Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)
Notenpresse nach der Größe der Länder, ist ein Maximum an Geld, das man überhaupt jemals ins Schaufenster legen kann, oder, um eine weitere beliebte Metapher zu gebrauchen, ein Maximum an Feuerkraft zur Gegenwehr gegen spekulative Attacken auf einzelne Länder des Eurosystems.
Doch trotz aller Rettungsversuche der EZB und der Staatengemeinschaft ist der Euro heute in der Krise. Er ist in der Krise, weil die Budgetbeschränkungen im Eurosystem zu locker waren, weil zu viel Geld im Schaufenster lag, denn dieses Geld hat die Zinsen der heutigen Krisenländer gedrückt und sie in die inflationäre Überhitzung getrieben, die zum Verlust ihrer Wettbewerbsfähigkeit führte. Das wurde in Kapitel 4 ja schon ausgeführt.
Natürlich wussten die Marktteilnehmer nicht im Einzelnen, was Target-Kredite sind, also letztlich der Überlauf der Refinanzierungskredite über die Eigenversorgung der Länder mit Liquidität. Aber sie wussten schon, dass es ein einheitliches Geldsystem mit der Möglichkeit für unbegrenzte Geldschöpfungskredite in potenziellen Krisenländern gab, das Staatsinsolvenzen unwahrscheinlich machte. Die Notenpresse im Keller hat die Kapitalmärkte beruhigt und sie zu ihrer exzessiven Kreditvergabe ermuntert, mehr noch als regulatorische Details wie der Verzicht auf eine Eigenkapitalunterlegung für Staatspapiere in den Bankbilanzen, die in Kapitel 4 erörtert wurde.
Lange Zeit lag das Target-Kreditpotenzial ungenutzt im Schaufenster herum und entfaltete die gewünschte Wirkung durch seine bloße Existenz. Es hat die Märkte bei ihrem sorglosen Treiben stabilisiert und spekulative Attacken wirksam verhindert, aber genau dadurch hat es die Kreditblase erzeugt, die zum Schluss zum Crash einiger Euroländer führte und nun ganz Europa in eine Sackgasse geführt hat.
8 Leistungsbilanzsalden, Kapitalflucht und Target-Salden
Die Finanzierung der Leistungsbilanzsalden — Warum Griechenland und Portugal am Euro hängen — Die irische Kapitalflucht — Italienische Ängste — Rekordhalter Spanien — Frankreich in Gefahr — Deutschlands Exportrechnung auf dem Bierdeckel — Eine fundamentale Dichotomie der EZB-Politik — Die Verletzung des Mandats
DIE FINANZIERUNG DER LEISTUNGSBILANZSALDEN
Kapitel 3 und 4 haben gezeigt, dass die Krisenländer durch den billigen Kredit, den der Euro brachte, ihre Wettbewerbsfähigkeit verloren und riesige Leistungsbilanzdefizite aufgebaut haben, die in der Krise von den Kapitalmärkten nicht oder nur noch widerstrebend finanziert wurden. Kapitel 5 bis 7 haben dargelegt, wie und in welchem Sinne sich diese Länder ihrer Notenpressen bedienen konnten, als die Kapitalmärkte sich verweigerten. Dieses Kapitel schaut auf die Länder im Einzelnen und versucht herauszufinden, in welchem Umfang die Finanzierung der Leistungsbilanzdefizite mit der Notenpresse tatsächlich stattfand, welcher Teil über andere Kanäle finanziert wurde und welche Rolle die Kapitalflucht spielte.
Ein Leistungsbilanzdefizit, also der Überschuss der Zahlungen fürImporte und Zinsen an das Ausland über die durch Exporte und Geschenke aus dem Ausland empfangenen Zahlungen, führt zu Geldabflüssen. Zur Gegenfinanzierung dieser Abflüsse gibt es grundsätzlich nur drei Möglichkeiten: 1
Durch einen Nettozufluss von Geld aufgrund von Anlageentscheidungen privater Investoren und der von ihnen beauftragten Finanzinstitute inklusive der Portfolioentscheidungen und Direktinvestitionen (wie zum Beispiel dem Erwerb einer Fabrik). Diese Kompensation ist der Normalfall, und er lag bis zum Sommer 2007 auch tatsächlich vor.
Durch einen Nettozufluss von Geld aufgrund von Hilfskrediten anderer Länder. Das sind im Wesentlichen die intergouvernementalen Kredite und die Kredite der internationalen Einrichtungen wie EU, IWF oder ESM. Solche Hilfskredite flossen von Mai 2010 an. Sie werden im Kapitel 9 eingehend behandelt.
Durch das Drucken neuen Geldes, also den Target-Kredit. Wie in Abbildung 6.2 gezeigt, fing das Wachstum der Target-Kredite in der zweiten Jahreshälfte 2007 an.
Der Zusammenhang zwischen diesen Größen und der Leistungsbilanz eines Landes folgt aus einer harten nationalen Budgetbeschränkung, an der sich ohne Diebstahl nichts ändern lässt. Die Frage, die sich im Folgenden stellt, ist, zu welchen Anteilen die Target-Kredite und die anderen Komponenten dazu beigetragen haben. Was immer die Antwort ist, sie sollte nicht so interpretiert werden, dass die Target-Kredite die Leistungsbilanzdefizite
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