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Die Tarnkappe

Die Tarnkappe

Titel: Die Tarnkappe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Orths
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und stürzte zu Boden. Ein Schnaufen hinter ihm, als öffne sich etwas. Schlurfende Schritte. Und Simon sah Gregor Strack, der langsam auf ihn zukam. Gregor trug das graue Kopftuch, aber nicht mehr den Strohhut. »Du!?«, sagte Gregor, und Simon, der immer noch auf dem Boden saß, antwortete: »Ja, Gregor, ich bin es, ich, ich, ich.«

18
    G regor beugte sich zu Simon und legte ihm die Hände auf den Kopf, nein, er wühlte in Simons Haaren, schaute, tastete, Simon ließ es geschehen, und schließlich hockte sich Gregor neben ihn auf den Boden, er sog die Luft tief ein und blinzelte. »Sag, dass es nicht wahr ist«, flüsterte Gregor. »Du hast sie gefunden?«
    »Was?«
    »Die Kappe?«
    »Welche Kappe?«
    Aber Simons Frage war schon halb gestorben, ehe sie den Mund verlassen hatte, es war nur noch ein matter Versuch, Gregor etwas vorzumachen.
    »Ich seh es. Die Haare gehen dir aus, du hast schon Wunden.«
    Simon zuckte mit den Schultern.
    »Du musst es mir sagen.«
    »Warum?«, fragte Simon.
    »Es ist lebenswichtig.«
    »Für wen?«
    »Für dich, mein Lieber.«
    Simon schwieg.
    »Weißt du«, sagte Gregor, jetzt wieder wuselig, »ich war, da konnte ich nichts für, ich hab nicht gewollt, dass du sie findest, ich wollte sie nur bei dir verstecken, das ist kompliziert, verstehst du, gleichzeitig hab ich alles dafür getan, dass du sie nicht findest, der Koffer, die Tüte im Schrank, mein Gott«, schrie Gregor jetzt, »warum hast du im Schrank nachgesehen, wie kommst du darauf, im Schrank nachzusehen, im Schrank liegen alle möglichen Dinge, die keiner mehr braucht, und was tust du? Steigst auf den Stuhl und kramst im Schrank mit den alten Sachen, wie kommst du dazu?«
    »Was passiert mit mir?«, fragte Simon.
    Gregor lachte. »Das willst du nicht wissen.«
    »Doch«, sagte Simon. »Deshalb bin ich hier.«
    »Was ich dich jetzt frage«, Gregor betonte jedes Wort, »ist unendlich wichtig. Hör mir genau zu! Du hast die Kappe gefunden. Wann hast du sie gefunden?«
    »Kurz nachdem du bei mir warst.«
    »Und wann hast du sie zum ersten Mal aufgesetzt?«
    »Einen Tag später«, sagte Simon.
    »So lange schon. Hast du schon di e … die Aussetzer gehabt?«
    »Was für Aussetzer?«
    »Du tust Dinge und erinnerst dich nicht mehr daran?«
    »Ich weiß nicht.« Simon dachte nach. »Wie könnte ich das überhaupt wissen? Wenn ich mich nicht mehr dran erinnere.«
    »Hast du scho n – getötet?«, fragte Gregor.
    »Bitte?«
    »Hast du schon daran gedacht , jemanden zu töten?«
    Simon schwieg. Sein Knie schmerzte vom Sturz vorhin.
    »Also ja?«, fragte Gregor.
    Waltraud Kubelik, Gift, Wasserglas, Wasserflasche, sein Sturm in die Wohnung, die Vernichtung des Gifts.
    »Meine Nachbarin«, sagte Simon.
    »Weshalb?«
    »Wär ich mal tot und begraben. Das hat sie gesagt. Wär ich mal tot und begraben. Ich hab gedacht, ich kann ihr helfen. Ich kann ihr den Wunsch erfüllen. Aber ich hab’s nicht getan. Ich hab’s rückgängig gemacht, ich hab das Gift wieder aus der Flasche geschüttet, ich hab’s ins Waschbecken gekippt.«
    »Bist du sicher?«
    »Wie meinst du das?«, fragte Simon.
    »Manchmal glaubt man nur, Dinge getan zu haben.«
    »Ich werd doch wissen, was ich getan hab.«
    »Wie fühlst du dich jetzt?«
    »Schlapp irgendwie.«
    »Wie lange hast du die Kappe nicht mehr aufgehabt?«
    »Weiß nicht. Sechzehn, achtzehn Stunden.«
    Gregor blickte Simon lange an und schwieg.
    »Jetzt sag mir endlic h …«, rief Simon.
    »Hab Geduld«, sagte Gregor. »Geduld.«
    »Ich hatte lange genug Geduld. Ich will wissen, was los ist. Wo bist du überhaupt hergekommen?«
    »Aus meinem Labor.«
    »Was für ein Labor? Ich dachte, das hier ist dein Labor!«
    »Das hier? Was denn? Dieser Raum?«
    »Das hat Sandra gesagt.«
    »Du hast mit ihr gesprochen?«
    »Ja, heute Abend.«
    »Hat sie nichts erzählt? Von Carsten?«
    »Von Carsten? Was soll sie mir über Carsten erzählen? Ich habe ihr von Carsten erzählt. Jetzt hör endlich auf damit, ich will eine Antwort: Wo ist dein verdammtes Labor, und was ist da drin?«
    »Hinter der Wand. Da, wo ich hergekommen bin, vorhin. Verborgene Tür. Kann nur ich öffnen. Sonst niemand.«
    »Und was ist mit der Kappe? Was geschieht mit mir?«
    »Kommt drauf an.«
    »Worauf?«
    »Ob du die Kappe weiter aufsetzt oder nicht.«
    »Wie lange hast du sie getragen, Gregor?«
    »Fünf Wochen.«
    »Und dann?«
    »Hab ich sie dir gebracht. Und mich hier eingeschlossen. Du musst dich entscheiden, Simon. Früher oder später.

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