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Die Tatarin

Titel: Die Tatarin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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ihm aus dem Sattel. »Ich bin froh, dass du diesen schwedischen Ungeheuern entkommen bist, Söhnchen. Haben sie dich schlecht behandelt?«
    »Ganz und gar nicht. Sie waren sehr höflich zu mir, nannten mich die ganze Zeit Hoheit und Prinz und gaben mir gutes Essen. Ich glaube aber, es war Schweinefleisch dabei.« Schirins Stimme klang ein wenig unglücklich, denn sie hatte vor lauter Anspannung kritiklos gegessen, was man ihr vorgesetzt hatte, und haderte nun mit sich selbst, weil sie langsam vergaß, was sie Allah schuldig war. »Na ja, zum Glück haben sie mir keinen Wodka angeboten oder das andere Zeug, das sie Wasser des Lebens nennen.«
    »Aquavit!« Wanja seufzte, denn außer Wodka schien ihm dieses schwedische Getränk, das er einmal hatte kosten dürfen, der beste Schnaps zu sein, den es gab. Da konnte dieses braune Zeug aus Frankreich, dieser Cognac, nicht mithalten.

X.
    Am nächsten Tag brach Sergej mit seinem Trupp auf, um den Schweden zu folgen und festzustellen, ob sie wirklich abzogen oder doch wieder auf Sankt Petersburg zumarschierten. Zu seiner Erleichterung näherte sich Lybeckers Armee der Stadt nicht weiter als vierzig Werst. Die Schweden überquerten die kleinen Flüsschen Tosna und Suida, die der Newa zuflossen, und schwenkten dann nach Westen um, so dass Sankt Petersburg zunächst seitlich und schließlich ganz hinter ihnen zurückblieb.
    Während des Ritts fragte Sergej sich, wie die schwedischen Offiziere Bahadurs plötzliches Verschwinden aufgefasst haben mochten. Die Befürchtung, Lybecker könne es als geplante Flucht ansehen und begreifen, dass er an der Nase herumgeführt worden war, bewahrheitete sich zum Glück jedoch nicht. Wohl schickte der General ein paar Dragoner aus, doch als diese Sergejs Steppenreiter von weitem sahen, machten sie kehrt und ritten davon, als wäre der Teufel selbst hinter ihnen her. Danach gab es keine Anzeichen mehr, dass die Schweden noch einen einzigen Gedanken an Wladimir Safronowitsch Buturlin verschwendeten, und so endete die Existenz dieses Phantasiefürsten ebenso plötzlich, wie sie begonnen hatte. Nur Wanja zog Bahadur ein paar Tag lang auf, indem er ihn »Euer Hoheit« oder »Eure Fürstliche Hoheit« nannte, kehrte aber bald wieder zu dem gewohnten »Söhnchen« zurück.
    Nach einer knappen Woche preschte ein Kalmücke, der als Späher ausgeschickt worden war, in vollem Galopp auf die Gruppe zu und hielt seinen Gaul vor Kang an. Worte in seiner Heimatsprache sprudelten hastig von seinen Lippen, die sein Häuptling in halbwegs verständliches Russisch übersetzte.
    »Reiter rechts vor uns! Werden bald Weg von uns kreuzen.«
    Da sich links von ihnen die Hauptmacht der Schweden befand, war dies keine gute Nachricht. Sergej überlegte bereits, ob sie nicht besser kehrtmachen sollten, als Kang weitersprach.
    »An Zahl unterlegen und tragen grüne Röcke.«
    »Dann müssen es die Unseren sein!«, platzte Wanja heraus.
    Sergej nickte kurz und wandte sich dann an Bahadur. »Reite hin und sieh nach, um wen es sich handelt.«
    Schirin tippte kurz mit zwei Fingern der Rechten an ihren Dreispitz und zog Goldfell herum; Kitzaq gesellte sich ohne Befehl zu ihr. Sergej nahm es verärgert zur Kenntnis und fragte sich nicht zum ersten Mal, wie das Gemüt eines Tataren beschaffen sein mochte. Er hatte von Bahadur eine gewisse Dankbarkeit für die Rettung aus dem schwedischen Lager erwartet, doch der Junge hatte sie wie selbstverständlich hingenommen und hing jetzt wieder mit seinem Stammesgenossen zusammen.
    »Ich werde ein ernstes Wort mit unserem Fähnrich reden müssen. Es ist seiner Karriere gewiss nicht förderlich, wenn er andauernd die Gesellschaft dieses Wilden sucht«, murmelte er leise vor sich hin.
    Wanja hatte es jedoch gehört und bedachte seinen Hauptmann mit einem zweifelnden Blick. »Ich würde es unserem Söhnchen sehr übel nehmen, wenn er aus Stolz über seinen Rang einen alten Freund links liegen lässt. Kitzaq ist, wenn ich es richtig verstanden habe, ein Onkel von ihm, denn dessen Schwester ist die Lieblingsfrau das Khans.«
    Sergej lachte auf. »Aber sie ist nicht Bahadurs Mutter!«
    Wanja kniff die Augen zusammen und fasste sich an den Kopf. »Das ist mir neu! Als ich den Jungen aus dem Tatarenlager geholt habe, hat man mir gesagt, er wäre ihr Sohn.«
    »Das war eine Lüge. Nach allem, was Kitzaq mir erzählt hat, ist Bahadur der Balg irgendeiner Nebenfrau, der sich für den Sohn der Khanum opfern musste.« Die Stimme seines Hauptmanns

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