Die Tarotspielerin: Erster Band der Tarot-Trilogie (German Edition)
wissen.
Aleanders Gesicht rötete sich vor Zorn. Drohend trat er auf den Padre zu: »Wie kannst du es wagen, so mit einem Chefankläger der Inquisition zu sprechen?«
»Wie kann ein Chefankläger der Inquisition es wagen, an der ewigen Weisheit Roms, seiner Kardinäle und des Papstes zu zweifeln?«
»Der Papst ist zurzeit ein Gefangener, der nichts vermag, nichts«, schrie Aleander außer sich vor Wut.
»Hast du auch das notiert?«, fragte Fadrique gelassen in Richtung des Sekretärs. Tavera wagte ein Lächeln.
Aleander schüttelte erbost den Kopf und zog sich zurück. »Ich werde dieses Gespräch nicht fortsetzen. Dieser Mann ist ein überführter Ketzer ...«
»Er hat gerade einige unserer größten Kirchenlehrer zitiert«, wandte Tavera genüsslich ein. »Es ist erhebend, einem so großen Gelehrten zu lauschen.«
»Willst du ihn mit Lorbeeren kränzen?«, schäumte Aleander, »willst du ihn gar freisprechen? Er hat gestanden, ein Ketzer zu sein!«
»Und ein Mörder«, ergänzte Fadrique gelassen.
»Was soll das heißen?«
»Es heißt, dass Lunetta unschuldig ist und ihre Hinrichtung ein Verbrechen wäre. Lass den Quemadero abtragen!«
Aleander raffte seine Kutte. »Ich werde nichts dergleichen tun«, zischte er. »Nichts!«
»Der päpstliche Legat wird darüber Bericht in Rom erstatten«, drohte Tavera, »das wäre dein Ende!«
Aleander hob die Brauen, ein Lächeln schlängelte sich um seine Lippen. Fadrique sah es mit Sorge. »Der Legat ist abgereist.«
Hinkend ging Aleander auf die Tür zu.
Tavera fuhr hinter seinem Schreibtisch hoch. »Das ist unmöglich!«
»Er ist auf dem Weg nach Rom. Ausgestattet mit einer fürstlichen Reisekasse und einer stattlichen Summe für den Papst. Sie wird zum Lösegeld für den Heiligen Vater beitragen, der in seiner Burg in Orvieto noch immer auf Hilfe wartet. Hilfe, die der Kaiser ihm verwehrt hat!«
Tavera kam hinter seinem Schreibtisch vor und stürzte sich auf Aleander. Er packte den hochgewachsenen Mann bei seiner Kutte und schüttelte ihn. Die Kraft des dünnen Bischofs war beachtlich. »Du Teufel hast den Legaten bestochen?«
»Was unterstellst du mir? Bestechung! Nichts als die Sorge um das Haupt unserer Kirche bewegte mich, das Geld zu spenden. Es entstammt meiner privaten Schatulle. Für unseren Heiligen Vater ist mir kein Opfer zu groß.«
Tavera stieß den Mönch so heftig von sich, dass Aleander taumelte und nach dem Schreibpult des Sekretärs griff. Das Pult ging polternd zu Boden. Der Sekretär versuchte die Streitenden zu beruhigen. Vor der Tür des Schreibzimmers entstand ein Gerangel. Keuchend fragte der Bischof: »Woher hat ein armseliger Mönch wie du so viel Geld?«
Aleander, der sich vom Boden aufrappelte, bemühte sich um ein würdevolles Gesicht: »Der Schwiegervater meines Bruders, ein Kölner Waffenhändler, ist ein reicher Mann und ein frommer dazu. Aber das ist nicht wichtig, Euer erzbischöfliche Gnaden. Was zählt, ist allein das Ergebnis, nicht wahr? Und nun werde ich die Soldaten rufen, um Padre Fadrique dahin zu bringen, wo er hingehört! Ins Gefängnis des Heiligen Officiums!«
Tavera war besiegt, gab sich jedoch nicht geschlagen. »Fadrique wird seine letzte Nacht nicht in einer stinkenden Zelle deines Folterkellers verbringen! Er ist mein Gast.«
»Bischof!«, rief der Sekretär aufgeregt dazwischen.
»Was ist?«
Der Mann zeigte auf ein Fenster in ihrem Rücken.
Aleander und Tavera drehten sich um. Sie sahen nichts. Niemanden. Auch nicht Padre Fadrique.
»Zum Teufel«, fluchte Aleander. Der Sekretär bekreuzigte sich, während sie zum Fenster liefen. Mit zusammengekniffenen Augen starrten sie in die Dunkelheit hinunter, die nur von den Fackeln beim Eingang erhellt war. Wieder nichts.
»Der Mann kann tatsächlich fliegen«, stammelte der Sekretär.
»Das kann er nicht«, schrie Aleander wütend.
»Dann ist ein weiteres Wunder geschehen«, plapperte der Sekretär.
»Unsinn!«, brüllte Aleander.
»Ich denke, er kann lediglich gut reiten«, brachte der Bischof beide zum Schweigen. In der Ferne verklang das Geräusch von Hufen auf Stein. Still faltete Tavera seine Hände zum Gebet und schloss mit einem lauten »Amen«.
»Du hast ihm zur Flucht verholfen«, rief Aleander.
Tavera schüttelte den Kopf. »Nein, es müssen Freunde von ihm gewesen sein. Ich erkannte wenigstens zwei Pferde.«
»Padre Fadrique hat keine Freunde mehr in Santiago, dafür habe ich gesorgt!«
»Dann vielleicht ehemalige Schüler? Er war sehr
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