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Die Templerverschwoerung

Die Templerverschwoerung

Titel: Die Templerverschwoerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Easterman
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gesehen hatte. Er war dafür nicht bestraft worden. In Jordanien gilt Ehrenmord nicht als Verbrechen. Das gibt den Männern das Recht zu töten.
    Wenn sie später an jene Nacht dachte, konnte sie sich an die Vergewaltigungen nicht mehr erinnern. Sie wusste nur noch, dass sie lange gedauert hatten, denn beide Männer waren zweimal über sie hergefallen. Was aber danach geschah, hatte sich in ihr Gedächtnis eingebrannt. Der Ältere nahm dem Jungen die Pistole aus der Hand, und Mariyam glaubte schon, er würde sie erschießen, da sie ihnen nicht mehr von Nutzen war. Stattdessen hielt er Damiachew die Waffe an die Schläfe und drückte ab. Das Innere des Zeltes färbte sich rot. Mariyam wusste nur noch, dass sie schreiend in die Wüste gerannt war. Das hatte ihr wahrscheinlich das Leben gerettet.
    Da’oud musste in sicherer Entfernung gewartet haben und tat so, als hätte er nicht gewusst, was sich bei dem Zelt abspielte. Er wollte danach seine Kunden »retten« und nach Amman zurückbringen, während die beiden Täter in die Wüste fliehen sollten. Stattdessen hörte er den Schuss, gefolgt von Mariyams verzweifelten Schreien, von denen er noch Jahrespäter träumen sollte. Eine kleine Vergewaltigung bedeutete kaum etwas in der Welt dieser Männer, aber ein Mord sprengte die Bande von Familie und Clan. Da’oud lief zu dem Zelt zurück, wo die beiden Kerle saßen, bespritzt von Damiachews Blut. Mariyam lief wie von Sinnen umher, stöhnte und versuchte sich das Blut ihres toten Ehemannes abzuwischen. Da’oud befahl seinen Neffen zu verschwinden und nach Aqaba zurückzugehen. Als sie samt Pistole fort waren, überzeugte er Mariyam, in den Jeep zu steigen.
    Eine Polizeipatrouille, die von der Polizeibehörde in Amman aus dem Ort Ma’an in Marsch gesetzt wurde, fand Damiachews Leiche am nächsten Morgen an dem Ort, den Da’oud angegeben hatte. Mariyam brachte Damiachew nach Addis zurück, um ihn dort zu begraben. An der Trauerfeier nahmen ihre Hochzeitsgäste teil. Alle waren schockiert. Mariyam war untröstlich. Weder die Priester in ihren prächtigen Gewändern noch die vielfarbigen Sonnenschirme, die sie in zitternden Händen hielten, die Heiligenbilder, die sie mitführten, die Trommeln, die sie schlugen, die Tänze, die sie tanzten, noch die Choräle, die sie sangen, konnten sie trösten oder Damiachews Blut von ihren Händen und ihrem Gesicht tilgen. Sie sangen von der Jungfrau Maria und dem Jesuskind, sie aber musste an einen Unhold denken, der sie mit den Stößen seines Geschlechts vernichtet hatte, und an ihren Ehemann so weniger Tage, wie er in seinem Blut lag. Sie wusste nicht, ob sie selbst tot oder lebendig war.
    Die Polizei ergriff die Mörder einige Wochen später, als sie ihre Waffe einsetzten, um ein Geschäft in ihrer Heimatgegend auszurauben. Die Laboruntersuchung ergab, dass man Damiachew mit derselben Pistole erschossen hatte. Der Ältere nahm die Tat auf sich, und der Jüngere kam mit einer Verwarnung davon. Der Ältere sagte aus, er sei an dem Tatortvorbeigekommen und habe gesehen, wie ein schwarzer Mann eine schwarze Frau vergewaltigte. Voller Zorn habe er den Mann erschossen. Danach sei der Fahrer des Wagens erschienen und er selbst sei nach Aqaba zurückgekehrt. Das Gericht akzeptierte, dass er in erregtem Zustand geschossen hatte. Nach islamischem Recht konnte ein Muslim dafür nicht bestraft werden, dass er einen Nichtmuslim getötet hatte. Er erhielt ein Jahr Gefängnis, saß acht Monate davon ab und kam fast genau ein Jahr nach Damiachews Ermordung frei. Am Tag zuvor hatte dessen Familie in der Dreifaltigkeitskirche von Addis seiner gedacht.
    Über Conor wusste Mariyam fast nichts, aber der Gedanke, er könnte sterben oder mit schweren geistigen Schäden aufwachen, bereitete ihr solche Angst, wie sie sie kaum je im Leben empfunden hatte. Sie hatten sich noch nicht geliebt, aber sie zweifelte nicht mehr an ihren Gefühlen für ihn und hoffte inständig, dass er auch für sie so empfinden möge.
    Asrey brachte nun ein selbstgefertigtes silbernes Amulett zum Einsatz. Es enthielt ein zusammengefaltetes Papier, auf das er die geheimen Namen von Jesus geschrieben hatte. Er legte es Conor um den Hals. Sollte er sterben, dann würde man ihn in ein Leichentuch hüllen, das dieselben Namen trug.
    Später an diesem Tag sprach Conor die ersten Worte.
    »Sind wir noch in der Wüste?«, fragte er. Sie stürzte zu ihm hin, nahm seine Hand und sagte: »Nein.«
    »Gut«, gab er zurück und blickte sie mit

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