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Die Tätowierung

Die Tätowierung

Titel: Die Tätowierung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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r auf die beiden Frauen herab.
    Sie hatten Glück. Ein Mann kam die Treppe herunter und öffnete die Haustür. Freundlich nickte er Beate Bentsen zu. W ahrscheinlich kennt er sie vom Sehen, dachte Irene.
    Eine breite Mar m ortreppe führte in ein hohes Entree. Ganz hinten leuchtete ein Aufzugfenster. Der Lift war bedeutend neueren Datu m s als das Haus. Mit einem leisen Surren ging es hinauf in den vierten Stock. S chaukelnd kam die Kabine zum Stehen.
    Das Treppenhaus war behu t sam renoviert. An den Wänden und um die Bleiglasfenster herum war das Jugendstildekor restauriert. W enn die Sonne durch diese bunten Fenster scheint, sieht das sicher unglaublich aus, dachte Ire n e. Das Licht der Straßenlaternen war zu schwach, um die Fenster hier oben zu illu m i nieren. Sie waren schwarz. Die Wände wa r en hellgelb, und ein geschickter Maler m eister hatte die W ohnungstüren m i t einer kastanienbraunen F arbe m a r m oriert.
    Energisch trat Beate Bentsen auf eine der beiden Türen des Treppenabsatzes zu. Auf einem Schild aus blau glasiertem Ton stand »E m il Bentsen«. Es bildete einen deutlichen Kontrast zur Ele g anz des Treppenhauses. W enn m an die Kera m i kplatte näher in Augenschein nah m , sah m an, dass die rosa Borte unter dem N a m en aus Schweinen bestand. Das erste stand auf allen vieren, das nächste hinter ihm m it den Vorderpfoten a u f seinem Rücken, und so ging es immer weiter: zehn kopulierende Schweine.
    Beate beachtete die S chweine nicht weiter, sondern klingelte lange und eindringli c h. Es hallte hinter der soliden Tür wider. Es r ü hrte sich je d och nic h ts. Irene legte das Ohr gegen das Holz der T ü r. Alles war s till, nic h ts regte sich. Sie kniete sich hin und spähte durch den Briefschlitz. Auf d e m Fußboden konnte sie Z eitungen, Rekla m e und einige Umschläge au s m achen.
    »Er ist schon seit m ehreren Tagen nicht m ehr zu Hause gewesen«, sagte Irene.
    Gerade als sie wieder aufstehen wollte, be m erkte sie durch den offenen Br i efschlitz den Geruch. Er war so schwach, dass sie ihn zuerst gar nicht richtig wahrgenom m en hatte. Doch genau dieser Geruch, m ochte er noch so s chwach sei n , war allen er f ahrenen Er m ittlern der Mordkommission wohlvertraut.
    Ers t wusst e si e ni c ht , wi e si e mi t Beat e i m Rücken reagiere n sollte . U m Zei t z u gewinnen , f r agt e sie : »Haben Si e i n de n Briefkast e n g e schaut , al s Si e vorhi n hi e r waren ? «
    »Ja. Den Berg m it Briefen habe ich gesehen. Deswegen habe ich auch angefangen, m i r Sorgen zu m achen.«
    Irene sc h l uckte, ehe sie die näch s t e Frage stellt e : »Sonst ist Ihnen nichts Ungewöhnliches aufgefallen ? «
    »Nein. W as ? «
    Irene sah rasch zu Beate Bentsen hinüber. Es war sehr gut m öglich, dass der Kom m iss a rin der Geruch nicht au f ge f allen war, schlie ß lich rauchte sie Kette. Sicher war ihr Geruchssinn stark beein t rächtigt. Das war der von Irene jedoch nicht. D urch den Briefschlitz drang ein schwacher, aber dennoch deutlicher Leichengeruch.
    Dank Irenes Handy gelang es Beate Bentsen, den Hausverwalter zu erreic h en. Sie schienen alte Be k annte zu sein. Er war noch nicht im B e tt, und da die Damen keinen Wagen hatten, versprach er ihnen den Schlüssel selbst vorbeizubringen.
    Die Kom m i ssarin war grünlich ble i ch i m Ges i ch t , a l s sie das Gespräch beendete. Mit einer resignierten Miene reichte sie Irene das Mobiltelefon.
    »Er wohnt ganz in der Nähe. Mit dem Auto dauert es nur ein paar Minuten.«
    Dann hatte sie wieder diesen abwesenden Gesichtsausdruck. Irene hielt es für bes s er, sie nic h t zu stören. Schweigend standen sie vor der schönen W ohnungstür m it dem pikanten Schild.
    Bei Irene b linkten sä m tliche W arnla m pen: Hier hatte nicht nur je m and vergessen, den Müll runterzubringen. Hier lag et w as in der W ohnung und verweste.
     
     
    Der Aufzug sauste leise bis zum obersten Stockwerk, und der Hausverwalter trat herau s . Irene war überrascht, als sie sah, dass er schwarz wie Ebenholz war. Er schenkte ihr ein strahlendes Lächeln und stell t e sich als Bill Faraday vor. Er war groß und drahtig. W enn Irene seinen Beruf hätte err a ten s o llen, hätte sie ver m utli c h auf Tänzer getippt. Immobilie n verwaltung wäre i h r sicher als Alle r l et z t es eingefallen. Alle werden wir zu Opfern unserer Vorurteile.
    Bill Faraday zog einen riesigen Schlüsselbund aus de r Tasche sei n es ele g anten Leder m antels. E r m u sste lange suchen,

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