befehlen, dass er mich unterrichten soll, und er muss es tun. Sie sagt ihm, dass er uns kein Leid zufügen darf, und er wird es tun. Was gibt es da noch zu überlegen?“
„Es ist kein Sklavenverhältnis, sondern ein Dienstverhältnis, Lissi! Beide Seiten übernehmen Pflichten. Und wir wissen nicht, welche Pflichten Maria damit übernimmt!“
Maria hörte den beiden gar nicht richtig zu. Sie war zu gerührt von dem Blick des Generals, der so treu und verloren und innig war. Anders konnte sie es nicht beschreiben. Dieser Blick besagte, dass Maria niemals ein Leid geschehen durfte und dass er sie unter allen Umständen zu beschützen wünschte. Wie sollte sie dieses Angebot ablehnen? Wo es doch sein größter Wunsch zu sein schien, dass sie ihm vertraute? Ohne weiter nachzudenken, streckte Maria ihre Hand aus und nahm den Säbel an sich.
„Danke, Herr General“, sagte sie und umschloss dabei den alten Säbelgriff mit beiden Händen. „Sie können sich jetzt zurückziehen.“
Der General nickte ergeben und stand wieder auf. Maria schluckte. Sie hatte ganz vergessen, wie groß er war. Nun schaute er gespenstisch auf sie herab, verzog seinen ausgedörrten Mund zu einem schwachen Lächeln und wandte sich ab. Mit langen Schritten entfernte er sich von ihnen und verschwand in der Düsternis eines anderen Flurs. Nur das Hallen seiner Stiefelabsätze war noch zu hören, ein gespenstisches Klack-klack, das immer leiser wurde und dann verwehte.
„Wahnsinn!“, rief Lisandra in die Stille hinein.
„Ja, wahnsinnig seid ihr, alle beide!“, klagte Thuna. „Hoffentlich haben wir jetzt nicht eine Riesenkatastrophe angerichtet!“
„Wieso denn? Also, ich fand ihn ganz nett!“
„Lissi!“
„War sie nun geistig verwirrt oder nicht?“, fragte Maria leise. „Die letzte Kaiserin?“
„Sie war … na ja, sie soll komplett verrückt gewesen sein!“
„Oh.“
Thuna legte ihren Arm um Marias Schulter.
„Was soll’s, machen wir uns keine Gedanken mehr darüber. Gehen wir lieber in den Hungersaal. Mein Magen braucht etwas Festes!“
„Stellt euch vor, meiner auch“, sagte Lisandra.
Maria ließ sich von den beiden Freundinnen mitziehen. Ihr ging der Blick des Generals nicht mehr aus dem Kopf. Es war so, als ob er ganz genau wüsste, wer sie war. Dabei konnte er es doch gar nicht wissen!
Kapitel 6: Teppich-Konferenz
Gerald hatte nicht nur einen Riss in der Hose, sondern auch einen Spinnenbiss an der rechten Hand, der sich in der Nacht so entzündete, dass er bei Estephaga Glazard auf der Krankenstation verarztet werden musste. Am nächsten Morgen war Geralds Hand dick verbunden und er selbst war wesentlich blasser als sonst. Lisandra hatte trotzdem keine
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