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Die Täuschung

Die Täuschung

Titel: Die Täuschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caleb Carr
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niemanden sonderlich überrascht. Sie wissen, dass die Israelis ein Problem mit einem ihrer eigenen Leute haben, aber warum, entzieht sich ihrer Kenntnis. Trotzdem, die Sache interessiert sie. Und wenn die CIA blindlings im Dunkeln herumtappt, na ja … da kann schon mal was Unerfreuliches passieren.«
    »Aber nicht unseren Leuten«, sagte Larissa mit fester Stimme. »Unser eigentliches Problem ist dieser Israeli. Wer ist er? Wie zum Teufel hat er die Bilder überhaupt in die Finger bekommen?«
    »Und was will er deswegen unternehmen?«, setzte Malcolm hinzu. »All diese Fragen müssen wir beantworten. Nicht die Israelis, nicht die Amerikaner und auch sonst niemand. Ich will, dass wir diesen Mann finden, uns seine Kopie der Bilder beschaffen und ihn kaltmachen.«
    Die gnadenlose Unumstößlichkeit seiner Worte traf mich unvorbereitet. »Aber – wir können ihn doch einfach seinen Leuten übergeben, sobald wir die Bilder haben«, wandte ich ein.
    »Nein«, erwiderte Malcolm mit derselben eiskalten Entschlossenheit. »Wenn er nach Israel zurückkommt, wird er Gerüchte und Geschichten in Umlauf setzen, die schlimmer sein werden als die Bilder selbst. Der Sturm wird sich nur dann wieder legen, wenn er verschwindet – oder noch besser, wenn wir ihn dazu zwingen können, seinen Vorgesetzten zu erklären, dass die Bilder in Wahrheit Fälschungen sind, bevor er verschwindet.«
    Ich ließ meinen Blick rasch von einem Gesicht zum anderen gleiten. Was Malcolm gesagt hatte, klang plausibel, das wusste ich, aber ich hoffte trotzdem, jemand anders würde einen Einwand erheben.
    Es kam keiner. »Wo fangen wir an?«, fragte Fouché ernst.
    »Wenn es in Prices New Yorker Wohnung noch mehr Informationen gäbe«, sagte Malcolm, »hätte seine Frau sie wohl Gideon ausgehändigt. Bleibt also leider nur …« Ein Ausdruck tiefen Widerwillens legte sich auf sein Gesicht.
    »Los Angeles«, sagte Jonah mit einem Nicken.
    Slayton trommelte mit den Fingern auf den Tisch. »Es wird nicht leicht sein – in der Stadt herrscht das Chaos, genauso wie im ganzen übrigen Südkalifornien.«
    »Ebenfalls wegen des Wassers«, stimmte Eli zu.
    »Ja«, sagte Malcolm, »aber wir haben keine Wahl. Setzen Sie einen Kurs, auf dem wir Los Angeles vom Meer her anfliegen können, Colonel – ich will nicht mit Einheiten der Nationalgarde oder der Miliz aneinander geraten. Leute, die lange genug zu wenig Wasser bekommen haben, sind manchmal noch schlimmer als Rassenfanatiker.«
    »Verstanden«, erwiderte Slayton und erhob sich.
    »Hoffen wir, dass es keine allzu großen Schwierigkeiten geben wird«, sagte Malcolm, als wir anderen Anstalten machten, Slaytons Beispiel zu folgen. Ich ging als Letzter und war beinahe schon draußen, als ich ihn leise sagen hörte: »Wir müssen einfach noch einmal auf das Unmögliche hoffen.«

28
    D ie Entwicklungen hin zu den »Wasserkriegen«, die den amerikanischen Südwesten in den letzten fünf Jahren zerstört haben, sind so gründlich untersucht worden, dass es heute wohl so gut wie niemanden gibt, der sie nicht in allen Einzelheiten kennt. Auch wenn diese Annahme durch eine gravierende Tatsache Lügen gestraft wird: Heutzutage wachsen in anderen warmen, aber trockenen Teilen der Welt immer noch neue Vorstädte rapide heran, ähnlich jenen, deren ungehemmte Ausbreitung im sonnigsten Winkel der Vereinigten Staaten schon immer für Chaos und Gewalt gesorgt hat. Vielleicht irrt man also in diesem Fall – und auch in vielen anderen, glaube ich mittlerweile –, wenn man denkt, dass Geschichtsbewusstsein mehr bedeutet als intellektuelle Eitelkeit. Wie auch immer, mir geht es auf diesen wenigen Seiten nicht darum, die Ursprünge dieser bösartigen Konflikte zusammenzufassen. In erster Linie möchte ich vielmehr erzählen, was bei unseren Bemühungen herauskam, in dem nach Wasser dürstenden Los Angeles eine Verbindung zwischen John Price und dem unbekannten Mossad-Agenten zu finden, der die Stalin-Bilder in seinen Besitz gebracht hatte und seitdem vor seinen eigenen Leuten auf der Flucht war.
    Malcolms Anweisung folgend, mieden wir den Luftraum über Südkalifornien, nicht weil wir auf einer solchen Route mit einer bestimmten Gefahr gerechnet hätten, sondern eben weil die Lage so unberechenbar war. Überall in der Region versuchten Einheiten der Nationalgarde – und hin und wieder sogar Soldaten – mit aller Macht, die Ordnung unter einander bekämpfenden Gangs und Milizen aufrechtzuerhalten, die allesamt der festen

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