Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Taeuschung

Die Taeuschung

Titel: Die Taeuschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
Vom Netzwerk:
ich sie überreden, mich und die Kinder zu einem
Tagesausflug nach Disney-Land zu begleiten. Ein kleines
Wunder, normalerweise hätte sie mich allein mit den beiden
gehen lassen und wäre selbst daheim geblieben. Der Tag gefiel
ihr, sie taute richtig auf, und am Abend kam sie sogar noch auf
ein Glas Wein mit zu mir. Mein Mann war nicht da, die Kinder
spielten, und vielleicht löste auch der Wein ein wenig ihre
Zunge. Sie sagte, sie freue sich auf den Sommer, seit langem
fahre sie wieder mit leichterem Herzen in ihr Häuschen am
Meer ... Ich fragte nach dem Grund, und sie erzählte, sie habe
im Sommer des vergangenen Jahres einen Mann dort unten
kennengelernt, und zunächst habe es ausgesehen, als könne
sich daraus etwas Ernsteres entwickeln ... Natürlich habe sie
Schuldgefühle gegenüber ihrem verstorbenen Mann gehabt,
aber da sei die schöne Empfindung gewesen, es könne noch
einmal ein neues Glück für sie geben.«
»Ich hätte ihr das von Herzen gewünscht«, sagte Monique
aufrichtig, »ich mochte Camille Raymond.«
Jeanne spielte noch immer mit ihrem Glas, ohne auch nur
einen Schluck zu trinken. »Ich auch, weiß Gott. Aber sie sagte,
an Weihnachten habe sie herausgefunden, daß etwas nicht
stimmte. Sie habe die sich anbahnende Beziehung
abgebrochen.«
»Und was hat nicht gestimmt?«
»Darüber wollte sie nichts Näheres sagen. Sie berichtete nur,
dieser Mann habe ihre Entscheidung über längere Zeit nicht
akzeptieren wollen. Er habe sie ständig angerufen und
bedrängt. Erst Ostern, als es noch einmal ein direktes Gespräch
gegeben habe, habe er offenbar begriffen, wie ernst es ihr war.
Er habe sich nun nicht mehr gemeldet, und sie gehe davon aus,
daß er sie den Sommer über in Ruhe ließe.«
»Hoffentlich wußte sie, was sie da tat«, meinte Monique.
»Ich meine, jetzt ist es gleich, aber ... nun, sie konnte auch ganz
schön schwierig sein, das wissen Sie ja sicher. Vielleicht war
das ein ganz netter Mann, und nur sie sah wieder Probleme, wo
keine waren. Andererseits ...« Sie richtete sich auf, starrte
Jeanne an. »Glauben Sie, er könnte der Täter sein?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Jeanne. Sie rutschte ein wenig
unbehaglich auf ihrem Platz hin und her. Es gab noch etwas,
was sie sagen wollte, aber es fiel ihr sichtlich schwer, damit
herauszurücken. »Im Juni, als Camille dann abgereist war, bin
ich einen Tag später in ihre Wohnung gegangen. Ich sollte dort
die Blumen für sie gießen und die Post aus dem Briefkasten
holen. Ihr Anrufbeantworter blinkte, offenbar war nach ihrer
Abreise ein Anruf eingegangen.«
Jeanne stockte.
Und du warst recht erpicht darauf, zu hören, wer da
angerufen hatte, dachte Monique. Sie sah die kleine, elegante
Frau, deren Hemmungen darauf hindeuteten, daß sie
ursprünglich einer anderen Schicht angehört hatte als der, in
die sie hineingeheiratet hatte, in Camilles Wohnung
herumstreifen, von mehr Neugier getrieben, als sie nun
zugeben mochte. Weshalb war sie hinübergegangen, kaum daß
die andere weg war? Einen Tag später! Weder konnten die
Blumen so rasch Wasser gebraucht haben noch der Briefkasten
am Überquellen gewesen sein.
Du hast einfach mal deine Nase ganz tief in Camilles Leben
stecken wollen, dachte Monique.
»Sie müssen wissen«, sagte Jeanne, »daß ich mich seit
Jahren um die Wohnung kümmere, wenn sie fort ist, und kaum
je hat einmal der Anrufbeantworter geblinkt. Camille bekam
praktisch keine Anrufe. Und kaum Post, jedenfalls keine
private. Bankbriefe und Rechnungen vor allem. Insofern war
ich erstaunt, als ich das Gerät blinken sah.«
»Sie hörten es ab«, sagte Monique.
»Ja, ich dachte, vielleicht ist das eine wichtige Information,
die ich Camille dann zukommen lassen könnte. Es war ein
Mann auf dem Band. Ich war sofort sicher, daß das der Mann
sein mußte, von dem Camille mir erzählt hatte. Er nannte nicht
seinen Namen, er sagte nur Ich bin es, offenbar ging er davon
aus, daß sie dann schon wissen würde, um wen es sich
handelte. Er wirkte sehr gereizt. Wann sie denn nach St. Cyr
komme, und sie solle sich doch gleich bei ihm melden. Das
klang recht herrisch, aber gegen Ende wurde er sanfter, meinte,
sie könne ihren gemeinsamen Traum doch nicht einfach im
Sande verlaufen lassen. Er nannte eine Handy-Nummer, unter
der sie ihn ständig erreichen könne, und legte dann auf.«
»Und Sie riefen Camille an?«
Jeanne hörte endlich auf, an ihrem Glas herumzudrehen. Sie
senkte den Blick. »Ich

Weitere Kostenlose Bücher