Die Supermarkt-Lüge
Tonnen im Jahr 2003.
Offiziell ist das überaus beliebte Monosodiumglutamat so unbedenklich wie Salz und Pfeffer. Keine Behörde warnt davor, unzählbare Studien belegen die absolute ÂUnbedenklichkeit des Geschmacksverstärkers. Tatsächlich ist natürliches Glutamat als Salz der Glutaminsäure (eine der 20 Aminosäuren) ein körpereigener Stoff, natürlich findet es sich in Tomaten, in Huhn, Parmesan und Roquefort.
Wer die Symptome des »China-Restaurant-Syndroms« allerdings schon einmal am eigenen Leib erfahren hat, mag an diesen Studien zweifeln. Ist das wirklich keine Unverträglichkeit, sondern eine »Verlegenheitsdiagnose für eine Vielzahl von Erkrankungen«, wie es zuweilen heiÃt?
Die â wenigen â Mahner unter den Wissenschaftlern urteilen jedenfalls nicht gerade schmeichelhaft über MSG: »Glutamat ist ein Nervenzellgift«, warnte der Heidelber ger Professor Konrad Beyreuther. Ein Toxin, das auch bei der Entstehung von Parkinson oder Alzheimer eine Rolle spielen könnte. US-Experten wie Dr. Russell L. Blaylock, Dr. Georges R. Schwartz und Dr. John Olney kommen zu derselben Erkenntnis, berichten von spontanen Asthmaanfällen und erklären, dass vermehrte Glutamat-Zufuhr zu verfetteten, teilweise grotesk deformierten Versuchstieren in ihren Laboren führte. Blaylock wurde durch sein Buch The taste that kills bekannt und vertritt die These, dass MSG besonders in Kombination mit dem SüÃstoff Aspartam auf mittlere bis lange Sicht zu degenerativen Erkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson führt.
Ein spanisches Forscherteam fand 2005 heraus, dass Glutamat bei Ratten den Appetit massiv verstärkt, gemessen wurde ein Appetitzuwachs von 40 Prozent. Auch der Kieler Professor Michael Hermanussen hat festgestellt, dass Glutamat zu HeiÃhunger führen kann, weil es den Speichelfluss anregt â der Appetit zieht mit. Wer Glutamat verzehrt, isst also mehr und nimmt zwangsläufig zu. Es ist der »Chipstüten-Effekt«.
Doch es gibt gewichtige Gegenmeinungen: Peter Stehle, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), unterstreicht die Harmlosigkeit von Glutamat. Mit einer Forschergruppe hat er im Jahr 2006 ein Konsensuspapier veröffentlicht, nach dem täglich sechs Gramm Glutamat pro Kilogramm Körpergewicht unbedenklich seien. Rechnen Sie es ruhig einmal auf Ihr Körpergewicht um, Sie werden feststellen, dass Sie sich nach dieser Meinung den halben Tag ohne jede Nebenwirkung nur von Glutamat ernähren könnten.
Fest steht auch: Die MSG-Liga ist ein potenter Sponsor. Statt über FuÃballspielen oder Musikfestivals schüttet sie ihre Millionen am liebsten zu Forschungszwecken aus. Viele der gesponserten Gutachten bezeugen die Unbedenklichkeit des Produkts. Die Förderung von Forschung durch die Wirtschaft gehöre zum akademischen Alltag und habe keinen Einfluss auf das Forschungsergebnis, pflegen die Gesponserten auf kritische Fragen zu antworten. Auch beliebt ist das Pro-Glutamat-Lobbying im Internet, wo sich gehäuft ironische bis beleidigende ÃuÃerungen über Glutamat-Skeptiker finden. Gute PR-Agenturen bieten ihren Kunden seit Jahren positive Blogs, gute Bewertungen auf Websites und permanent positive Kommentare allerorten als Service an.
Und MSG verfügt über exzellente Marketingspezialisten: » Umami « gilt inzwischen offiziell als »der fünfte Geschmack«. Anfang des 20. Jahrhunderts soll Umami von Professor Kikunae Ikeda in Japan entdeckt worden sein. In dessen Akten muss der fünfte Geschmack lange geschlummert haben â Schlagzeilen machte er lediglich in den letzten Jahren. Das Wort selbst stammt aus dem Japanischen und heiÃt soviel wie schmackhaft oder lecker. Professor Ikeda hat den Glutamat-Geschmack selbst auf »lecker« getauft. Besser hätte das auch kein moderner PR-Spezialist hinbekommen.
Würden wir auf süÃ, sauer, salzig oder bitter verzichten wollen? Natürlich nicht. Und wie könnte ein Stoff schädlich sein, für den unsere Zunge einen eigenen Rezeptor besitzt? Kurios, dass praktisch nur ein Stoff auf der gesamten Welt in Reinform nach Umami schmeckt: Glutamat.
Unabhängig von gesundheitlichen Aspekten bleibt eine andere Frage: Glutamat und andere Geschmacksverstärker ermöglichen es der Lebensmittelindustrie, billigen, minderwertigen Zutaten Aroma einzuhauchen. Dem Verbraucher wird ein Geschmack
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