Die Tänzer von Arun
Junge.
»War's das? Nun, dann war es gestern. Ai! Bringt einfach die Tiere rüber. Langsam, langsam!«
Die Chearis stiegen ab. Kerris packte Magritas Zügel fest. Die nassen schaukelnden Planken machten ihn nervös. Ilenes Brauner wollte sich nicht bewegen und mußte geschoben werden. Es roch faulig auf der Barke. Die Fährmänner holten die Taue von den Haltepfosten ein und stießen ab. Wasser drang durch Risse im Boden. Kerris hätte gern gewußt, ob die anderen schwimmen konnten. Er schaute ängstlich in das Wasser, das schwarz vorbeiwirbelte. Von der Flußmitte aus wirkte das Wasser viel breiter als vom Ufer aus. Der alte Fährmann redete von der Karawane. Kerris fragte sich, ob die möglicherweise nach Tornor gelangen würde. Er verspürte einen winzigen Stich von Heimweh, von Sehnsucht nach Josen, nach Paula, nach Tryg. Magrita stupste ihn, sie war ungeduldig, wollte diesen fremdartigen Platz verlassen, und so streichelte er sie, um sie zu beruhigen. Die Barke knirschte auf Grund. Er spannte sich. Sie waren am anderen Ufer.
Hier war die Böschung steil; sie führten die Pferde eins nach dem anderen über ein gebrechlich aussehendes Holzdock hinauf. Es roch faulig, und die Planken waren moosbedeckt und glitschig.
Peinlich korrekt bot Kel den Fahrpreis an. Der Fährmann wies ihn mit einer Handbewegung zurück. »Nah, nah. Das brächte kein Glück. Friede mit euch!«
Aus den Feldern schrien die Nachtvögel. Kerris hing über Magritas Hals; er hoffte, daß es nicht mehr weit sein möge bis zu ihrem Ziel. Das Geräusch des Flusses in ihrem Rücken wurde leiser. Er roch den Duft der Apfelbäume, der nun eindringlicher war als im Tageslicht. Er fragte sich, warum sie immer noch weiterritten, weiter durch das Fastdunkel. Kel und Ilene vor ihm berieten sich in gedämpftem Ton.
Kel machte eine Handbewegung. »Dorthin«, rief er und wendete Callito vom Pfad weg.
Kurz darauf teilten sie um ein Feuer auf dem Brachfeld irgendeines Bauern Essen und Wasser miteinander.
»Feine Seiden, leichte Seiden, wer will meine Seiden kaufen? Scharlachbänder, blaue Bänder, Goldfaden, dünne Seiden, feine Seide, wer will kaufen, kommt und kauft ...!«
»Starke Töpfe, schaut euch meine Töpfe an, keine Kratzer, kein Fleckchen, kein Rißchen, Kupfertöpfe, Eisentöpfe, Tontöpfe, kommt und schaut ...!«
»Frische Fische, Flußfische, Silberrücken, Forellen, Karpfen, Rotaal, Schlammbeißer, frische Fische, kommt und schaut! Kauft Fische ...!«
»Bestes Starkbier, Rotwein, Weißer, Süßwein, kommt und probiert, kommt und riecht, kommt und schaut, feine Töpfe, dünne Seiden, keine Flecken, keine Kratzer, Rotaale, frische Fische, Goldfaden, kommt und schaut, kommt und schmeckt, kauft, kauft ...!«
Die Straßenkreuzung war überfüllt. Kerris nahm die Knie enger an Magritas glatte Flanken. Wohin er immer schaute, die Straße hinunter, soweit er blicken konnte, lagerten Karawanen, umringt von einem Gewimmel von Menschen ringsum, und Männer und Frauen riefen schreiend die Vorzüge ihrer Waren aus. In der heißen Luft wirbelte der Duft von bratendem Fisch, mischte sich mit den Gerüchen der Menschen, der Pferde, des Weines. Die Karawanen schimmerten in Blau, die Holzteile waren frisch bemalt, blaue Bänder flatterten in der Brise.
Eine Frau zerrte an Kerris' Fuß. »Feine Trauben, süße Weintrauben, Pfennige für die Traube ...« Er schüttelte den Kopf und trieb Magrita vorwärts. Er versuchte sich hinter Callito zu halten. Noch nie zuvor hatte er so viele Menschen an einem Ort versammelt gesehen. Er sah einen großen Mann, der vor der bewundernden Menge sein Langschwert schwang, eine Frau mit Glöckchen an Hand- und Fußgelenken, die auf einem Fetzen roten Tuchs tanzte, ein Jongleur, der Teller auf Stäben wirbeln ließ, ein anderer Mann, dem Rauch, blauer Rauch, weich aus dem Mund quoll ... Callito hielt an. Kerris brachte Magrita neben dem großen roten Pferd zum Stehen.
»Wo sind wir hier?« rief er laut.
Kel grinste. »Das hier ist die Kreuzung von Tezera. Diese Straße ...« – er schwang den Arm nach Osten – »führt zur Stadt. Die ganze Straße nach Tezera, von hier bis zu den Stadttoren, ist gesäumt von Händlern und Spielleuten aller Art. Hier!« Er warf einer Frau an einem Stand eine Münze zu. Sie warf ihm etwas zurück. Er fing es auf und reichte es Kerris.
Es war zweifellos eine Frucht. Sie hatte eine harte grüne Schale. Kerris zog die Rinde mit den Zähnen weg und saugte an der Frucht. Sie schmeckte
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