Die Tarotspielerin: Erster Band der Tarot-Trilogie (German Edition)
auf dem Einfluss der Löwensteins beim Kaiser!«
Zimenes’ Miene erkaltete. »Und auf Adrians Vermögen, wie ich annehme.«
»Er hat keins, wie du weißt.«
»Du irrst dich. Seine Fahrt in die Neue Welt war mehr als lohnend – bis auf die Tatsache, dass sie ihn wahrscheinlich das Leben kostete. Was wiederum beweist, dass es für jeden Menschen Wichtigeres als Geld gibt.«
Sidonias Augen wurden rund vor Staunen: »Ihr meint, der Ritter ist reich? «
Zimenes seufzte übertrieben. »Du scheinst meine Beweisführung nicht zu teilen. Ich korrigiere mich: Für dich ist Geld das Wichtigste auf der Welt.«
»Lass deine dummen Scherze. Wo ist dieses Vermögen, wenn sein Schiff gesunken ist? Du weißt nicht, was für mich und meine Familie davon abhängt.«
In ihren grünen Katzenaugen lag ein Flehen, das man beinahe für echt halten konnte. Doch ihre Geschichte über ihren verhafteten Bruder war nicht ihr einziger Beweggrund, das sah Zimenes genau. Zögernd sagte er schließlich: »Die Wellen spülten neben mir auch einen Teil der Ladung an Land. Löwensteins Gold ist an einem sicheren Ort!«
Sidonias Katzenaugen begannen zu seiner Verblüffung zu funkeln. »Es ist also an einem Ort, den du kennst? Du hast den Ritter bestohlen!«
Zimenes’ Miene veränderte sich schlagartig. Vom Lächeln bis zum Dolch gab es bei ihm nur die Breite eines Messerrückens. »Mich interessiert dieses Vermögen nicht, es klebt zu viel Blut daran. Der heilige Franziskus sagte zu Recht: Jeder Reiche ist ein Dieb oder Erbe eines Diebes.«
»Oh, tu nicht so fromm. Du bist gewiss kein Heiliger!«
»Nein. Ich möchte nicht als Märtyrer verbrannt werden. Übrigens fehlte in Franziskus’ Fall nicht viel dazu. Der damalige Papst hat lange überlegt, ihn als Ketzer hinrichten zu lassen. Der Unterschied zwischen einem Heiligen und einem Gottlosen ist oft haarfein.«
Sidonia schnappte nach Luft. Was wagte dieser Mann! In solcher Offenheit diskutierte man keine Fragen der Religion. Das kam einem Selbstmord gleich, so wie das Gerede ihres Bruders ihn ins Verderben gestürzt hatte. Und doch war dieser Spanier anders als Lambert. Nicht hitzköpfig und verführbar, kein Schwärmer, sondern, so gestand sich Sidonia widerwillig, ein Mann, dessen Geist scharf und leicht war. Ärgerlich schob sie ein Gefühl der Faszination beiseite.
»Ein Dieb bleibt ein Dieb!«
Zimenes lächelte wieder. »Sag das deinem Ritter, wenn du ihn triffst! Er ist alles in allem ein edler Mann, aber die Indios gaben ihm und seinesgleichen ihr Gold nicht freiwillig. Äonenlang haben sie von den Früchten ihres Landes gelebt, jetzt müssen sie in Bergwerken graben und ihre Feinde lieben, sonst werden sie von Bluthunden und Soldaten gehetzt und zerfetzt! Weißt du übrigens, wie die Indios ihr Gold nennen? Exkremente der Sonne oder kurz Götterdreck. Eine weise Bezeichnung, wie ich meine.«
Sidonia hob trotzig das Kinn: »Diese Menschen sind gottlose Heiden.«
Zimenes lachte bitter auf: »Dieser Satz passt zu dir wie kein zweiter! Leider dürfte Löwensteins Gold ein weiterer Grund sein, warum er dich nicht zu heiraten braucht, falls er noch lebt.«
Du Narr, das hat er bereits. Sidonia senkte die Augenlider. Bestürzt stellte sie fest, dass ihr das Blut ins Gesicht stieg.
»Weine nicht, mein Kind, wenn es dir nur um Geld geht, so wirst du einen Weg finden, welches zu bekommen. Den Gierigen steht die Welt offen, und ein kaltes Herz ist die beste Ausrüstung. Du solltest es allerdings in Frauengewändern versuchen, nicht jeder Mann schätzt die Schauspielkunst.«
Ein kaltes Herz! Wenn dieser Mann nur wüsste ... Aber nein, sollte Zimenes doch von ihr glauben, was er wollte! Sie hatte andere Sorgen. Aleander schien nichts von dem Gold seines Bruders zu wissen, sonst hätte er sich nicht die Mühe gemacht, sie ins Unglück zu stürzen und ihren Vater zu erpressen.
Er hätte einfach seinen Bruder getötet, um reich zu werden. Sie musste Adrian finden, bevor Aleander es tat. Auf einen Mord mehr oder weniger kam es dem Dominikaner sicher nicht an. Erst recht nicht, wenn noch mehr Geld dabei heraussprang.
Zimenes betrachtete Sidonia nachdenklich. »Und, ist er schuldig?«
»Wer?«
»Dein Bruder natürlich. Ist er ein Ketzer?«
Sidonia trat gegen einen faulenden Apfel, sodass er ins Meer kollerte. »Es spielt keine Rolle, ob er ein Ketzer ist. Ich liebe ihn, auch wenn du mir so ein Gefühl nicht zutraust! Er ist mein Bruder.«
Zimenes sog scharf die Luft ein. »Deine
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