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Die Taeuschung

Die Taeuschung

Titel: Die Taeuschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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alles voller Wohlwollen, ja sogar voller
Zuneigung, wenn er es richtig überlegte. Er mochte die
Menschen. Bald würde er auch wieder zu ihnen gehören, einer
von ihnen sein. Eine Frau haben, ein Kind. Eine Familie. Wie
schön würde es sein, mittags mit Laura und Sophie hier zu
sitzen. Mit ihnen am Strand spazieren zu gehen. Sophie das
Schwimmen beizubringen und das Fahrradfahren. Er dachte an
ein Picknick in den Bergen, an den Duft von Salbei und Pinien
und hohem, trockenem Gras, und Bernadette schlang die
Ärmchen um ihn und ... halt! Er runzelte die Stirn. Ein falsches
Bild, ein falscher Name. Es hatte dieses Picknick gegeben im
letzten Sommer, und die kleine Bernadette hatte zutraulich
gespielt und geschmust mit ihm, aber daran wollte er jetzt nicht
denken!
Seine Tochter hieß Sophie. Eine andere hatte es nie gegeben.
Wenn er an eine andere dachte, bekam er nur Kopfweh am
Ende, und das wollte er nicht. Es waren böse Bilder, die sich in
sein Bewußtsein drängten.
    Ich muß mir diese Bilder nicht ansehen, wenn ich nicht will! Er überlegte, daß sie natürlich in seinem Haus wohnen
würden. Nach allem, was ihm Laura über Peters finanzielle
Misere erzählt hatte, konnte er sich ausrechnen, daß sie ihr
Haus im Quartier Colette würde verkaufen müssen, aber das
war ja kein Problem, er hatte genug Platz für sie alle, ein
schönes Kinderzimmer für Sophie und ein zweites, wenn der
liebe Gott seinen sehnlichsten Wunsch erfüllen und ihm noch
ein eigenes Kind schenken würde.
Kurz runzelte er erneut die Stirn, als ihm das Ungeziefer in
seinem Keller einfiel. Wann hatte er sie dort eingesperrt?
Gestern, vorgestern? Sie hatte nichts zu essen, nichts zu
trinken, sie würde bald ... halt!
Er richtete sich in seinem Stuhl auf. Verdammt, er hatte das
Zeug in dem Kellerraum vergessen! Eingemachtes Obst,
Pfirsiche, Mirabellen, Kirschen ... Genug Saft, um sich eine
Weile über Wasser zu halten. Daneben gab es Essiggurken
gegen den ärgsten Hunger ... auf die Dauer sicher nicht
wirklich nahrhaft, aber wenn sie die Sachen fand – und das
würde sie vermutlich –, konnte sie Zeit schinden. Und das
konnte problematisch für ihn werden, denn bald, sehr bald
schon, wollte er Laura ihr neues Zuhause zeigen, und sicher
wollte sie dann auch den Keller sehen ...
Er stand hastig auf, schob ein paar Geldscheine unter seinen
Teller und verließ mit schnellen Schritten den Marktplatz.
8
    »Es ist nicht so, daß ich irgend etwas von deinem verrückten
Gerede ernst nehmen würde«, sagte Stephane, »aber ich fürchte
inzwischen, du wirst mir keine Ruhe mehr lassen. Und ehrlich
gesagt, ich kann’s nicht mehr hören. Abgesehen davon, daß du
dich mehr und mehr gehen läßt und ich mich nicht mal mehr
darauf verlassen kann, daß der Haushalt auch nur im mindesten
funktioniert.«
    Er stand Pauline in der Küche gegenüber, wütend, gereizt,
ungeduldig. Eine Viertelstunde zuvor war er von der Bank
gekommen, um wie üblich mit Pauline das Mittagessen
einzunehmen. Üblich jedenfalls an Tagen wie diesem, wenn sie
mittags frei hatte. Sonst aß er in Les Lecques bei den Deux
Sceurs, und er wünschte inzwischen, er hätte das auch heute
getan.
    Denn keineswegs hatten ihn köstlicher Essensduft und ein
hübsch gedeckter Tisch erwartet, als er sein Haus betrat,
sondern eine heulende Ehefrau, die mitten in der Küche auf
einem Schemel zusammengesunken war und noch nicht einen
Handstrich getan hatte. Sie zitterte und schluchzte, und es sah
nicht so aus, als könne es ihm noch gelingen, sie an den Herd
zu jagen. Eine aufgeplatzte Tüte mit Kartoffeln lag neben ihr
und bewies, daß sie durchaus hatte kochen wollen und beim
Einkaufen gewesen war.
    Es hatte eine Weile gedauert, bis sie in der Lage gewesen
war zu sprechen, und er hatte ohnehin schon geahnt, was
kommen würde.
    Der unheimliche Verfolger. Der lauernde Schatten. Der
Killer.
»Und?« fragte er genervt. »Was war diesmal?«
Angeblich war ihr diesmal niemand gefolgt, sondern hatte
auf sie gewartet. Sie sei in den Garten gekommen, berichtete
sie unter Tränen, und da sei jemand gewesen. Auf der hinteren
Terrasse. Sie habe die Person gerade noch um die Ecke
verschwinden sehen, vermutlich habe sie sich zuvor am Fenster
zu schaffen gemacht.
»Verstehst du?« fragte sie schluchzend. »Der Typ wollte hier
herein! Wahrscheinlich wollte er mich im Haus erwarten. Wer
weiß, was er vorhatte. Er ...«
»Na, ich denke, du weißt genau, was er

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