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Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)

Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)

Titel: Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Werner Sinn
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Geld für die inneren Transaktionen des Landes verfügbar ist.
    Der Grund dafür ist, dass der Bestand an Zentralbankgeld (und nur darum geht es bei den Target-Salden) in einer Volkswirtschaft zumeist recht klein ist. Während das Vermögen der Bürger typischerweise beim Drei- bis Fünffachen des BIP liegt, hat der Zentralbankgeldbestand im Sinne der sogenannten Geldbasis eine Größenordnung von nur etwa einem Zehntel bis einem Fünftel des BIP.  23 Im Jahr 2011 lag der Bestand an Zentralbankgeld in der Eurozone bei 12,3 % des BIP, in Deutschland bei 18,2 % und in Griechenland bei 20,8 %. Griechenland hatte 2011 aber ein jährliches Leistungsbilanzdefizit von 9,8 % des BIP. Selbst wenn es keine Kapitalflucht aus diesem Land gegeben hätte und man nur das Leistungsbilanzdefizit durch Hergabe von bereits vorhandenem Geld hätte finanzieren müssen, wäre der Geldbestand schon nach zwei Jahren verbraucht und die Transaktionen im Inneren des Landes nicht mehr möglich gewesen.
    Diese Überlegung macht klar, dass der Geldabfluss, der durch die Target-Salden gemessen wird, durch die Notenpresse kompensiert worden sein muss, ja überhaupt erst ermöglicht wurde. Sicher, eine gewisse Flexibilität ist in der Volkswirtschaft vorhanden, ein gegebenes Sozialprodukt auch mit weniger Bestand an umlaufendem Geld zu bewerkstelligen. Wenn man mehr bargeldlose Überweisungen tätigt und weniger Bargeld im Portemonnaie mit sich herumträgt, kommt man auch zurecht. Ein solches Verhalten könnte durch Zinserhöhungen induziert werden, weil sie die Geldhaltung implizit verteuern. Aber diese Flexibilität reicht bei Weitem nicht aus, den Nettogeldabfluss zu verkraften, wie er in den Krisenländern seit dem Ausbruch der Krise stattgefunden hat.
    Es ist wie bei einem Individuum. Wenn man kein Einkommen hat und sein verzinsliches Sach- und Finanzvermögen nicht hergeben will, kann man seinen Konsumstandard noch eine Weile aufrechterhalten, solange die flüssigen Mittel vorhalten. Dann hat man eine negative Zahlungsbilanz, weil sich das Girokonto schnell leert und das Portemonnaie noch schneller. Aber schon bald ist das Geld weg, und man muss etwas tun, um die Zahlungsbilanz zu verbessern, entweder arbeiten oder sich einen Kredit besorgen oder einen Teil seiner Vermögensobjekte verkaufen. Wenn man die Leistungsbilanz nicht durch Arbeit verbessern kann, sein Vermögen nicht verkaufen will und die Bank einen hängen lässt, indem sie die Tilgung der fällig werdenden Schulden verlangt, statt neuen Kredit zu geben, dann hat man ein Problem. Es ist für ein Individuum nicht ratsam, das Problem zu lösen, indem es das fehlende Geld im Keller nachdruckt, denn dafür wird man mit Zuchthaus nicht unter einem Jahr bestraft. Bei den Eurostaaten stellt sich der Sachverhalt etwas anders dar.
    Die Eurostaaten brauchten Strafen nicht zu befürchten, denn was sie taten, war ja völlig legal. Sie hatten sich das Gelddrucken selbst im Zentralbankrat genehmigt. Dass einzelne Vertreter wie der Präsident der Deutschen Bundesbank dagegen opponierten, änderte daran nichts.
    Was in der Krise geschehen ist, wird in Abbildung 6.5 gezeigt. Die grüne Kurve zeigt die Entwicklung der in den GIIPS-Ländern vorhandenen Geldbasis, also des dort zirkulierenden Zentralbankgeldbestandes seit dem ersten Krisenjahr.  24 Die Geldbasis eines Landes besteht aus dem Bargeld, das die Notenbank dieses Landes ausgegeben hat, und aus den Sichteinlagen, die die Geschäftsbanken bei der Notenbank halten und für Überweisungen zwischen den Banken benötigen. Man sieht, dass die Geldbasis der GIIPS-Länder trotz der riesigen Zahlungsbilanzdefizite nicht verringert wurde, sondern sich im Laufe der Zeit sogar noch etwas vergrößert hat. Da keinerlei Trendbruch erkennbar ist, muss das Geld nachgedruckt worden sein.
    Das abgeflossene Zentralbankgeld selbst wird in der Abbildung durch die Differenz zwischen der oberen roten Kurve und der grünen Kurve dargestellt, denn die rote Kurve gibt an, wie viel Geld in den GIIPS-Ländern ursprünglich geschaffen wurde. Die Differenz zwischen dem Geld, das in den Ländern ursprünglich geschaffen wurde, und dem Geld, das dort zirkuliert, ist offenbar in die anderen Euroländer gewandert. Es zirkuliert dort als Außengeld. Sein Bestand wird durch die Target-Salden gemessen.
    Mit dem Begriff »ursprünglich geschaffen« ist in erster Linie die Geldschöpfung durch Refinanzierungskredite gemeint, also auch das Geld, von dem die nationalen

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