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Die tausend Herbste des Jacob de Zoet

Die tausend Herbste des Jacob de Zoet

Titel: Die tausend Herbste des Jacob de Zoet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Mitchell
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Backgammon spielen.»
    «Ein schönes Spiel für feine Herren, Backgammon. Ich steuere die Würfel bei ...»
     
    Der Tee in der glatten hellen Schale ist kühl und von sattem Grün. «Ich werde nie begreifen», sagt Peter Fischer, «wie Sie dieses Spinatwasser hinunterbekommen.» Er streckt seine Beine, die nach zwanzig Minuten des Sitzens auf dem Fußboden eingeschlafen sind, und reibt sie kräftig. «Ich wünschte, diese Leute würden endlich richtige Stühle erfinden!» Jacob hat wenig Anlass, mit Fischer zu sprechen, der gekommen ist, um dem Statthalter die Erlaubnis abzunötigen, dass die Briten auf Dejima hinter niederländischer Fassade Handel treiben dürfen. Da Fischer sich weigert, dem Widerstand der Arbeiter und Beamten Gehör zu schenken, hat Jacob die Einwände noch nicht vorgebracht. Ouwehand hat ihm die Erlaubnis erteilt, in seinem Namen zu handeln, und Marinus hat die alten Griechen zitiert. Die Dolmetscher Yonekizu und Kobayashi beraten sich auf der anderen Seite des Vorraums. Sie sprechen im Flüsterton, aus Furcht, dass Jacob sie vielleicht versteht. Beamte und Aufseher betreten und verlassen im Wechsel den Saal der Sechzig Matten. Es riecht nach Bienenwachs, Papier, Sandelholz und - Jacob atmet ein - Angst ?
    «Die Demokratie», sagt Fischer laut, «ist für die Arbeiter ein origineller Zeitvertreib, de Zoet.»
    «Falls Sie damit andeuten wollen», Jacob stellt die Teeschale ab, «ich hätte etwas -»
    «Nein, nein, ich bewundere Ihre Gerissenheit: Der einfachste Weg, andere zu lenken, ist, ihnen einen freien Willen vorzugaukeln. Sie werden unsere gelben Freunde ...», Fischer begutachtet das Futter seines Hutes, «... wohl kaum mit Geschwätz über Präsidenten und so weiter verärgern, nicht wahr? Shiroyama ist darauf eingestellt, mit dem stellvertretenden Faktor zu verhandeln.»
    «Sie haben sich entschieden, Penhaligons Angebot zu befürworten?»
    «Man müsste schon ein Schurke und ein Dummkopf sein, um etwas anderes zu tun. Wir sind in belanglosen Fragen unterschiedlicher Meinung, de Zoet, so wie es unter Freunden nun mal vorkommt. Aber ich weiß, dass Sie weder ein Schurke noch ein Dummkopf sind.»
    «Die Angelegenheit», antwortet Jacob ausweichend, «scheint ganz in Ihrer Hand zu liegen.»
    «Ja.» Fischer nimmt Jacobs Fügsamkeit für bare Münze. «Selbstverständlich.»
    Die beiden Männer blicken über die Mauern und Dächer hinab zur Bucht.
    «Wenn die Engländer erst hier sind», sagt Fischer, «wird mein Einfluss wachsen ...»
    Man soll den Tag , denkt Jacob, nicht vor dem Abend loben.
    «... und dann werde ich mich an alte Freunde und an alte Feinde erinnern.»
    Kammerherr Tomine geht vorüber und bedenkt Jacob mit einem Blick.
    Er tritt links durch eine einfache, mit einer Chrysantheme geschmückte Tür.
    «Mit der Visage», bemerkt Fischer, «gehört er als Wasserspeier unters Kirchendach.»
    Ein brummiger Beamter erscheint und spricht mit Kobayashi und Yonekizu.
    «Verstehen Sie, was sie sagen, de Zoet?», fragt Fischer.
    Die Sprachebene ist förmlich, aber Jacob hört heraus, dass der Statthalter unpässlich ist. Stellvertreter Fischer soll sich mit den obersten Ratgebern im Saal der Sechzig Matten besprechen. Kurz darauf bestätigt Kobayashi die Nachricht. Fischer verkündet, dass dies akzeptabel sei, und sagt zu Jacob: «Asiatische Satrapen sind Marionetten, die nichts von politischer Wirklichkeit verstehen. Man spricht besser direkt mit den Strippenziehern.»
    Der brummige Beamte fährt fort, dass man angesichts des Aufruhrs, den das britische Kriegsschiff verursache, beschlossen habe, nur einer niederländischen Stimme Gehör zu schenken: Der Kontorleiter möge bitte in einem ruhigen Bereich des Amtsgebäudes warten.
    Fischers Freude ist umso größer. «Eine sehr verständliche Entscheidung. Kontorleiter de Zoet», er klopft dem Niederländer auf die Schulter, «darf derweil nach Herzenslust Spinatwasser trinken.»

[Menü]
    XXXVI

    Der Raum der Letzten Chrysantheme im Amtssitz des Statthalters

    Stunde des Ochsen am dritten Tag des neunten Monats
     
    «Guten Tag, Herr Statthalter.» De Zoet kniet nieder, verbeugt sich und begrüßt mit einem Nicken Dolmetscher Iwase, Kammerherr Tomine und die beiden Schreiber in der Ecke.
    «Guten Tag, Herr amtierender Faktor», antwortet der Statthalter. «Iwase wird unserem Gespräch beiwohnen.»
    «Ich werde seine Fähigkeiten benötigen. Geht es Ihrer Verletzung besser, Iwase-san?»
    «Es war nur ein Riss, kein Bruch», Iwase

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