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Die tausend Herbste des Jacob de Zoet

Die tausend Herbste des Jacob de Zoet

Titel: Die tausend Herbste des Jacob de Zoet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Mitchell
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das Schicksal in Gestalt von Vorstenbosch dem Niederländer mir verkauft hat.» Enomoto hält Uzaemon eine fremdländische Pistole vors Gesicht. «Der Griff ist mit Perlmuttintarsien versehen, und die Arbeit zeugt von so erstklassigem handwerklichem Können, dass sie die Behauptung der Konfuzianer widerlegt, die Europäer hätten keine Seele. Seit ich durch Shuzai von Ihrem heldenhaften Vorhaben erfuhr, wartet sie auf Sie. Sehen Sie - sehen Sie zu, Ogawa, das betrifft Sie! Man spannt den ‹Schlaghammer› bis zur ‹Sicherheitsrast›, und so lädt man: Man füllt das Schwarzpulver in den Lauf, legt die Bleikugel mit einem ‹Schusspflaster› auf die Mündung und schiebt sie mit dem ‹Ladestock› bis auf das Pulver ...»
    Jetzt , Uzaemons Herz schlägt an seinen Brustkorb wie eine blutige Faust, jetzt, jetzt ...
    «... dann gibt man ein wenig Zündkraut auf die Pfanne, schließt den Deckel, und schon ist unsere kleine Kanone schussbereit. Fertig, in einer halben holländischen Minute. Gewiss, ein meisterlicher Bogenschütze kann innerhalb eines Wimpernschlages den zweiten Pfeil abschießen, aber Handfeuerwaffen sind rascher zu erzeugen als meisterliche Bogenschützen. Jeder Sohn eines Scheißeträgers könnte mit diesem Ding umgehen und einen Samurai von seinem Pferd holen. Der Tag kommt - Sie werden ihn nicht mehr erleben, aber ich -, an dem Feuerwaffen sogar unsere abgeschlossene Welt verändern werden. Wenn man den Abzug drückt, schlägt der Hammer mit dem Feuerstein auf diese Metallklappe. Die Pfanne öffnet sich, der Funke setzt das Zündkraut in Brand, die Flamme dringt durch das Zündloch in den Lauf, entzündet das Schwarzpulver, und das Geschoss bohrt sich durch Ihr ...»
    Enomoto drückt die Mündung auf Uzaemons pochendes Herz.
    Warmer Urin läuft an Uzaemons Beinen hinunter, aber seine Angst ist zu groß, um sich zu schämen.
    Jetzt, jetzt, jetzt, jetzt, jetzt, jetzt, jetzt ...
    «... oder vielleicht ...» Die Pistolenmündung küsst Uzaemons Schläfe.
    Jetzt jetzt jetzt jetzt jetzt jetzt jetzt
    «Viehische Angst», ein Murmeln dringt an Uzaemons Ohr, «zersetzt Ihren Verstand, darum schenke ich Ihnen einen letzten Gedanken. Eine Todesmusik, sozusagen. Die Novizen des Shiranui-Ordens werden in die Zwölf Gebote eingeweiht, aber das dreizehnte lernen sie erst kennen, wenn sie Meister werden - einem von ihnen sind Sie heute Morgen begegnet, nämlich dem Wirt der Harubayashi-Herberge. Das Dreizehnte Gebot widmet sich einem letzten unschönen Punkt. Stiegen unsere Schwestern - und unsere Hausmütter - in die Untere Welt hinab und entdeckten, dass keine ihrer Gaben, keines ihrer Kinder lebt, könnte sie das veranlassen, Fragen zu stellen. Um solche Unannehmlichkeiten zu vermeiden, verabreicht Suzaku ihnen während des Abschiedsrituals eine sanfte Droge. Durch diese Droge sterben sie, lange bevor ihre Sänfte am Grund der Mekura-Klamm ankommt, einen traumlosen Tod. Sie werden in dem Bambushain beerdigt, in den Sie heute Morgen hineingestolpert sind. Und hier kommt Ihr letzter Gedanke: Durch ihren kindischen und dilettantischen Versuch, Aibagawa Orito zu retten, haben Sie sie nicht nur zu zwanzig Jahren Knechtschaft verurteilt - Sie haben sie buchstäblich umgebracht.»
    Die Pistole ruht auf Ogawa Uzaemons Stirn ...
    Er verwendet seinen letzten Moment auf ein Gebet. Räche mich.
    Ein Klicken, ein Zischen, ein ersticktes Wimmern nichts nur
    Jetzt Jetzt Jetzt Jetzt jetzt jetzt jetzt jetzt jetztjetztjetzt -
    Ein Knall zerreißt den schmalen Lichtspalt, und die Sonne strömt herein.

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    TEIL III
    Der Go-Meister
    Der siebte Monat im dreizehnten Jahr der Kansei-Zeit

    August 1800

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    XXVII

    Dejima

    August 1800
     
    Im letzten Handelsjahr schnitzte Moses aus einem Knochen einen Löffel. Einen schönen Löffel in Form eines Fisches. Herr Grote sah den schönen Löffel und sagte zu Moses: «Sklaven essen mit den Fingern. Sklaven dürfen keine Löffel haben.» Dann nahm Herr Grote ihm den schönen Löffel weg. Später traf ich Herrn Grote mit einem japanischen Herrn. Herr Grote sagte zu ihm: «Diesen Löffel hat der berühmte Robinson Crusoe geschnitzt.» Später hörte Sjako, wie Herr Baert Herrn Oost erzählte, dass der japanische Herr für Robinson Crusoes Löffel fünf Lackschalen bezahlt hatte. D’Orsaiy riet Moses, den nächsten Löffel besser zu verstecken und ihn an die Kulis oder Zimmerleute zu verkaufen. Aber Moses sagte: «Warum? Wenn Herr Grote oder Herr Gerritszoon das nächste Mal

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