Die Supermarkt-Lüge
Enzyme sind nämlich in der Lage, die Azofarbstoffe in ihre Ausgangsverbindungen aufzuspalten. Und schlieÃlich stehen diese Farbstoffe in Verdacht, bei Kindern an der Entstehung von ADHS beteiligt zu sein.
Diese Gefährdung hat mittlerweile auch die EFSA anerkannt, denn seit Juli 2010 ist der Warnhinweis »kann ÂAktivität und Aufmerksamkeit von Kindern beeinträchtigen« für die rotfärbenden Azofarbstoffe Tartrazin (E 102), Gelborange S (E 110), Azorubin (E 122), Allurarot (E 129) oder Cochenillerot A (E 124) obligatorisch.
Eine merkwürdige Entscheidung: Die Lebensmittelbehörde dekretiert die Farbstoffe für ungefährlich, erklärt aber gleichzeitig durch die Verpflichtung zum WarnÂhinweis, dass diese Substanzen das Wohlbefinden von Kindern beeinträchtigen können.
Azofarbstoffe finden sich häufig in SüÃigkeiten, die speziell für Kinder entwickelt wurden, etwa SchaumÂzuckerbonbons, Gummibonbons, Schokodragees und Brausepulver.
Kurz bevor der erwähnte Hinweis verpflichtend wurde, änderten viele Hersteller, zum Beispiel Haribo, ihre RezepÂturen. Denn den obigen Warnhinweis auf SüÃigkeiten für Kinder zu drucken, wäre dem Markenimage vielleicht doch abträglich gewesen. Seit Einführung des Warnhinweises jedenfalls leuchten die Gummibärchen nicht mehr ganz so rot, kommen jedoch ohne Azofarbstoffe aus.
Das zeigt einerseits, dass Firmen sehr wohl auf Zusatzstoffe verzichten können, und andererseits, dass nur eine strenge Verpflichtung zu wahrheitsgemäÃer Verbraucherinformation die Hersteller zum Verzicht bewegen kann. Denn selbstverständlich wurden die Wirkungen der Azofarbstoffe bereits jahrelang diskutiert, ohne dass die Hersteller ein schlechtes Gewissen geplagt hätte.
Sie möchten, dass Ihr Kind Azofarbstoffe gänzlich meidet? Dann ist es mit einem Blick auf die Zutatenlisten im Supermarkt leider nicht getan, denn diese Zusatzstoffe werden auch in Konditoreien und Restaurants genutzt â auch in solchen der vermeintlich besseren Klasse. Nur wer selbst auf Basis von frischen Zutaten kocht und backt, kann Azofarbstoffe vermeiden.
Wie neutral sind Experten, die über Additive richten?
Trotz der eben genannten Risiken sind alle Zusatzstoffe, die sich heute in unseren Nahrungsmitteln finden, von der europäischen Lebensmittelbehörde EFSA für harmlos erklärt worden. Gerüchte über den Einfluss diverser ÂLobbys der Lebensmittelindustrie auf die Entscheidungen der Kontrollbehörden gab es schon immer. Seit 2010 existieren diesbezüglich auch harte Fakten, wie das ÂBeispiel Bánáti zeigt: Die ungarische Professorin Diána Bánáti wurde laut EFSA im Juni 2006 für eine Amtszeit von vier Jahren als Mitglied des EFSA-Verwaltungsrats ernannt und 2010 für eine zweite vierjährige Amtszeit wiederberufen. Im Oktober 2010 wurde sie zur Vorsitzenden des Verwaltungsrats gewählt.
Nun bekleidete Frau Bánáti gleichzeitig einen hohen Posten beim International Life Sciences Institute (ILSI), laut seiner Selbstdarstellung eine »gemeinnützige, weltweit tätige Stiftung, gegründet im Jahr 1978, um das ÂVerständnis für wissenschaftliche Fragen in Bezug auf ÂErnährung, Lebensmittelsicherheit, Toxikologie, Risikobewertung und Umwelt zu fördern«.
So vertrauensvoll das zunächst klingt â finanziert wird die ILSI-Stiftung von Monsanto, BASF, Bayer, Nestlé und anderen Akteuren der Chemie- und LebensmittelindusÂtrie, also von Unternehmen, die beträchtliches EigenÂinteresse an EFSA-Entscheidungen haben.
Beim ILSI wehrt man sich gegen die Behauptung, man sei aufgrund der einseitigen Finanzierung als Lobby-ÂOrganisation einzustufen. Freilich beschloss die WeltÂgesundheitsorganisation WHO schon im Jahr 2006, das ILSI von der direkten Mitarbeit bei der Festsetzung von globalen Standards für Wasser und Nahrungsmittel auszuschlieÃen. Sourcewatch, eine Art kritisches Verzeichnis von PR-Firmen, listet das ILSI als »Lobby-Gruppe« auf, die von Lebensmittel-, Chemie- und Pharmaunternehmen finanziert werde. »In erster Linie handelt [das ILSI] im Namen der globalen Nahrungsmittel verarbeitenden Industrie.«
Bereits im September 2010 machte der Grüne Europa-Abgeordnete José Bové die Verbindung von Frau Bánáti zum ILSI öffentlich. Bánáti verlieà daraufhin nicht etwa die Behörde für
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