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Die Teerose

Die Teerose

Titel: Die Teerose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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gestohlen. Er will sie zurückhaben. Er will keine Schwierigkeiten, ich soll sie bloß finden und die Kohle zurückbringen.«
    »Und um wen handelt es sich bei deinem Geschäftspartner, Bowler?«
    »Das kann ich Ihnen nicht sagen. Er ist ein feiner Pinkel und will nicht, daß die Sache publik wird.«
    Roddy nickte. »Also gut«, sagte er und stand auf, »dann auf die harte Art. Wenn du genug von deinen Lügenmärchen hast, gib mir Bescheid.«
    »Ach, verdammt, O’Meara, was soll ich denn machen! Sie wollen die Wahrheit, ich sag sie Ihnen. Und dann glauben Sie mir nicht!«
    »Bowler, du wüßtest nicht, was Wahrheit ist, wenn sie dich niederdrücken und auf dir rumtrampeln würde. Ich kenne das Mädchen mein Leben lang. Hab es mit aufgezogen. Und daß sie fünfhundert Pfund gestohlen haben soll, ist genauso wahrscheinlich, wie du wegen guter Taten zum Ritter geschlagen wirst. Wir sehen uns.«
    An der Tür drehte er sich noch einmal um und sagte: »Wo immer sie auch ist, Bowler, ihr sollte lieber nichts passieren. Wenn doch, stehst du auf meiner Abschußliste.«
    »Na großartig! Ich weiß genausowenig, wo sie ist, wie Sie! Was wollen Sie mir denn sonst noch anhängen? Die Unruhen am Trafalgar Square? Den Hundertjährigen Krieg?«
    Vor dem Taj Mahal nahm Roddy seine Mütze ab und strich sich durchs Haar. Er war frustriert und besorgt. Die Sorgen ließen ihn nicht los. Über Fionas Aufenthaltsort wußte er jetzt nicht mehr als vor dem Gespräch mit Sheehan. Aber diesem Idioten würde erheimzahlen, daß er ihm Märchen erzählt und seine Zeit gestohlen hatte. Heute hatte er nach seinen Regeln gespielt, aber das nächste Mal, wenn er ihn besuchte, würde er sie bestimmen. Ihn fröstelte im kalten Wind, der vom Fluß heraufblies.
    Er hoffte, Fiona und Seamie hatten es warm, wo immer sie auch sein mochten. Er klappte den Kragen hoch, steckte die Hände in die Taschen und machte sich auf den Heimweg.

   30   
    F iona senkte den Kopf und weinte.Sie stand am Eingang des Friedhofs, wo ihre Mutter, ihr Vater, ihr Bruder und ihre Schwester lagen. Das Tor war verschlossen. Sie versuchte hineinzukommen, rüttelte an den Stäben, bis die Scharniere quietschten und ihre Finger wund waren, aber es nützte nichts. Sie wollte bei ihrer Familie sitzen, sie wollte ihnen von ihren Sorgen erzählen und wissen, daß sie ihr zuhörten, auch wenn sie nicht antworten konnten. Sie hob das Vorhängeschloß an und ließ es gegen die Tür knallen, immer und immer wieder, während sie die Tränen niederkämpfte.
    Eine Stimme rief ihren Namen, eine Stimme mit irischem Akzent. »Fiona, Mädchen …«
    Sie ließ das Schloß los, es krachte gegen das Tor. Ihr Vater stand auf der anderen Seite, nur ein paar Zentimeter von ihr entfernt. »Pa!« rief sie und wollte ihren Augen nicht trauen. »O Pa …« Sie streckte die Hände durch die Stäbe. Er faßte sie und drückte sie an die Wange.
    »Pa, wo bist du gewesen? Ich hab dich so vermißt.« Jetzt weinte sie. »Kommst du jetzt heim und bringst Ma und Charlie und das Baby mit …«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht, Schatz. Du weißt, daß ich das nicht kann.«
    »Aber warum nicht? Ich brauch dich, Pa.« Sie zog ihn an der Hand. »Bitte …«
    »Nimm das, Fiona«, sagte er, und sie spürte, daß er ihr etwas in die Hand legte. »Du mußt benutzen, was du kennst.«
    Sie sah hinab auf das, was er ihr gegeben hatte. Es war eine winzige Pflanze. Nicht größer als ein paar Zentimeter. Ein schlanker, fragiler Stengel mit ein paar glänzenden Blättern daran. Verwirrt sah sie zu ihm auf. »Was ist das?«
    »Was du kennst.«
    »Was ich kenne? Pa, das ergibt doch keinen Sinn … Ich hab noch nie eine solche Pflanze gesehen …«
    Er ließ ihre Hand los und trat einen Schritt zurück.
    »Wo gehst du hin? Pa, warte!« Mit der einen Hand drückte sie die kleine Pflanze an die Brust, mit der anderen griff sie nach ihrem Vater. »Nein, geh nicht. Bitte, geh nicht weg. Komm zurück …«
    »Pfleg sie gut, und sie wird wachsen, Mädchen. So groß, wie du’s dir nicht vorstellen kannst.« Mit einem bittersüßen Lächeln auf dem Gesicht winkte er ihr zu, dann ging er weg und verschwand im Dunkel des Friedhofs.
    »Nein!« schluchzte sie. »Komm zurück! Bitte, bitte, komm zurück!« Mit aller Kraft rüttelte sie an dem Tor, aber es gab nicht nach. Sie lehnte sich dagegen und überließ sich ihrem Schmerz.
    Während sie weinte, hörte sie den Klang von Pferdehufen. Als sie aufblickte, sah sie eine

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