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Die Tatarin

Titel: Die Tatarin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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mit einer pelzigen Zunge, die wie ein in Salzlake getauchter Lappen an ihrem Gaumen klebte.
    Sergej erlaubte seinen Männern tatsächlich erst kurz vor Sonnenuntergang zu lagern, obwohl nicht nur die Dragoner in den letzten beiden Stunden protestiert hatten, denn hier im nordischen Sommer wurde es erst eine gute Stunde vor Mitternacht dunkel. Die Nacht verlief ereignislos, war aber viel zu kurz, um die Männer ausreichenden Schlaf finden zu lassen, und nicht lange nach Sonnenaufgang scheuchte Sergej die Leute wieder in die Sättel. Da er nun nüchtern zu sein schien, überließ ihm Schirin den Platz an der Spitze und reihte sich aufatmend hinter ihm ein. Zu ihrer Enttäuschung erhielt sie kein Lob für die Mühen des Vortags, sondern wurde nur angeschnauzt, weil sie angeblich nicht schnell genug aufgesessen war. Wütend zügelte sie ihren Hengst und gesellte sich weiter hinten zu den Unteroffizieren.
    Sergej war klar, dass er Bahadur ungerecht behandelte, und bedauerte seine harschen Worte, doch es war, als hätte ein Dämon von ihm Besitz ergriffen. Seit er von der Schlacht von Holovczyn gehört hatte, zitterte er innerlich vor Gier, den Schweden im Gefecht gegenüberzustehen und ihnen zu beweisen, dass er nicht mehr das vorAngst schlotternde Jüngelchen war, das an der Narwa vor ihnen davongelaufen war. Daher gönnte er seinen Männern nur so viele Pausen, dass die Pferde nicht überanstrengt wurden, und führte die Truppe in ungewöhnlich rascher Geschwindigkeit über Nowgorod, Holm und Toropec bis Smolensk, in dessen Nähe sie auf die ersten Vorposten des russischen Hauptheers trafen.
    Zu seinem Ärger stieß ihr Erscheinen nicht auf Begeisterung. Die beiden Offiziere des Infanterieregiments von Fichtenheim, bei denen Sergej sich in dem kleinen Ort Pomogajlowo meldete, winkten beim Anblick seiner Steppenreiter verächtlich ab. »Solches Gesindel haben wir bereits mehr als genug, Kamerad. Die hättest du nicht auch noch bringen müssen«, meinte einer der Männer kopfschüttelnd.
    Sergej schäumte innerlich vor Wut. »Ich bekam die Order, mit meinen Männern zu den Truppen des Zaren zu stoßen, von Fürst Apraxin persönlich!« Er hielt dem deutschen Major, den Oberst Fichtenheim mit nach Russland gebracht hatte, den von Apraxin gesiegelten Marschbefehl unter die Nase.
    Der bullige Offizier starrte einen Moment ablehnend auf die kyrillischen Buchstaben und reichte Sergej das Schreiben zurück. »Dieses Geschmiere ist ja nicht zu lesen!« Es lag so viel Überheblichkeit in der Stimme des Deutschen, dass Sergej es in den Fingern juckte, dem Mann eine derbe Ohrfeige zu verpassen. Zum Glück war der andere Deutsche brauchbarer als sein Vorgesetzter.
    »Das Regiment Simbirski liegt keine Meile von hier entfernt. Einer seiner Offiziere wird die Order des Hauptmanns wohl lesen können.«
    Dem Major war der Ärger, einen Russen um einen Gefallen bitten zu müssen, deutlich anzumerken. Da er sich jedoch freiwillig und wegen des guten Solds in die Dienste des Zaren gestellt hatte, blieb ihm nichts anderes übrig, als einen Kurier loszuschicken, um einen der russischen Offiziere holen zu lassen. Während Sergej und die Deutschen auf die Ankunft des Mannes warteten, ließ Schirin die Truppe absitzen und schickte einige Männer los, um Nahrungsmittelzu besorgen. Die russischen Rekruten im Regiment des deutschen Obristen schienen die Abneigung ihrer Vorgesetzten gegen die Steppenreiter zu teilen, denn sie scheuchten Kangs Kalmücken und die sie begleitenden Dragoner von ihren Proviantwagen weg. Raskin sah einen Augenblick zu und trieb dann sein Pferd an, bis es den blassgesichtigen Leutnant, der den Proviant bewachte, mit seinem Bug gegen einen der Wagen drückte.
    »Ich bin Stepan Raskin, Sohn des Bojaren Kyrill Borisowitsch Raskin, und Leutnant im Regiment der Ingermanlandski-Dragoner. Wir haben in den letzten zwanzig Tagen mehr als tausend Werst zurückgelegt, um euch zu zeigen, wie man mit den Schweden umgehen muss, und ich lasse mir nicht von einem deutschen Wicht sagen, dass meine Leute und ich hungern sollen, während hier genügend Vorräte herumstehen.«
    »Ich bin kein Deutscher, sondern ein rechtgläubiger Russe!«, fuhr der andere auf.
    »Noch schlimmer!«, höhnte Raskin. »Von einem Deutschen erwarte ich nichts, denn die gehen ja nicht einmal ohne Befehl scheißen. Aber ein Russe, der einen Kameraden hungern lassen will, ist für mich ein Schwein!«
    Der Wachhabende lief rot an und machte Miene, seine Leute zur

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