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Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)

Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)

Titel: Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Werner Sinn
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verursacht haben oder mit ihnen korreliert sind. Um die Kausalität geht es vorläufig nicht, sondern nur um die Beschreibung der statistischen Fakten. Da das Leistungsbilanzdefizit der Krisenländer irgendwie finanziert worden sein muss, ist es nützlich zu wissen, welchen Beitrag die Target-Kredite dazu geleistet haben, welcher Anteil auf die öffentlichen Rettungsaktionen entfällt und was überhaupt noch von den Kapitalmärkten finanziert wurde.
    Um einen ersten Überblick über das Geschehen zu gewinnen, betrachtet Abbildung 8.1 zunächst die Budgetbeschränkung der sechs Krisenländer Griechenland, Irland, Italien, Portugal, Spanien und Zypern (GIIPSZ) zusammengenommen, womit natürlich nicht gemeint ist, dass diese Länder sich untereinander helfen. Sie zeigt das seit dem1. Januar 2008 akkumulierte Leistungsbilanzdefizit (schwarz), den Bestand der Target-Schulden (blau) und den Bestand der ausgezahlten Kredithilfen im engeren Sinne, wie sie im Zuge der offiziellen Rettungsaktionen gewährt wurden (grün). Alle dargestellten Kurven erfassen Bestände oder Bestandsänderungen gegenüber einem Basiszeitpunkt und nicht die laufenden Ströme. Letztere zeigen sich in den Steigungen der Kurven.  2
    Abbildung 8.1: Nettoauslandsschulden, Leistungsbilanzsalden und Target-Schulden der GIIPSZ-Länder (Januar 2005 – März/Juli 2012)

    * Berücksichtigt sind die Käufe von Staatsanleihen durch die nicht zur GIIPSZ-Gruppe gehörenden Notenbanken.
    ** Geschätzt.
    Bemerkung: Die Kurve der Nettoauslandsschulden geht hier bis zum März 2012, der Saldo der empfangenen abzüglich der geleisteten Finanzhilfen bis zum Juli 2012, das kumulierte Leistungsbilanzdefizit bis zum März 2012 und die Staatspapierkäufe der EZB und die Target-Kurve bis zum Juli 2012, wobei noch nicht für alle Länder Target-Daten bis zum aktuellen Rand vorliegen. Vgl. die Erläuterung zu Abbildung 6.2 . Die empfangenen Finanzhilfen sind als Nettogröße berechnet; berücksichtigt werden die bis zum jeweiligen Monat ausgezahlten Finanzhilfen aus dem ersten Hilfspaket der Euroländer und des IMF für Griechenland, aus dem Hilfspaket von EFSF, EFSM und IMF für Irland, aus dem Hilfspaket von EFSF, EFSM und IMF für Portugal und aus dem zweiten Hilfspaket von EFSF und IMF für Griechenland. Die Beiträge, die die Krisenländer selbst zu den Hilfszahlungen geleistet haben, wurden von der Bruttogröße subtrahiert. Am aktuellen Rand ergibt sich dadurch ein Netto-Hilfevolumen von 222 Milliarden Euro. Das Brutto-Hilfevolumen liegt bei 255 Milliarden Euro. Der Beitrag der einzelnen Länder ergibt sich beim ersten Hilfspaket der Euroländer direkt aus dem Hilfsabkommen, bei den EFSM-Zahlungen aus dem Anteil an den Einnahmen des EU-Haushalts und bei den IMF-Hilfen aus dem Beitrag zur Kapitalausstattung des IMF.
    Quellen: Eurostat, Datenbank, Wirtschaft und Finanzen , Zahlungsbilanz — Internationale Transaktionen; European Commission, Economic and Financial Affairs , The EU as a Borrower; dieselbe, EU Budget 2010 , Financial Report; dieselbe, The Economic Adjustment Programme for Greece: Fifth Revue ; European Financial Stability Facility, Lending Operations ; IMF, Financial Activities ; derselbe, SDR Exchange Rate Archives by Month ; derselbe, Updated IMF Quota Data ; und H.-W. Sinn und T. Wollmershäuser, a.a.O.
    Wie man sieht, steigt die schwarze Kurve der akkumulierten Leistungsbilanzdefizite anfangs schneller an als die Obergrenze der dunkelgrünen beziehungsweise blauen Fläche. Das zeigt einen Nettokapitalimport an. Im ersten Halbjahr 2010 und dann vor allem ab dem zweiten Halbjahr 2011 ist es aber umgekehrt. Nun steigt die Summe aus Target-Schulden und akkumulierten Hilfskrediten schneller, was man daran sieht, dass die Obergrenze der dunkelgrünen Fläche (Target-Kredite plus intergouvernementale Hilfen) steiler als die schwarze Linie (akkumuliertes Leistungsbilanzdefizit) verläuft. In dieser Zeit floss mehr Geld in die Länder, als zur Finanzierung der Leistungsbilanzdefizite nötig war. Posten (1) in der obigen Abbildung war also negativ. Es gab keinen Kapitalimport mehr, sondern das Kapital wurde exportiert. Man kann auch sagen, es floh.
    Rechnet man vom Beginn des Jahres 2008 bis zum aktuellen Rand im Frühjahr 2012, liegt die Summe der Target-Hilfen und der offiziellen Hilfen schon weit über der Kurve des akkumulierten Leistungsbilanzdefizits. Per saldo ist also in der betrachteten Zeitspanne keinerlei privates Kapital mehr in die Krisenländer

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