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Die Teeprinzessin

Titel: Die Teeprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbj Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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vorbei gewesen. Mit dem dritten aber, einem jungen Schiffszimmerer, hatte ihr »die Sache«, wie sie es nannte, so gut gefallen, dass sie sie gleich mehrfach wiederholen wollte. Magdalene hatte immer gebetet, dass sie nicht schwanger werden würde, und das hatte geholfen, wie sie erklärte. Nun aber, als junge Braut, würde sie das Beten sein lassen, damit schnell eine große Kinderzahl zusammenkäme. »Wie es wohl sein wird mit meinem Bräutigam?«, kicherte Magdalene. »Du musst wissen, es kann ja so
sein oder so. Da kann man dann nichts machen. Ich wünschte, ich hätte es vorher mal mit ihm ausprobieren können!«
    Betty fiel in Magdalenes Kichern ein. »Du kannst ja einfach wieder zurückfahren, wenn es dir nicht gefällt.« Es war der 77. Tag ihrer Reise und sie nahmen bereits Kurs auf die Straße von Sunda zwischen Sumatra und Java. Betty lachte und lachte und auch Magdalene liefen bald die Tränen über die Wangen.
    Da pochte es plötzlich an der Tür. Oder hatte der Koch eine Proviantkiste besonders ruppig auf die Schiffsplanken geknallt?
    Es pochte erneut. »Aufmachen. Hier ist der Kapitän.«
    Betty hielt sich die Hand vor den Mund und räusperte sich leise, während Magdalene immer noch mit ihren Lachtränen kämpfte.
    »Ich schlafe!«, brummte Betty. »Mir ist unwohl.«
    Der Kapitän zögerte. »Es geht auch weniger um Sie, mein Herr, als um das junge Frauenzimmer, das offenbar seit Algoa Bay verschwunden ist und das wir suchen. Alle haben gedacht, dass sie in ihrer Koje liegt, aber dort ist sie nicht. Ich selbst vermute, dass sie über Bord gegangen ist. Ein unvorsichtiges Frauenzimmer. Aber nun ist sich Fräulein von Precht sicher, dass sie das Lachen einer jungen Frau aus Ihrer Kabine gehört hat. Sie glaubt, darin das junge Fräulein erkannt zu haben. Wenn das junge Fräulein wirklich bei Ihnen sein sollte, um sich in der Kabine zu amüsieren, so ist das sicherlich Ihre Angelegenheit, auch wenn ich das nicht gutheiße. Ich möchte aber erfahren, ob wir mit der vollständigen Zahl an Passagieren weiterhin Kurs auf die Straße von Sunda nehmen können oder ob vielleicht ein Unglücksfall vorliegt, wie auch immer der ausgesehen haben mag. Dann müssten wir den nächsten zivilisierten Hafen anlaufen und die Angelegenheit den Behörden melden.« Der Kapitän stand so nahe an der Tür, dass Betty glaubte,
seinen vom Kautabak schweren Atem riechen zu können. »Ich habe bereits einen Eintrag ins Logbuch gemacht, dass auch ein Gewaltverbrechen vorliegen könnte. Das würde bedeuten, dass wir über Kalkutta laufen müssen, ein Umweg von wenigstens drei Wochen. Bitte geben Sie mir bald Bescheid, ob die junge Dame bei Ihnen ist oder war. Wenn der Wind so weiterweht, haben wir morgen Abend Madagaskar voraus. Ich bin kein Droschkenfahrer, der ständig den Kurs ändern kann, wenn es den Passagieren beliebt!«
    »Ich verbitte mir solche Unterstellungen«, brummte Betty.
    »Ich rechne mit Ihrer Meldung zuverlässig bis spätestens in zwei Stunden«, brummte der Kapitän zurück. Dann zeigte das dumpfe Geräusch sich entfernender Schritte, dass der Kapitän den Niedergang wieder hinaufgeklettert war.
    Unterdessen hatte sogar Magdalene den Ernst der Lage erkannt. Alles Lachen war aus ihrem Gesicht verschwunden. Stattdessen presste sie ein blümchenbesticktes Taschentuch auf den Mund. »Jetzt werden alle denken, dass ich mich schon vor der Ehe mit einem Mann eingelassen habe!«
    »Hast du doch auch.«
    Magdalene schüttelte unglücklich den Kopf. »Aber das weiß keiner.«
    Betty rückte ein Stückchen von ihrer Reisegefährtin ab, um besser nachdenken zu können. Wenn Magdalene die Wahrheit sagte und dem Kapitän berichtete, dass es sich bei dem eigenbrötlerischen Passagier aus Kabine 1 nicht etwa um einen jungen Mann, sondern um eine junge Frau handelte, würde man vermutlich tatsächlich ein Gewaltverbrechen vermuten, denn immerhin hatte Betty zwei Kisten mit Silber bei sich. Aber würde man ihr wirklich zutrauen, Anton aus dem Weg geschafft zu haben? Andererseits war sie sich sicher, dass es im Nachhinein keinen der Remburgs interessieren würde, welche
Person die gute Teelieferung aus China geschickt hatte. Solange sowohl der Tee als auch Anton sich nach einer gewissen Zeit in Hamburg einfänden, würde sich niemand für die Details des Handels interessieren. Was aber wäre, wenn der Schwindel entdeckt würde? Würde man sie in einem Hafen den Behörden übergeben? Betty mochte sich gar nicht ausmalen, was dann

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