Die Täuschung
Geräusche lauschte, die aus den Abhörgeräten kamen. »Da ist es wieder«, murmelte er. »Das ist schon das dritte Mal heute Abend.«
»Was ist das dritte Mal heute Abend?«
Slayton schüttelte den Kopf. Er horchte immer noch; und mir dämmerte, dass sein »feines Ohr«, wie er es nannte, tatsächlich imstande war, einzelne Nachrichten aus dem verwirrenden Lärm herauszufiltern. »Es ist der Mossad«, sagte er. »Der israelische Geheimdienst. Heute Abend habe ich schon dreimal Bruchstücke von Funkgesprächen mit einigen seiner europäischen Agenten aufgefangen. Sie reden immer von irgendeiner terroristischen Aktivität, bei der es um ein deutsches Konzentrationslager geht.«
Ich dachte darüber nach. »Könnte der militärische Flügel von Neues Deutschland sein«, meinte ich. »Seit die Freiheitlichen in Österreich die Macht übernommen haben, sind ihre Freunde jenseits der Grenze mächtig aufmüpfig geworden.«
»Wäre möglich.« Slayton klang eindeutig nicht überzeugt. »Aber die Israelis kommen mir viel zu aufgeregt vor, als dass es nur um Europäer gehen könnte, die sich die Köpfe einschlagen. Nun« – er streckte die Hand aus und schaltete die akustischen und optischen Abhörgeräte in dem Raum alle zusammen aus – »wir müssen uns um unsere eigene Aufgabe kümmern, Doktor.«
Damit war nahezu unbemerkt ein weiterer Hinweis auf die ungeheuerliche Tragödie aufgetaucht und sofort wieder verschwunden, die uns in naher Zukunft verschlingen sollte. Selbst jetzt kann ich nicht darüber spekulieren, wie viele Menschenleben hätten gerettet werden können, wenn Slayton und ich in diesem Augenblick beschlossen hätten, uns die geheimnisvollen Botschaften, die durch unsere Abhörsysteme schossen, genauer anzuhören – denn über solche vertanen Chancen nachzudenken, würde mich sicherlich geradewegs in den Wahnsinn treiben.
25
W ie genial, wie wichtig erschien uns damals der Plan, den Colonel Slayton und ich in den folgenden Tagen ausheckten – und wie stolz war ich, mit einem Mann zusammenzuarbeiten, dessen Taten kleine Jungen inspiriert und erwachsene Männer beschämt hatten! Obwohl in unserer Partnerschaft keine Rede von echter Gleichheit sein konnte, war Slayton ein mehr als nachsichtiger (wenn auch gelegentlich scharfzüngiger) Lehrer, und wir fanden rasch einen effektiven Arbeitsrhythmus, der es uns erlaubte, schon innerhalb der ersten vierundzwanzig Stunden einen Schlachtplan zu skizzieren. Die nächsten achtundvierzig Stunden flogen nur so dahin, und am Ende des dritten Tages waren wir fest davon überzeugt, dass wir einen Plan ersonnen hatten, der im Hinblick auf unser Ziel mehr als nur zweckdienlich sein würde – allerdings gab es nur eine Möglichkeit, ganz sicherzugehen: Wir mussten ihn an unseren Kollegen ausprobieren.
Wir warteten damit noch einen Tag, bis Tarbell von seinem Ausflug zurückkam. Mit einem Grinsen tiefer Befriedigung im Gesicht und erschöpftem, schlurfendem Gang betrat er den Raum, in dem wir anderen (außer Malcolm) uns zum Abendessen versammelt hatten, und verkündete, er sei bereit für eine ordentliche Mahlzeit – »Wie können die Schotten nur von so einem Fraß leben?« – und ein produktives Gespräch (anscheinend verfügte er nur dann über wirklich gesunde Urteilskraft, wenn er ein paar Tage mit Frauen von »enormer Erotik« verbracht hatte). Auf diese Beteuerung hin nickte mir Slayton zu: Er hatte zuvor beschlossen, dass ich den Plan vorschlagen sollte. Er behauptete, er lebe in der Welt der Tat, nicht der Worte, und würde es letztlich nur vermasseln. Angesichts ihrer Quelle ließ ich die indirekte Kränkung umstandslos an mir abprallen und begann zu umreißen, was wir uns ausgedacht hatten. Zur Einführung bemerkte ich, dass die Erfolge des Teams bisher vor allem auf einem Element beruht zu haben schienen: Glaubwürdigkeit. Die Öffentlichkeit habe jede Falschmeldung akzeptiert, weil sie auf eine gewisse, elementare Weise Sinn ergab. Amerikanische Politiker beispielsweise seien für die meisten Leute im Grunde nicht viel mehr als anonyme Figuren, die im Fernsehen vorkämen; wer dagegen von Winston Churchills bemerkenswerter Gerissenheit und seiner Bereitschaft wisse, bei der Verfolgung seiner politischen Ziele über Leichen zu gehen, dem fiele es nicht schwer, die Princip-Briefe als echt zu akzeptieren. Was Jesus beträfe, so seien nur wenige Fakten aus seinem Leben jemals verifizierbar gewesen; und obwohl die Archäologen und Anthropologen mit den
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