Die Täuschung
Recht behalten –, dass die Welt nicht so leicht davonkommen würde.
30
O hne zu wissen, ob Dov Eshkol Kalifornien oder vielleicht sogar die Vereinigten Staaten bereits verlassen hatte, suchten wir abermals Zuflucht in den Tiefen des Pazifik, während Tarbell – nunmehr mit Unterstützung der Kupermans – erneut in die Datenbanken diverser amerikanischer und israelischer Geheimdienste eindrang und ihren Nachrichtenverkehr abhörte, um sich ein umfassendes Bild des Flüchtigen zu verschaffen. Wir anderen versammelten uns unterdessen um den Konferenztisch, um unsere Energiereserven mit einer von Julien zubereiteten, improvisierten Mahlzeit aufzufüllen und die bruchstückhaften Informationen zu erörtern, die wir aus Ari Machen herausgequetscht hatten. Dieses Gespräch erbrachte wenige neue Erkenntnisse, und diese waren zudem äußerst entmutigend: Machens Behauptung, nicht einmal der Mossad würde Eshkol finden, wenn dieser von der Bildfläche verschwände, schien uns vollauf glaubwürdig, denn bisher war es Eshkol ja tatsächlich gelungen, unentdeckt zu bleiben; und wenn schon die Israelis ihn nicht fanden, dann – in diesem Punkt stimmten wir alle überein – waren die Chancen, dass die Vereinigten Staaten (die als einziges anderes Land überhaupt wussten, dass es da ein Problem gab) etwas zutage förderten, nahezu gleich Null. Und die Bestätigung von Malcolms instinktiver Ahnung, dass es sich bei Eshkol um einen Nachkommen von Holocaust-Überlebenden handelte, war auch nicht gerade ermutigend: Seine Vorgesetzten hielten den Mann offenkundig für äußerst gewalttätig, für eine Art Zeitbombe. Wenn nun seine mörderischen Neigungen – die er anscheinend hin und wieder an seinen eigenen Landsleuten hatte austoben dürfen – von dem Zorn über das Schicksal seiner Verwandten und seines Volkes herrührten, würde es ihm nicht schwer fallen, in großen Dimensionen zu denken, wenn die Zeit kam, sich eine Strafe für alle bislang unbekannt gebliebenen Komplizen des Völkermords in Nazideutschland zu überlegen.
Aber wir brauchten mehr harte Fakten, bevor wir uns eine Meinung darüber bilden konnten, welche Form diese Strafe möglicherweise annehmen würde. Nach mehreren Stunden gelang es Leon, Eli und Jonah, diese Fakten zu liefern. Hungrig und mit trüben Augen kamen sie nacheinander in den Bug des Schiffes und brachten einen Stapel Notizen sowie mehrere Fotos von Eshkol mit, auf denen er jedes Mal völlig anders aussah. Während Julien den dreien etwas zu essen hinstellte, erläuterten sie ihre Funde, und obwohl die von ihnen gesammelten Informationen keinen Zweifel daran ließen, dass Eshkol ein extrem gefährlicher Mann war, zeigten sie auch, warum unser Team möglicherweise besser gerüstet war, ihn zur Strecke zu bringen, als die Israelis oder die Amerikaner.
»Er ist ein Mörder, ja – oder vielmehr ein Schlächter«, sagte Tarbell, während er das Essen in sich hineinschlang, »aber er spielt auch in unserer Liga, könnte man sagen.«
Auf unsere verdutzten Blicke hin erklärte Jonah, der nicht ganz so heißhungrig aß: »Er besitzt die üblichen Fähigkeiten, sich zu tarnen und verdeckt zu arbeiten – Verkleidung, Sprachkenntnisse –, aber das wahre Geheimnis seines Erfolgs besteht darin, dass er ein Informationsjunkie ist. Er ist ein brillanter Rechercheur, und er kann alle erdenklichen Ausweisdokumente und Unterlagen fälschen, um sich so gut wie überall Zugang zu verschaffen – und anschließend jeden Beweis vernichten, dass er jemals dort war. Er hat sogar die universale DNA-Datenbank getäuscht.«
»Ich dachte, das wäre unmöglich«, sagte Larissa.
»Nicht unmöglich«, antwortete Eli. »Nur sehr, sehr schwer. Das Kunststück ist, sich die entsprechenden Proben zu besorgen. Angenommen, man will unter der Identität einer Person, die in Wirklichkeit tot ist, irgendwohin fliegen, dann braucht man beim Einchecken eine DNA-Probe von ihr, und die sollte von jemandem stammen, mit dem man mehr als nur eine flüchtige Ähnlichkeit hat – und was am wichtigsten ist, dessen Tod in der Datenbank nicht verzeichnet ist. Eshkol hat anscheinend eine ganze Sammlung solcher Alter egos – und ihr könnt euch ja wohl vorstellen, wie er an die gekommen ist.«
»Andere Mossad-Agenten, die er exekutiert hat«, meinte Colonel Slayton und nickte.
»Und auch viele der arabischen Agenten, die er umgebracht hat«, bestätigte Tarbell mit einem Blick auf seine Notizen und deutete auf einige der Bilder, die
Weitere Kostenlose Bücher