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Die Tage sind gezählt

Die Tage sind gezählt

Titel: Die Tage sind gezählt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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zu trösten.
    »Ich begreife das alles nicht«, sagte ich. »Ich begreife überhaupt nichts. Wo ist die Türe geblieben, durch die ich eben hereingekommen bin? Ich sehe nur eine, und die befindet sich auf der anderen Seite.«
    »Sie beginnen schon etwas zu begreifen«, sagte er.
    »Was?« rief ich. »Was ist mit der Tür?«
    Das Männchen schüttelte den Kopf. Alte Männer haben so eine irritierende Gewohnheit, den Kopf zu schütteln.
    »Es gibt nur eine Tür«, belehrte er mich. »Und das ist die zum nächsten Vorzimmer. Sie wollen sich doch bewerben?«
    »Ja!« bekräftigte ich.
    »Als Privatsekretär?«
    »Ja«, gab ich zu. »Aber was hat die Tür damit zu tun? Das begreife ich nicht.«
    »Darauf kommt es nicht an«, sagte er. »Darauf kommt es überhaupt nicht an.«
    Mir fiel plötzlich etwas ein. »Aber der Direktor«, warf ich ein. »Ich kann doch ganz einfach nach dem Direktor fragen? Wer hat denn sonst die Anzeige aufgegeben?«
    »Tja«, meinte das Männchen, »der Direktor.«
    »Der Direktor«, erwiderte ich und schüttelte den Kopf. Ich starrte ihn an. Ich hatte Kopfschmerzen.
    »Ich habe Kopfschmerzen«, sagte ich.
    »Und Ihr dezenter Zweireiher ist zerknittert«, stellte das Männchen fest.
    In diesem Augenblick öffnete sich die Tür, und auf der Schwelle stand ein Mann in Schwarz.
    Mit einem erleichterten Seufzer stand ich auf und lief auf ihn zu, mit ausgestreckter Hand. Zu spät sah ich, daß seine rechte Hand verkrüppelt war. Und bevor ich es merkte, stand ich bereits im nächsten Zimmer. »Ein Augenblickchen«, hörte ich den Mann noch sagen, dann war die Tür auch schon wieder zu.
    »Wieder einen Schritt weiter«, sagte das Männchen.
    Ich drehte mich um.
    Da saß es.
    »Das begreife ich nicht«, stammelte ich. »Ich begreife überhaupt nichts mehr.«
    »Nein«, tröstete mich das Männchen, »darauf kommt es auch gar nicht an, aufs Begreifen.«
    Und dann entstand eine lange Stille.

    Übersetzt von Siegfried Mrotzek

Eddy C. Bertin
Eine Frage des Überlebens
    Die Kuppel am Boden des Planeten wirkte wie eine vergessene, glänzende Murmel. Das durch ihre Hülle nach außen dringende Licht war schwach und wurde völlig von der Dunkelheit der fast atmosphärelosen Welt verschluckt. Sie lag auf der Nachtseite, und allein das verhinderte schon, daß man den Lichtausfall dazu benutzen konnte, genaueres über die sie umgebende Landschaft zu erfahren. Was man sah, war eine trostlose Steinwüste aus zersplitterten Felsbrocken. Keine Anzeichen von Leben oder Vegetation. Der Rest des Planeten bestand aus unzähligen Kratern, die an aufgeplatzte Geschwüre erinnerten. Licht und Schatten waren scharf voneinander abgegrenzt, wie Tuscheflecken auf weißem Papier.
    Langsam und vorsichtig, wie eine Riesenspinne, die Beute in ihrem Netz entdeckt, umkreiste die Alphor den sechsten Planeten des CCB-Systems im Sektor Prokyon. Das Zentralgestirn war ein langsam erkaltender Zwerg mit einem weißen Begleiter. Vierzehn Welten umkreisten sie in teilweise chaotischen Umlaufbahnen. Der sechste Planet war ziemlich weit von der Muttersonne entfernt und wandte ihr stets die gleiche Seite zu. Er sah aus wie ein trauriges Gesicht, zerklüftet und mit erloschenen Augen, ausgetrocknet, mumifiziert.

    Cob Morban starrte auf das trostlose Antlitz hinunter und zog dabei grübelnd an seinem dreieckigen, aus Weißmetall gefertigten Nasenring. Wie selbständige Geschöpfe glitten seine langen, dünen Hände über die eingefallenen Wangen und den Spitzbart. Automatisch hakten sie sich mit den Ärmeln in die Ruhevorrichtungen auf der Brust ein. Morbans Gehirn gab den Abschlußimpuls an die Elektronengehirne seiner Synthohände weiter, die sofort völlig entspannt und schlaff in den Ruhehaken baumelten. Die drei hellgrünen Ringe an seinen kleinen Fingern, die seine Zugehörigkeit zur Alphor anzeigten, leuchteten im klinischen Licht der Kommandobrücke.
    »Ich weiß nicht«, brummte er zweifelnd. »Möglicherweise haben sich unsere Detektoren wirklich geirrt, als sie diese Energieentladungen registrierten. Dieser Planet ist viel zu weit von seiner Sonne entfernt, um aus eigener Kraft Leben entwickelt zu haben. Normalerweise sollte er seit Millionen Jahren erkaltet sein. Und die Atmosphäre ist praktisch nicht der Rede wert.«
    OnCob Calvin horte ihm über einen Monitor zu. Seine Synthohände begannen an der Instrumententafel jene Aufträge auszuführen, die Calvins Gehirn ihnen aufgetragen hatte. Danach kletterten sie an seinen Hüften

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